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In den Schlund des Drachen

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Hualien war so toll, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann, was ich dort am ersten vollen Tag gemacht habe. Ne, Hualien war wirklich toll, ist aber auch schon etwas her. Ich muss wieder regelmäßiger schreiben.

Woran ich mich allerdings noch sehr gut erinnern kann, ist der zweite Tag. Da war ich nämlich in der Tarokoschlucht. Sie war der Grund, warum ich überhaupt nach Hualien wollte. Denn die Schlucht wird als eines der Highlights von Taiwan bezeichnet.

Die Hostelmitarbeiterin meinte zu mir, ich solle mir doch einen Roller mieten und damit zur Schlucht fahren. Aber ich bin ja nicht wahnsinnig. Hier ist Kraut und Rüben auf den Straßen und ich bin das letzte und einzige Mal vor 15 Jahren mit einem Roller gefahren. Stattdessen setzte ich mich in den Bus, der an verschiedenen Stationen im Nationalpark hält.

Schon während der Fahrt war ich völlig hin und weg. Die Schlucht ist absolut beeindruckend: ganz hohe Marmorwände, saftiges Grün, ein brodelnder Fluss. Ich hatte davon auch ganz tolles Videomaterial gedreht, weil man auf Fotos die Dimensionen so schlecht erkennt. Aber mein Schnittprogramm spinnt. Deshalb jetzt leider, leider nur ein einzelner, roher Clip, damit ihr mal ein Gefühl bekommt. 

Diesen Ausblick hatte ich bei meinem ersten Stop, dem „Tunnel der neun Wendungen“. Es ist ein recht kurzer, einfacher Wanderweg, der oft unter überhängenden Steinwänden entlangführt. Mit Wasserfall und allem Drum und Dran. 

Im Anschluss nahm ich noch einmal den Bus und fuhr weiter nach Tianxiang. Das ist eine kleine Siedlung in der Schlucht, in der sich einige Restaurants angesiedelt haben. Außerdem gibt es dort auf einer Anhöhe einen kleinen Tempel. 

Ich war weder an den Restaurants noch am Tempel (zu viel Kletterei) interessiert und machte mich auf zum nächsten Wanderweg, dessen Namen mir entfallen ist. Aber das sind ja eh alles böhmische Dörfer. Um den Weg zu erreichen musste ich leider eine Zeit an der Straße entlanglaufen und fürchtete etwas um mein Leben, im Gegensatz zu den taiwanesisch/chinesischen Besuchern, die nicht selten voll Wonne mitten auf der Straße (wir sprechen von einer taiwanesischen Autobahn) liefen. Hier noch ein paar Impressionen von der Natur rund um Tianxiang.

Der zweite Wanderweg zwackte ganz plötzlich von der Autobahn ab und beginn mit einem mehrere hundert Meter langen Tunnel, in dem absolute Dunkelheit herrschte. Das war ein wenig gruselig, weil es überall tropfte und über mir Scharen von Fledermäusen hingen, wie ich einmal sah, als andere Touristen sie mit ihrer Taschenlampe anleuchteten. 

Am Ausgang des Tunnels warnten Schilder vor giftigen Schlangen, Wespen und herunterfallenden Steinen und mahnten an, dass man den Pfad besser nur mit einem Helm betritt. Ich hatte keinen Helm. Niemand hatte einen Helm. 

Der Weg war noch fantastischer als der erste. Leider war für meinen Geschmack etwas zu viel Betrieb, aber die Natur entschädigte dafür.

Am Ende des Weges gab es noch ein ganz besonderes Highlight: eine Höhle/ein Höhlentunnel mit Wasserfall. Vor dem Eingang lagen Regencapes bereit. Sie waren schon mehrfach getragen und dadurch nicht nur von außen, sondern auch von innen einigermaßen nass. 

Ich quälte mich trotzdem in ein Cape, da ich schon von der Hostelmitarbeiterin gehört hatte, dass die Höhle ein sehr nasse Angelegenheit ist. Das war nicht gelogen. Es war allerdings nicht bloß nass, es war auch fast stockdunkel und es gab nur einen ganz schmalen Weg, auf dem sich Menschen in beiden Richtungen aneinander vorbeiquetschen mussten. Der Rest des Höhlenbodens wurde von einem Fluss eingenommen. Es war viel zu dunkel für anständige Fotos, deshalb hier nur ein Nachher-Bild.

Im Anschluss lief ich den Weg retour, erwischte den 15-Uhr-Bus und landete eine Stunde später im Hostel, wo ich Noa und Alon aus Israel traf. Die beiden touren im Moment mit einem Mietwagen durch Taiwan. Neid.

Wir verstanden uns gleich gut und beschlossen zusammen ein Dumplingrestaurant auszuprobieren, das vom Hostel empfohlen wird (Dumplings sind Teigtaschen). Das Restaurant war ein typisches Abendessenlokal für Einheimische. Wir waren anfangs mit der Speisekarte etwas überfordert. Es gab zwar auch englische Bezeichnungen, die aber für uns nicht immer Sinn ergaben. Auch meine tolle Google-Übersetzer- App ließ uns im Stich und übersetzte Unfug. 

Wir versuchten unser Glück mit Schweinefleisch-Dumplings und verschiedenen Nudelgerichten. Wir bekamen Dumplings, die ganz anders aussahen, als die der anderen Gäste und von uns dreien bekam mysteriöserweise nur Noa gebratene Nudeln, Alon und ich bekamen Nudelsuppe.

Die Nudelsuppe war naja, die Dumplings super lecker. Wir wollten trotzdem noch die Variante probieren, die alle anderen hatten. Noa organisierte eine Charge. Diese Dumplings waren noch viel besser. Der Teig glich einem Dampfnudelteig, gefüllt waren sie ebenfalls mit Schweinefleisch.

Noa und Alon brachen am nächsten Tag schon früh morgens zu ihrem nächsten Ziel auf, da lag ich noch in den Federn. Ich entschied mich dazu, an diesem Tag gemütlich an den Strand zu laufen. Ok, gemütlich trifft es nicht ganz. Der Weg verlief immer an der Hauptgeschäftsstraße von Hualien –  jede Straßenüberquerung ein Adrenalinrausch. (Auf dem ersten Foto seht ihr die Straße, auf dem letzten den Nachtmarkt.)

Der Strand war leider etwas enttäuschend. Es gab eine kleine Promenade, aber zum Baden oder auch nur zum Sitzen taugte das alles gar nicht. Also verweilte ich nicht lange und machte mich bald wieder auf den Rückweg zum Hostel.

Dort traf ich auf Dirk aus Frankfurt. Kurioserweise waren wir beide in dieser Nacht die einzigen Gäste, wie uns die Hostelmitarbeiterin erzählte, bevor auch sie sich aus dem Staub machte. Dirk und ich beratschlagten uns, wie wir den Umstand, dass wir sturmfrei haben, am besten ausnutzen. 

Bevor wir allerdings zu einem Entschluss gelangten, kam Johann, die Hostelmitarbeiterin, wieder zurück. (Vermutlich heißt sie Yu-Han oder Jo-Hon oder so – ausgesprochen hört sich ihr Name aber wirklich wie „Johann“ an). Sie gesellte sich zu uns und wir verbrachten einen gemütlichen Abend auf den Bänken vor dem Hostel.

Der nächste Tag war für mich wieder ein Reisetag. Von Hualien im Osten der Insel fuhr ich mit dem Zug ganz in den Süden nach Kaohsiung. Der Zug war zu drei Vierteln komplett in Hello-Kitty-Optik hergerichtet. Ich saß in dem anderen Viertel. Die Fahrt dauerte rund fünf Stunden, die ich zumeist halbdösend verbrachte. Was eigentlich eine Schande ist. Denn die Landschaft, die sich vor den Zugfenstern entfaltete, war viel zu schön um die Augen zu schließen. Dichter, fetter, saftiger, grüner Regenwald. Abenteuerlich.

Vom Hauptbahnhof in Kaohsiung war es nur noch eine kurze Fahrt mit der U-Bahn zu meinem Hostel, das eigentlich ein Hotel ist, aber eine Etage mit Schlafsälen hat. Die Betten in meinem Schlafsaal sind wie Fächer in einem Regal angeordnet, sehr gemütlich.

Weil das Ganze hier ein Hotel ist, gibt es ein richtiges Früchstücksbuffet. Und wie oft in Asien werden kontinentales Frühstück und asiatisches Frühstück (warme Speisen) angeboten. Ich habe die Chance genutzt, stand am ersten Morgen früh auf und freute mich über Rührei und Toast, schippte mir aber auch etwas gebratene Nudeln auf den Teller. Warum auch nicht. 

Im Anschluss fuhr ich mit der U-Bahn zur Dream Mall, dem größten Shoppingcenter in Taiwan. Auf dem Dach der Mall ist ein kleiner Vergnügungspark untergebracht (den ich aber nicht besuchte).

Ich war auf einer Mission. Ich wollte ein paar neue Klamotten kaufen, da mir insbesondere meine Hosen gerade ziemlich zu groß werden. Nun ja, leider ist meine Kleidergröße mit der der taiwanesischen Durchschnittsfrau überraschenderweise immer noch nicht kompatibel. Ich bin ewig herumgelatscht. Das einzige Geschäft mit Klamotten in meiner Größe waren ein Übergrößengeschäft und der gute alte H&M. Kurze Hosen fand ich leider keine, da schon alles für die Wintersaison gedeckt war. Bei H&M kaufte ich aber ein tolles Kleid (etwas feiner, dann muss ich abends nicht immer mit Jeans und Tanktop ausgehen) und neue Tagesschuhe (meine alten waren erledigt). 

Auf dem Rückweg machte ich einen kurzen Stop an der U-Bahnhaltestelle „Formosa Boulevard“, deren Schmuckstück eine bunte, unterirdische Glaskuppel ist.

 

Gestern war ich eine richtig eifrige Vorzeigetouristin. Zuerst war ich am Pier 2, der heutzutage ein Kunstzentrum beherbergt. Die alten Hafengebäude wurden in Restaurants und Geschäfte umfunktioniert und überall stehen Skulpturen oder anderweitige Installationen (Erinnert ein wenig an den Alten Schlachthof in Karlsruhe).

Von da lief ich zum Love River (Liebesfluss). Ja, der heißt wirklich so und hat eine lange Promenade auf der man endlich mal von den Rollerfahrern in Ruhe gelassen wird, die hier zu Tausenden unterwegs sind. Leider war es grenzwertig heiß und die Luftfeuchtigkeit ist nach wie vor heftig, aber zum Glück gab es viele schattige Bänke an der Promenade.

Mein letzter Tagesordnungspunkt war der Lotus Pond, ein künstlich angelegter See und beliebtes Ausflugsziel. Es war höllisch viel los, weil gestern taiwanesischer Nationalfeiertag war (Jahrestag der Revolution von 1911). Und entlang des Sees gab es ein Stadtfest mit Buden und Parade und Feuerwerk. 

Von den Feierlichkeiten mal abgesehen ist der See für Touristen interessant, weil entlang des Ufers mehrere Tempel, Pavillons, Paläste und sowas liegen. Ich wollte zu den Drache-und-Tiger-Pagoden, von denen ich im Internet gelesen hatte. Wenn man die Pagoden durch das Maul des Drachen betritt und durch das Maul des Tigers verlässt, soll das Glück bringen. Ich bin mal gespannt.

Danach wollte ich eigentlich noch ein bisschen an den Ständen vorbeilaufen, aber es war so brechend voll, das konnte ich nicht aushalten. Also hielt ich an der erstbesten Imbissbude um mir ein Abendessen zu besorgen. Was auf den Bildern wie frittierter Blätterteig aussah, entpuppte sich als eine Art Putenschnitzel. Mit meiner Schnitzeltüte floh ich vor den Massen und rettete mich ins ziemlich weit entfernte Hostel.

Mein heutiger Trip auf die Insel Cijin war leider auch nicht wirklich ruhefördernd. Denn auch in Taiwan gibt es wohl so etwas wie einen beweglichen Ferientag, dementsprechend lang war die Schlange am Fähranleger. 

Cijin ist eine kleine, langgezogene Insel vor Kaohsiung. Die Fährfahrt dauert nur fünf Minuten. So wie ich das im Internet gelesen hatte, dachte ich eigentlich, es handelt sich um eine weitestgehend begrünte Insel. Meinen Irrtum bemerkte ich in Anbetracht der dichtbebauten Straßen und des lärmenden Verkehrs recht schnell. 

Nun gut, Augen zu und so weiter. Ich lief erstmal drauf los und fand recht schnell einen Anstieg zu einem Leuchtturm. Meine Beine wollten zwar aufgrund der Hitze nicht so recht, aber ich setzte mich durch. Der Leuchtturm war nicht so besonders aber der Ausblick war recht nett.

 

Als ich den Strand (letztes Foto) entdeckte, war ich ganz glücklich. Ich kletterte schnell wieder vom Hügel herunter und freute mich auf eine schöne Strandwanderung. Auch dort war aber so viel los, dass kein richtiges Wonnegefühl aufkommen wollte. Nach einer Weile kam ich zu einem Palmenweg, der recht unbevölkert war. Da konnte ich kurz durchatmen.

Am Ende des Weges steht die Regenbogenkirche, die nur so heißt und keine richtige Kirche ist. Sie ist ein sehr beliebtes Fotomotiv. Die Leute stehen dort Schlange um sich fotografieren zu lassen oder Selfies zu machen. 

Nach der Regenbogenkirche hatte ich keine Lust und keine Energie mehr. Ich lief zurück zur Fähre, die Schlange war dreimal so lang wie bei der Hinfahrt, aber es waren zum Glück mehrere Fähren im Einsatz. 

Jetzt bin ich zurück im Hotel, schreibe diese Zeilen und bereite mich innerlich auf meinen Abschied aus Taiwan vor. Morgen geht es auf die Philippinen. Ein neues Abenteuer beginnt.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Rebekka

    Dein Naturtrip klingt ja echt famos – fantastische Bilder! Macht echt Spaß über dich so viel über Orte zu erfahren, von denen man nur so schwammige Vorstellungen hat. Hab viel Spaß auf den Philippinen, wobei du da wahrscheinlich auch eher weniger an menschenleere Orte kommen wirst… 😉

    1. Anne

      Meine Geografiekenntnisse profitieren auch wahnsinnig von diesem Trip. Hätte mir vor einem halben Jahr jemand gesagt, er fliegt von Kaohsiung nach Cebu, hätte ich mich nur am Kopf gekratzt 😀
      Und ja, bislang ist es auf den Philippinen auch eher chaotisch und trubelig. Aber mal schauen.

  2. Oma & Opa

    Die ersten Bilder haben mich so beeindruckt, das ich erst einmal meine Bemerkung zur Sächsischen Schweiz über Whatsapp los werden musste. Das Du bei der Fülle Deiner Reise-eindrücke auch schon mal an die Grenze des erfassbaren kommst ist verständlich. Interessant ist auch, wie Du aus dem Angebot der Speisekarten immer wieder etwas essbares findest. Ich meine die asiatische Küche ist ja sehr gesund und geschmackvoll, wenn man bei der Bestellung das richtige findet.
    Viel Spaß bei Deinem neuen Abenteuer Philippinen, wieder nette Reisebekanntschaften ….und wir bleiben wie immer schön neugierig

    1. Anne

      Ja, je mehr ich reise, desto schwerer fällt es mir, neue Eindrücke zu verarbeiten. Deshalb hab ich im letzten Monat mein Programm auch schon ziemlich heruntergefahren, wie ihr vielleicht bemerkt habt.
      Asiatisches Essen ist wirklich meistens sehr gut und wenn man Leute hat, mit denen man zusammen essen geht, macht es auch Spaß den Kampf mit den Speisekarten aufzunehmen. Alleine ist mir das immer eher unangenehm.

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