Nach meinem Trip in die Wüste bin ich ich noch für volle sechs Tage in Ulan-Bator geblieben. Ich hatte bereits in Russland beschlossen, hier einen längeren Stop einzulegen um einfach mal durchzuatmen und mich auszuruhen. Für mich gut, für meine treuen LeserInnen natürlich nicht so, aber da müssen wir jetzt durch. Lasst mich die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Woche zusammenfassen.
Am Tag unserer Rückkehr aus der Wüste lernte ich im Hostel drei verrückte Schweden kennen: alle drei Heavy Metaler, die zu einem einwöchigen Kurztrip in die Mongolei geflogen waren. Wir waren abends zusammen in einem Pub. Auf dem Weg dorthin sahen wir ein Feuerwerk über der Stadt. Ich glaube, das war zu Ehren von Putin, der zu diesem Zeitpunkt in Ulan-Bator weilte. Er feierte mit dem mongolischen Präsidenten das 80. Jubiläum des Sieges der russisch-mongolischen Kräfte über Japan im Konflikt um die russisch-japanische Grenze.
Am nächsten Tag brachen Steffi und Michi zum Khuvsgul See ganz im Norden der Mongolei auf um dort noch ein paar Tage wandern zu gehen. Ich haderte mit mir, ob ich mit ihnen fahren sollte, weil ich gerne noch etwas Natur gesehen hätte. Aber es wäre für mich ziemlich stressig gewesen. Die Fahrt mit dem Bus dahin dauert mehr als 15 Stunden und ich hatte nicht mehr so viel Zeit wie die beiden. Ich entschied mich also in UB zu bleiben und Bobby zu fragen, ob ich noch drei Tage länger im Hostel übernachten kann. Das war kein Problem.
Ich nutzte die Zeit um meine Südkoreareise ein wenig zu planen, in diese Richtung hatte ich bislang noch gar nichts unternommen. Außerdem nahm ich einen zweiten Anlauf um mir UB anzuschauen. Aber auch von diesem zweiten größeren Rundgang bleibt mir vor allem der Verkehr in Erinnerung.
Es ist ja nicht so, als ob hier von Grund auf komplette Anarchie herrscht. Es gibt durchaus oft Fußgängerampeln, aber manchmal dauert es mehr als fünf Minuten, bis die auf Grün schalten. Und Grün bedeutet nicht automatisch, dass man sicher über die Straße kommt. Denn die Straßenpolizisten achten überhaupt nicht auf Fußgänger und schicken die Autos auch über die Straße, wenn die Fußgänger Grün haben. Im Endeffekt muss man meistens bei Rot rüber und mehr als einmal steckte ich dadurch quasi mitten auf der Straße fest. Komplette Anarchie ganz ohne Ampeln wäre mir fast lieber gewesen. Aber ja, ich habe trotzdem etwas von der Stadt gesehen.
Am nächsten Tag traute ich mich sogar noch weiter vor die Tür. Im Süden der Stadt steht das Dsaisan-Denkmal, das an die gefallenen russischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg und die russisch-mongolische Freundschaft erinnert. Das war aber nicht unbedingt der Grund, warum ich dort war. Vielmehr steht das Denkmal auf einem Hügel, von dem aus man einen guten Überblick über die Stadt hat.
Es war so heiß, als ich mich auf den mehrere Kilometer langen Weg machte. Hier ein paar Impressionen von der Strecke.
Am Fuße des Hügels mussten noch ein paar Hundert Stufen erklommen werden und schon hatte ich tatsächlich einen sehr schönen Ausblick und mir wurde noch einmal klar, wie riesig Ulan-Bator doch ist. Auch schön zu sehen: Zwischen all den neugebauten Hochhäusern halten immer noch einige Jurten die Stellung (siehe letztes Foto).
Am Abend verabschiedete ich mich von Wietze, für den es mit dem Zug weiter nach Peking ging und für mich ging es ab dem nächsten Morgen bergab. Ich wachte mit Halsschmerzen auf und im Laufe des Tages wurden meine Befürchtungen war: Ich hatte mir eine fette, mongolische Teufelserkältung eingefangen.
Ich schaffte es an diesem Tag nur zum Essen gehen vors Haus. Auf dem Rückweg zum Hostel machte ich meine erste Begegnung mit einem Taschendieb. Er machte sich an meinem Rucksack zu schaffen, während ich die Straße entlanglief. Zum Glück bemerkte ich das sofort und konnte ihn zur Rede stellen. Ich überlegte kurz, ob die Konventionen es vorsehen, dass ich dem Dieb nun ins Gesicht boxe oder ähnliches. Ich entschied mich jedoch dagegen und blieb zivilisiert.
Außerdem war ich auch viel zu schwach dazu, denn mein Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends und ich bemitleidete mich arg. Die letzte Nacht in Ulan-Bator war eine der schlimmsten Nächte in meiner jüngeren Geschichte. Meine Nase lief wie der Rheinfall von Schaffhausen und ich musste alle 30 Sekunden niesen und husten, während meine Nasennebenhöhlen mich quälten.
In einem privaten Schlafzimmer hält man das irgendwie aus. Ich aber lag im oberen Abteil eines unfassbar wackligen Doppelstockbetts mit mehreren Zimmernachbarn und traute mich kaum, mich zu bewegen. Ich glaube, ich habe trotzdem alle die komplette Nacht wachgehalten.
Zu meiner großen Erleichterung waren sie am nächsten Morgen noch sehr nett zu mir. Zu meiner großen Enttäuschung war ich am nächsten Morgen noch genauso krank wie am Vortag und so verbrachte ich meine letzten Stunden in der Mongolei mit Taschentüchern, Hustenbonbons und Nasenspray auf dem Flursofa des Hostels.
Ein Hostelmitarbeiter fuhr mich am Abend zum Flughafen, die meiste Zeit musste ich aufgrund der Fahrweise des Mitarbeiters und der der anderen Verkehrsteilnehmer meine Augen schließen.
Der Flughafen von Ulan-Bator ist in etwa so aufregend wie der Hahn oder der Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden. Ich gab meine letzten Tugrik in den spärlich gesähten Geschäften aus und schleppte mich in den Flieger.
Während das Flugzeug uns nun mit 900 km/h ins rund 2.000 Kilometer entfernte Südkorea bringt, möchte ich ein kurzes Mongoleifazit loswerden: Ich liebe dieses Land. Liebe, liebe, liebe es (wenn man von der Hauptstadt absieht). Ich denke, das wurde in meinem letzten Bericht bereits deutlich. Ich habe mir fest vorgenommen, in meinem ersten regulären Urlaub nach der Weltreise als Allererstes wieder in die Mongolei zu fliegen und dort eine weitere Tour zu unternehmen (Rebekka: Du und ich Frühling 2021. Drei Wochen Offroad Mongolei. Am besten, du sagst Sandra schonmal Bescheid.)
Der Tourismus in dem Land hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, deshalb wird sich die Mongolei in den nächsten Jahren wahrscheinlich kontinuierlich verändern. Man sieht jetzt schon ein paar Luxusjurtencamps, es werden Straßen gebaut, an den Stadträndern werden so viele neue Hochhäuser hochgezogen, traditionelle Jurten aus dem Stadtbild vertrieben.
Ich vermag überhaupt nicht zu beurteilen, wie gut oder schlecht der Tourismus für das Land ist, oder wie sehr/ob sich die Einwohner eine Modernisierung wünschen. Ich kann nur von meinem Standpunkt aus sagen, dass für mich dieses Land, in dem es eben nicht überall Strom, Handyempfang, Duschen oder geteerte Straßen gibt, kombiniert mit der Weite und Leere der Landschaft, das perfekte Urlaubsabenteuerland darstellt.
Wenden wir uns nun Seoul zu. Der Flug dorthin war in Ordnung, wenn man davon absieht, dass meine Ohren bei der Landung fast geplatzt wären, ich im Anschluss für zwei Stunden taub war und fünf Packungen Taschentücher aufbrauchte. Dummerweise ist wohl Südkorea eines dieser Länder, in denen man die Nase hochzieht und nicht schnäuzt, aber darauf konnte ich in meinem Zustand keine Rücksicht nehmen.
Gegen 3 Uhr in der Nacht kam ich an und meisterte die Einreisekontrolle ohne Probleme. Ein wenig nervös war ich nur, als ich durch eine Quarantänekontrolle musste. Meiner Meinung nach sah ich aus, als würde ich versuchen Denguefieber einzuschleppen, aber man ließ mich passieren.
Die nächsten Stunden hielt ich mich in der Ankunftshalle auf, weil ich nicht mitten in der Nacht in die Stadt losziehen wollte. Das war sehr kurzweilig, weil ich die meiste Zeit eine Gruppe Koreaner in Traditionskleidung beobachten konnte, die (zwecks eines Kongresses?) Neuankömmlinge euphorisch begrüßten. Das war so erfrischend anzusehen, weil alle so aufgeregt und heiter waren und sich auch ständig gegenseitig fotografierten.
Auf der rechten Seite des Fotos ist das Begrüßungskomitee zu erahnen.
Außerdem quatschte mich eine Südkoreanerin an, die schon seit Jahren in den USA lebt und zu Besuch in ihrer Heimatstadt war. Sie war sehr gesprächig und erzählte mir, nachdem wir uns fünf Minuten kannten, von den Problemen ihres Ehelebens (ihr Mann war gerade um die Ecke). Ich denke mal, da sprach die Amerikanerin in ihr und nicht die Südkoreanerin.
Als es draußen hell wurde, nahm ich den Bus in die Stadt. Ich hatte diesmal überhaupt keine Probleme, den Weg zu finden, da das Hostel ein Video auf Youtube gestellt hat, in dem genau erklärt wird, wo man hin muss. Das fand ich richtig gut.
Der Busfahrer kontrollierte vor der Fahrt, ob alle angeschnallt sind, genau wie im Flugzeug. Dann ging er nach vorne, stellte sich auf, den Blick in unsere Richtung und ich dachte für einen kurzen Moment, jetzt macht er, auch wie im Flugzeug die Stewardessen, eine Sicherheitsdemonstration. Stattdessen verbeugte er sich vor uns und nahm dann Fahrt auf.
Von der Bushaltestelle war es nur noch ein kurzer Weg zum Hostel. Hier zwei erste Impressionen.
Es war immer noch recht früh am Morgen als ich ankam, mein Bett war also noch nicht bezugfertig. Ich lief deshalb ein wenig durch die Gegend und schlief auf einer Parkbank ein. Keine Ahnung, ob das etwas ist, was in Korea sittenkonform ist, aber ich hatte die ganze Nacht noch nicht geschlafen.
Dann bekam ich eine Whatsapp des Hostelmitarbeiters, dass mein Bett fertig ist, eilte zurück und schlief bis zum späten Nachmittag. Meine Dusche im Anschluss war etwas gewöhnungsbedürftig, denn in Südkorea ist die Dusche normalerweise nicht abgetrennt, es gibt also keine Wanne oder Tür, sondern man steht sozusagen mitten im Bad (und flutet alles). Ich kam mir vor, als würde ich was Verbotenes tun.
Den Abend verbrachte ich mit meinen neuen Mitbewohnern im Aufenthaltsraum. Das hier ist ein sehr geselliges Hostel und ich habe ein gutes Gefühl. Alle sind total nett. Gerade eben sind die anderen zum Feiern gegangen. Da ich aber immer noch krank bin, setze ich heute aus. Vielleicht gehe ich ja morgen mit.
2021? Aber sowas von! Urlaubsantrag wird sofort eingereicht! Ich hab jetzt schon sowas von Bock! Ich hoffe, du wirst die Teufelserkältung sehr schnell wieder los. Krass, von der Mongolei nach Seoul – das ist schon ein ordentlicher Kontrast. Besser dich und ganz viel Spaß! Btw, Newsletter #2 is in the making!
Das ist wirklich ein starker Kontrast. Aber sonst wäre es ja auch langweilig. Habe den Newsletter bekommen und schon 5 Mal gelesen 😀 Antwort folgt.
Oje, du armes Hascherle! Gute Besserung und viele spannende und wundervolle Erlebnisse in Südkorea!
Vielen Dank Renate, bis jetzt gefällt mir Südkorea richtig gut, bzw. Seoul, ansonsten habe ich ja noch nix gesehen.
🤧Heute wünschen wir dir 🍀GUTE BESSERUNG 🍀
Vielen Dank Peggy, scheint zu wirken. Mir gehts schon wieder fast gut.
Oh Anne… das war ja eine echt quälende Restwoche…. DU ARMERLE!!!! Keine Rückzugsmöglichkeit… und dann noch der Flug! Ich hoffe (und wünsche), dass das südkoreanische Klima Deinem mongolischgrippalen Infekt den schnellen Garaus macht! Hab eine erholsame und schöne Zeit dort…. und ich freue mich schon jetzt auf Deinen nächsten Bericht! 🙂
Die hohe Luftfeuchtigkeit scheint mir wirklich gutzutun. Das einzig doofe sind die Klimaanlagen, die ständig überall blasen. Da muss ich ein wenig aufpassen
Ohhh nein. Du arme Socke. Ich hoffe dir geht’s bald besser und du kannst die Stadt genießen!!
Schön, dass du gut angekommen bist.
Danke Marie, bin fast über den Berg und habe schon ein kleines bisschen von der Stadt sehen können 🙂