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Der große Koller

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Der Flughafen von Kaohsiung liegt sehr zentral und war deshalb am Tag meiner Abreise aus Taiwan nur eine moderate U-Bahnfahrt von meinem Hostel entfernt. Probleme bereitete mir jedoch der Check-In. Zuerst stand ich in der falschen Schlange an, dann wurde mein Rucksack beanstandet. Ich musste zwischen den Check-In-Schaltern alles ausräumen. Die Sicherheitsbeamten fahndeten nach einer großen Spraydose, die sich als mein Rasierschaum herausstellte. 

Alles gut, ich durfte wieder zusammenräumen und meinen Rucksack im Schalterbereich stehenlassen. Meine Befürchtungen, dass mein Gepäck im Anschluss wahrscheinlich nicht die Reise in die Philippinen antreten würde, stellten sich später als unbegründet heraus.

Der Air-Asia-Flieger, mit dem ich nach Cebu City flog, hatte die engsten Sitzreihen, denen ich in meinem Leben begegnet bin. Dahingegen ist Ryanair Luxus.

Im Endeffekt war das aber nicht so schlimm, da der Flug nicht komplett ausgebucht war und ich eine komplette Dreiersitzreihe für mich alleine hatte. Ich konnte mich also seitlich ausbreiten.

An dieser Stelle folgt mein kurzes Taiwanfazit: Tolles Land, total freundliche Menschen, atemberaubende Natur, gutes Transportangebot. Ich möchte – wen wundert’s noch – wiederkommen. Insgesamt bin ich sehr froh, dass die Visabedingungen für China so eine große Frechheit sind. Hätte ich mein Chinavisum bekommen, wäre ich nicht nach Korea und Taiwan gereist und hätte zwei fantastische Länder, in denen ich eine Hammerzeit hatte, niemals gesehen. Jedenfalls nicht auf dieser Reise.

Am Einreiseschalter in Cebu wurde ich zum ersten Mal ein wenig verhört: Was mache ich hier, wie lange bleibe ich, wo übernachte ich, was ist mein Reiseplan? Die Schalterbeamtin gab sich aber recht schnell mit meinen Antworten zufrieden und ich war drin im Land. 

Der Flughafen ist ziemlich klein. Direkt hinter der Einreisestelle ist nur noch eine winzige Halle mit einem Geldtauschschalter. Einen Geldautomaten sah ich nicht und sah mich deshalb dazu gezwungen, einen Teil meiner Reserve-Euros in Philippinische Pesos umzutauschen, nur um nach dem Verlassen des Flughafens festzustellen, dass die Musik hier draußen spielt. Geldautomaten, Handystände – alles vor der Tür. 

Ich zog zur Sicherheit noch ein wenig Geld am Automaten nach, besorgte mir eine SIM-Karte und setzte mich dann ins nächste Taxi. Die Fahrt war sehr unterhaltsam. Ich bin zum ersten Mal seit Ewigkeiten in einem Land, in dem die große Mehrheit der Menschen fließend Englisch spricht, weil das hier ab früher Kindheit gelehrt wird. Ich konnte also mit meinem Taxifahrer Smalltalk halten.

Nach einer Stunde im Chaosverkehr von Cebu waren wir am Ziel. Ich bezog schnell mein Zimmer und wollte mich dann eigentlich auf der Dachterrasse des Hostels ein wenig vom Flug erholen, wurde aber direkt von einer Mitarbeiterin angequatscht, ob ich am Begrüßungsabendessen teilnehmen will. Das findet hier einmal pro Woche statt und es werden typisch philippinische Speisen angeboten. 

Rund neun Euro kostete der Spaß. Dafür gab es zwei kostenlose Cocktails und einen Tisch mit einem Dutzend verschiedener Gerichte, von denen eine Kompanie sattgeworden wäre. Wir waren zu viert. 

Es gab Nudelgerichte und frittierte Kokosnussrollen (super lecker), gegrilltes Hähnchen, Schweinefleisch, Reis (der hier in kleine Blätterpäckchen eingepackt wird) und Muscheln. Ich mag keine Muscheln. Die Hostelmitarbeiterin packte mir als allererstes eine Muschel auf den Teller. Objektiv betrachtet war sie lecker, aber mein Gehirn teilte mir permanent mit, dass mein Mund kein Muschelfleisch verarbeiten will.

Nach dem Essen verbrachten Maria aus Israel, Chris aus Australien, Julia aus Luxemburg und ich den Rest des Abends bei weiteren Cocktails zusammen auf der Dachterrasse.

Dort traf ich Julia auch am nächsten Morgen wieder. Die Terrasse ist sehr gemütlich. Es gibt hier auch einen Billardtisch, eine Bar und sogar einen Pool. Manchmal nervt die Musik ein wenig, die den ganzen Tag aus den Lautsprechern dröhnt. Interessanterweise läuft hier ziemlich oft Deutscher Partyschlager. 

Ich hatte mir für diesen Tag vorgenommen, mir einen Reiseplan für meinen Aufenthalt in den Philippinen zu erstellen. Bei mehreren Tausend Inseln ist das nicht so einfach. Damian hatte mir zwar in Hualien schon eine Liste mit Destinationen gemacht, die war aber noch deutlich zu lang für drei Wochen. Ich musste also abspecken. 

So verbrachte ich die nächsten Stunden damit, die Für und Wider für jeden Ort/jede Insel abzuwägen und nach Fähr- und Flugtransfers zu fahnden. Julia, die schon eine Weile auf den Philippinen unterwegs war, half mir außerdem. Und so hatte ich am Nachmittag tatsächlich einen präsentablen Plan zustande bekommen.

Es folgte ein nervenaufreibender „Spaziergang“ durch die Nachbarschaft. Ich war auf der Suche nach einem Supermarkt. Einen richtigen Supermarkt fand ich nicht. Die ganzen kleinen „Tante-Emma-Hütten“ waren geschlossen. Schließlich fand ich zum Glück wenigstens eine Tankstelle, an der ich meinen Wasservorrat aufstocken und mir ein Croissant kaufen konnte. 

Ich sehne mir Ulan-Bator zurück. Was habe ich damals über das Verkehrschaos in Ulan-Bator gestöhnt. Das hier ist viel schlimmer. Es gibt oft nicht einmal Bürgersteige, man muss sich mit den Rollerfahrern einen Überlebenskampf liefern, rote Ampeln werden missachtet und ständig, ständig, ständig hupt jemand neben dir. Ich will nicht sagen, dass ich kulturgeschockt bin, aber ich musste mich hier jedesmal richtig überwinden, das Hostel zu verlassen.

Öffentliche Verkehrsmittel gibt es hier in Form von Motorradtaxis und Jeepneys (siehe Foto unten). Die Jeepneys halten nicht komplett an, wenn man einsteigen möchte, man muss hinten aufspringen. 

Waren die Bussysteme in anderen Ländern nur schwer verständlich, ist es hier zu einhundert Prozent nicht machbar als Tourist das Jeepneymsysterium zu entschlüsseln. Mein Flughafentaxifahrer meinte außerdem zu mir, ich sei viel zu groß um damit zu fahren, ich würde an die Decke stoßen. (Die Filipinos sind wirklich sehr, sehr klein). 

Hier ein paar Fotos vom Spaziergang zur Tankstelle.

Ein weiterer Aspekt ist die Sicherheit. Während ich mich in Korea und Taiwan auch zu hundert Prozent sicherfühlte, wenn ich mitten in der Nacht alleine durch die Straßen lief, fühlte ich mich in Cebu etwas unruhig, als ich nach dem Tankstellenbesuch im Dunkeln wieder ins Hostel zurücklaufen musste. 

Insgesamt gilt dieser Teil der Philippinen als einigermaßen sicher, aber man sollte schon seinen gesunden Menschenverstand einsetzen und nicht umsonst steht vor dem Hostel ein Wachmann.

In dieser Straße liegt mein Hostel

Meine restlichen beiden Tage in Cebu verliefen überhaupt nicht nach Plan. Ich hatte mir überlegt, an einem Tag Cebu City und den botanischen Garten von Cebu anzuschauen und am anderen einen Ausflug nach Moalboal zu einem Wasserfall zu machen. Dafür hatte ich extra noch eine Nacht im Hostel verlängert. Die Tour nach Moalboal scheiterte, weil ich im Internet nur Privattouren zu Hammerpreisen finden konnte und die Tour, die das Hostel selbst anbietet, beinhaltet ein Action-Kletterprogramm. Das ist nun wirklich nichts für mich. 

Der Ausflug in den botanischen Garten und das Sightseeing scheiterten zum einen daran, dass ich – wie bereits geschildert – hier jedes Mal einen Koller bekomme, wenn ich auf die Straße muss. Zum anderen hätte ich zu dem Botanischen Garten aufgrund der Entfernung ein Taxi nehmen müssen. Die Hostelmitarbeiterin meinte, dass ich dafür allerdings mit einem Taxifahrer aushandeln müsse, dass er vor dem botanischen Garten auf mich wartet und mich dann wieder zurückfährt, weil man vor Ort keine Taxis bekommt. Dieser Spaß war mir dann doch etwas zu teuer.

So. im Endeffekt habe ich also weder von Cebu Island, noch von Cebu City irgendetwas während meines Aufenthalts gesehen. Mein einziges Abenteuer war mein Besuch in einem Haarentfernungsstudio. Ich dachte, ich gönne mir mal etwas und lasse mir meinen Damenbart professionell entfernen und den Rest meines Gesichts gleich mit. 

Die Haarentfernerin rügte mich als erstes dafür, dass ich mein Gesicht anscheinend völlig zuwuchern habe lassen und zupfte, rupfte und riss im Anschluss eine halbe Stunde an mir rum. Ich überlegte währenddessen ob ich vielleicht eine falsche Selbstwahrnehmung habe, weil ich immer der Ansicht war, mein Gesicht sei weniger behaart als das meiner Katze Frieda. Aber anscheinend war das eine falsche Annahme.

Oh, und ich war noch im beliebtesten Fastfood-Restaurant der Philippinen: Jollibee. Die Speisekarte bietet einen illustren Mix aus Burgern, Hotdogs, Spaghetti Bolognese und Steak mit Pilzsoße. Ich hatte einen Hotdog mit Käse. Es war ok, aber ich ziehe dann doch McDonalds vor. 

Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Rebekka

    Anne, deine Ähnlichkeit mit Braunbären war mir gleich aufgefallen! 😉 Und wenn der Koller zu groß wird: „Cordula Grün!“

    1. Andrea

      … oder war’s ein Reh? 😉

  2. Marie

    Hahaha sowas hat eine Kosmetikerin zu mir auch schon mal gesagt 😀 Muss wohl ein genetisches Problem sein!
    Weiterhin gute Reise.

    1. Anne

      😀 Gut zu wissen. Dann pass ich lieber mal auf, bevor ich wieder komplett zuhaare…

  3. Andrea

    Das Essen im Hostel sieht ja sehr lecker aus! Mmmh….

  4. Andrea

    Anne…Kopf hoch. Das wird schon. Du bist keine Maschine, die auf Knopfdruck ein anderes vollkommen neues Programm abspult. Das braucht halt etwas Zeit der Eingewöhnung… 🙂
    Ich wünsche Dir jedenfalls viel Spaß und tolle Eindrücke bei der Erkundung dieser tollen Inselwelt. Bin wiedermal auf Deine Naturbilder gespannt und sicher wieder mega-neidisch! 😉

    1. Anne

      Hey Andrea, die Natur auf den Philippinen ist natürlich klasse. Ich hoffe, ich kann dir ein paar schöne Fotos in den nächsten Berichten liefern 🙂 Aber es ist definitiv anstrengend, hier zu reisen.

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