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Koreanische Nächte

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Mir hat Seoul vom ersten Moment an gefallen, nur leider komme ich einfach nicht dazu, mir die Stadt eingehender anzuschauen. Dafür kann ich gar nichts. Daran sind nur mein Teufelsvirus und das Hostel schuld.

Nach meiner ersten Nacht in Seoul hatte ich zwar zum Glück endlich keine inkontinente Nase mehr, aber richtig fit war ich immer noch nicht. Deshalb ließ ich es langsam angehen und verließ erst gegen Mittag das Hostel. Erster Stop war ein Shoppingcenter mit vielen Restaurants, in einem davon aß ich leckere Nudeln mit Sahnesoße, ans koreanische Essen traute ich mich noch nicht ran.

Das Shoppingcenter liegt praktischerweise fast neben dem Hostel. Wir sind hier im Stadtteil Hongdae, einem sehr lebhaften, studentischen Viertel von Seoul mit vielen Clubs, Bars, Restaurants und Geschäften, die alle fußläufig ohne Probleme erreichbar sind. Das Hostel selbst (es heißt Lazy Fox) ist allerdings in einer ganz ruhigen Seitenstraße beheimatet, also perfekte Lage. 

 

Im Anschluss schaute ich mir Hongdae etwas näher an. Trotz des vielen Verkehrs war das Spazierengehen in Seoul für mich nach den traumatischen Erlebnissen in Ulan-Bator wie Wellnessurlaub. Eine grüne Fußgängerampel bedeutet hier wirklich: „Hab keine Angst, du kannst jetzt sicher über die Straße gehen“. Wie einfach das Leben doch sein kann. (Auch wenn manche Verkehrsinstallationen gewöhnungsbedürftig sind. Man beachte das Zebrastreifenchaos auf dem letzten Bild).

Nach meinem Streifzug durch Hongdae hatte ich noch etwas Kraft in mir und folgte einem baumbewachsenen, parkähnlichen Fußweg, bis mein Spaziergang von einem Filmteam gestoppt wurde, das in dem Park gerade Aufnahmen machte. Ich musste weichen und fand einen interessanten Heimweg durch eine sehr untouristische Straße mit vielen kleinen Gemüseläden und Hinterhofautowerkstätten.

 

Der "Baumweg"

Am nächsten Tag ging ich das Projekt „U-Bahnfahren“ an. Ich hatte den Tipp bekommen, mir zuerst eine Metrokarte zu kaufen, die man dann mit Guthaben an einem Automaten immer wieder aufladen kann. Nach umständlichem Hin-und Her-Gerenne fand ich in der kleinstadtgroßen U-Bahn-Station den Supermarkt, der die Metrokarten verkauft. Die gibt es mit ganz vielen unterschiedlichen Motiven: niedliche Häschen, Hündchen oder Kätzchen. Nur seriöse Motive gibt es nicht. (Ich entschied mich für das Motiv: „Schildkröte fährt Roller“). 

Das Aufladen der Karte und das Finden der richtigen U-Bahn stellten für mich im Anschluss kein Problem dar. Seoul hat ein geschlossenes U-Bahn-System. Die U-Bahn ist vom Gleis durch eine Wand getrennt. Kommt eine Bahn, öffnen sich jeweils nur an dein Ein- und Ausgängen Türen in der Wand. Von innen ist die Seouler U-Bahn die breiteste, die ich je gesehen habe. Im Mittelgang könnte ich mich locker quer auf den Boden legen.

Mein Ziel war der Gwanghwamun-Platz im Zentrum von Seoul. Es gibt in der Umgebung auch viele Tempel, aber ich wollte einfach nur ein bisschen durch die Stadt laufen. 

 

Ich hatte leider kein ideales Wetter, da es immer wieder regnete. Davon abgesehen ist es hier im Moment aber noch ziemlich warm (also T-Shirt und kurze Hosen). Der Regen hielt mich nicht davon ab, im Anschluss das Myeong-Dong-Viertel zu besuchen – eine riesige Shopping- und Restaurantgegend. Dort gibt es auch viele Streetfoodstände. Ich versuchte mein Glück mit frittiertem Hühnchen und etwas, das wie Gnocchi schmeckte. Beides sehr lecker, nur die Marinade war so scharf, das sie mir irgendwann arg auf meinen westeuropäisch, verweichlichten Magen schlug. 

So und das war das schnelle Ende meiner bisherigen Sightseeingversuche. Da meine Gesundheit inzwischen fast wiederhergestellt war, schloss ich mich am Abend den Feierlichkeiten im Hostel an. Das sieht hier immer so aus: Von 22 Uhr bis Mitternacht wird im Hostel mit Soju gefeiert. Soju ist koreanischer Alkohol, den es als Mischgetränk in ganz vielen Geschmacksrichtungen gibt. Gegen 24 Uhr zieht dann die ganze Meute los um in Clubs und Bars weiterzufeiern. 

Der Abend war auf jeden Fall sehr lustig, wenn man davon absieht, dass ich es schaffte, meine 20-köpfige Gruppe nach einer halben Stunde irgendwo in Hongdae zu verlieren. Aber ich kann ja auf mich selbst aufpassen und fand den Weg zurück auch ohne die anderen. Im Hostel genoss ich die angenehm warme Nachtluft auf der Dachterrasse und begrüßte die anderen, die nach und nach auch wieder eintrudelten. 

Ich stand am nächsten Tag erst am Nachmittag auf, versuchte gar nicht erst mich dazu zu motivieren, jetzt noch ein größeres, touristisches Projekt anzugehen, sondern beschränkte mich darauf, mir einen Plan für die nächsten Tage aufzustellen. Das fühlte sich zumindest etwas produktiv an. Leider wartet der Plan noch auf Umsetzung. Denn am Abend ging die Feierei aufs Neue los.

Ich kenne hier inzwischen schon viele Leute, mit denen ich mich gut verstehe, klar will ich dann was mit denen unternehmen. Diesmal schaffte ich es auch, nicht verloren zu gehen. Wir waren in drei Clubs, überall nur Hip Hop. Ich hasse Hip Hop. Davon abgesehen war es aber eine sehr lustige Nacht. Als ich ins Bett ging, war es schon hell draußen. Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich nicht um 8 Uhr voller Elan aus dem Schlafzimmer tanzte um zehn Stunden Museen zu besichtigen und Berge zu erklimmen. 

Stattdessen war ich in zwei Waschbärcafés. Die sind hier gerade in Mode. Ich dachte eigentlich, das ist so eine Art Katzencafé, wie es sie auch in Deutschland gibt. Also ein Café, indem man entspannt sitzen und ab und zu eine Katze streicheln kann, nur eben mit Waschbären. So war das aber dort nicht. Es war eher so eine Art Zimmerzoo. 

Im ersten Café saßen die Tiere in Käfigen und wurden von Zeit zu Zeit mal rausgelassen. Es gab Erdmännchen, Waschbären, Katzen und Wallabys. Ich fand es dort eher befremdlich und wollte aber noch das zweite Café ausprobieren. Viel besser war es dort auch nicht. Getränke konnte man in einem separaten Raum zu sich nehmen. Im anderen Zimmer gab es Hunde und Waschbären, die zwar frei rumlaufen konnten, aber ständig von allen Menschen betatscht wurden. Dort gefiel es mir also auch nicht und ich werde solche Plätze von nun an meiden.

 

Heute Abend gehen die anderen zum Karaoke. Ich setze aber diese Runde aus, in der Hoffnung, morgen vor dem Mittagessen aus dem Bett zu kommen und endlich meine Liste ein wenig abzuarbeiten. 

Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Die Kuhsine

    Geh doch mal zu was mit K-Pop. Mit was von BTS. Kennste?

    1. Anne

      Ich habe mit K-Pop nichts am Hut. Ich wusste vor meinem Aufenthalt auch nichts darüber. Ja, inzwischen kenne ich BTS, aber das ist nun wirklich nichts für mich.

  2. Mama

    Komm sei ehrlich, du hast den Abend ausgelassen, weil Karaoke dran war und aus keinem anderen Grund.
    Seoul ist genauso bunt wie ich es mir vorgestellt habe.

    1. Anne

      Natürlich habe ich den Abend deshalb ausgelassen 😀

  3. Oma & Opa

    gesundheitlich so angeschlagen, dazu wieder einen so großen Ortswechsel und in der Kürze der Zeit den Rest der Welt mit zwei, wieder recht ausführlichen Reiseberichten zu beglücken ….Anne, alle Achtung und Danke!!!!
    Wir sind begeistert über die Auswahl Deiner Bilder. Da hast Du ein gutes Händchen und einen guten fotografischen Blick
    für das Besondere. Also Anne, erhohle Dich gut und werde wieder richtig gesund. Wir bleiben derweil wie immer ….schön neugierig.

    1. Anne

      Hallo Oma und Opa, inzwischen bin ich wirklich wiederhergestellt. Kann jetzt also wieder durchstarten.

  4. Andrea Dostert

    Und ganz nebenbei freu ich mich auch und bin sehr erleichtert, dass Du wieder uffm Damm bist! ❤

  5. Andrea Dostert

    Also Anne, JETZT bist wirklich in Asien! Jedenfalls hatte ich beim Lesen immer mal wieder dieses Gefühl „Uuah … schräg!“*lach – Asiatisch halt… Besonders diese Streichelcafés! Die armen Tiere. …oder vielleicht mögen sie das ja… und vielleicht besser wie im Tierheim?! Keine Ahnung… Ist für mein europäisches Denken halt echt befremdlich und schräg. 🙂

    1. Anne

      Ich weiß auch nicht so recht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so toll für die Tiere ist. Keine Ahnung. Hab mich dort jedenfalls nicht wohlgefühlt und bin deshalb in beiden Cafés recht schnell wieder gegangen.

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