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Wo sind all die Hippies hin?

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Heute vor genau drei Jahren war ein richtiger Scheißtag. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie das Taxi in einer Seitenstraße des Hostels hielt, alle waren mit runtergekommen, um mich zu verabschieden. Der Taxifahrer schon besorgt, ob er uns wohl alle mitnehmen soll. Man muss ja Abstand halten. „Nein, nein, nur zwei Fahrgäste“, versicherten wir. Und dann über die leeren Straßen zum Flughafen. Mehr als 24 Stunden im Flugzeug eingesperrt. Ankunft im verlassenen Frankfurt. 

Das war das abrupte Ende meiner ersten Reise. Ich hoffe so sehr, dass es diesmal anders wird. Aber noch ist hier alles im grünen Bereich. 

In meinem Hostel in Port Macquarie gibt es ein sehr faires Angebot: Man kann am Tag des Auscheckens noch bis 1 Uhr nachts im Hostel bleiben, wenn man 10 Dollar zahlt. Man hat zwar kein Bett mehr, aber kann sonst alle Einrichtungen nutzen. Warum 1 Uhr nachts? Weil dann der Greyhound Bus in Richtung Norden fährt. Und mit dem sind hier die meisten unterwegs. 

Jetzt hatte ich noch den ganzen Tag zur Verfügung, aber alle wichtigen Sehenswürdigkeiten in Port Macquarie schon gesehen. Also blieb ich erstmal auf der Terrasse liegen – die Sofas und Sessel waren auch einfach so bequem. Außerdem musste ich mit meiner neu entdeckten Serie auf Netflix vorankommen. (Schitt’s Creek- kennt die jemand? Sehr lustig.)

Am Nachmittag bin ich dann aber doch noch einmal los und habe einen Spaziergang am Hastings River gemacht. Leider habe ich die auf den Warnschildern angepriesenen Koalas nicht gesehen.

Das war eine ganz schöne Luxusgegend, durch die ich da gelaufen bin. Ganz viele Häuser am Hastings River hatten sogar einen eigenen Bootsanleger mit passendem Boot oder Yacht. 

Um kurz vor 1 verabschiedete ich mich vom Hostel und lief zur Bushaltestelle. Ich war nicht die einzige Wartende. Das Ziel war diesmal Byron Bay. Das ist ein Backpackerhotspot. Viele fahren von Sydney gleich die 13 Stunden durch nach Byron Bay. Ich hatte zum Glück die zwei Stopps in Newcastle und Port Macquarie gemacht, sodass mir jetzt nur sieben Stunden Busfahrt bevorstanden. 

Ich machte nette Bekanntschaft mit einer Australierin und einer Deutschen. Schlaf fand ich hingegen kaum. Als wir um kurz nach 8 Uhr morgens in Byron Bay ankamen, war ich dementsprechend fix und fertig. Aber im Hostel konnte ich mal wieder nur meinen Rucksack loswerden, ich musste mir bis 14 Uhr einen anderen Lagerort suchen.

Deshalb ging ich an den erstbesten Strand und schlief dort ein wenig, bis mir das Ganze zu heiß wurde. Dann schlurfte ich noch ein wenig durch Byron Bay. 

Vielleicht ein paar erklärende Worte: Der Ort war früher eine Hippiehochburg und will auch heute noch sehr alternativ sein. Deshalb gibt es zum Beispiel kein McDonalds und keine Ampeln. Dafür riecht es aus vielen Geschäften nach Räucherstäbchen und man findet überall jemanden, der einem die Karten liest oder vielleicht auch den Kaffeesatz. 

Aber so richtig Hippie war das alles für mich nicht. Ich habe einen Techno-Opa gesehen der auf einer Bank am Strand saß und für sich selbst Platten auflegte. Den fand ich recht alternativ. Aber die Barfußläufer, die sich frisch vom Strand kommend in den Designerboutiquen neu einkleideten, haben mich nicht überzeugt.

Ansonsten fand ich Byron Bay nach erster Eingewöhnung aber ziemlich cool, da man fast gar nicht anders kann, als den ganzen Tag am Strand zu sein. Um genau zu sein hat man sogar die Auswahl zwischen neun Stränden. Der Ort ragt wie ein Horn ins Meer und ist deshalb praktisch an drei Seiten von Strand und Wasser umgeben.

Am Ankunftstag sah ich davon aber nicht mehr viel, weil ich nach dem Einchecken erst einmal viel Schlaf nachholen und danach Essen kaufen und zubereiten musste. 

Die Küche des Hostels war eine Katastrophe. Sowas habe ich noch nicht erlebt. Sie war zwar schön groß, aber das ganze Geschirr war verdreckt. Ich rede hier nicht von ein paar Flecken. Da standen einfach unabgewaschene Teller in den Regalen. Und alle Abwaschbecken waren permanent verstopft, weil die Leute ihre Essensreste nicht aus dem Abfluss pulen konnten. Dafür kann das Hostel alles nichts, aber da müssen die härter durchgreifen. Ich war jedenfalls immer heilfroh, wenn ich mit dem Kochen fertig war. 

Davon abgesehen war das Hostel aber sehr cool. Ganz offen gebaut rund um einen Pool im Innenhof. Hat mich sehr an südostasiatische Hostels erinnert. Ich habe leider nur ein Foto in der Dunkelheit gemacht.

Und ab jetzt wird mein Bericht für eine Weile recht monothematisch, befürchte ich. Denn die nächsten drei Tage habe ich damit verbracht, alle neun Strände von Byron Bay abzulaufen. 

Am ersten Tag habe ich mir die zentralen Strände vorgenommen. Da versammeln sich ab dem Nachmittag immer richtig viele Leute und picknicken oder holen sich Essen aus den umliegenden Cafés.

Am Tag darauf schaffte ich es endlich mal wieder, etwas früher aufzustehen. Wie ich aber erst im Nachhinein herausfand, lag das nicht an meiner Selbstdisziplin, sondern weil in der Nacht die Uhren auf Winterzeit gestellt worden waren. Lustig: Als ich in Australien ankam, waren wir zehn Stunden vor Deutschland. Und obwohl ich die Zeitzone seitdem nicht gewechselt habe, sind wir aktuell nur noch acht Stunden vor euch, weil bei euch die Uhren vorgestellt wurden und bei uns zurück.

Weil ich schön viel Zeit hatte, machte ich am Sonntag eine längere Tour zum Leuchtturm von Byron Bay. Der Weg dorthin führte natürlich auch wieder an vielen Stränden und Klippen vorbei. 

Byron Bay ist übrigens auch bei Surfern und solchen die es werden wollen sehr beliebt. Deshalb konnte ich überall im Wasser die Surflehrlinge beobachten.

Ich glaube, vor drei Jahren war ich bei meiner Australientour am südwestlichsten Punkt des Landes vorbeigekommen. Diesmal nun stand ich am östlichsten Punkt. Wer gute Augen hat, kann hier bis nach Südamerika gucken.

Hinweisschild am östlichsten Punkt

Wie weit ich im Laufe der Wanderung nach oben gestiegen war, merkte ich erst, als es nach dem Erreichen des Leuchtturms unendlich viele Treppenstufen wieder bergab zum Wasser ging.

Zurück lief ich wieder am Strand entlang und weil das so schön war, ging ich einfach am Zentrum von Byron Bay vorbei und noch weiter zu den westlichen Stränden. 

Leider wurde meine Wanderlust nach ein paar Kilometern vom Belongil Creek gestoppt, der dort den Strand teilt und ins Meer fließt. Ich wusste nicht recht, wie ich den Bach durch-/überqueren soll und drehte schließlich um. Im Endeffekt hat mich der Belongil Creek davor bewahrt, in einen weiteren monsunartigen Regen zu kommen, der just in dem Moment begann, als ich wieder im Hostel war.

Tags darauf war ich besser vorbereitet: Ich zog meinen Badeanzug an und erwischte zum Glück relative Ebbe als ich am Bach ankam und konnte durchwaten. Bis zur Hüfte ging er mir aber immer noch, was ein wenig gruselig war, weil das Wasser so trüb war, dass ich nicht sehen konnte, was darin eventuell auf mich lauert.

Der Bach war zum Glück das einzige größere Hindernis, ansonsten konnte ich kilometerweit immer nur am Strand entlanglaufen. Ich sonnte mich dann auch noch ein bisschen, aber ins Meer ging ich nicht. Zu gefährlich an unbewachten Stränden mit der Strömung und den Haien und den Quallen.

Ich hätte gerne noch ein wenig länger mein Strandleben praktiziert, aber heute morgen war leider schon wieder Abreise. Das einzig Positive an der Sache: Ich konnte der furchtbaren Hostelküche entkommen und der Frau in meinem Schlafsaal, die auf meinem persönlichen Treppchen der lautesten Hostelschnarcher gelandet ist.

Geregnet hat es natürlich auch mal wieder, als ich zur Bushaltestelle musste.

An der Bushaltestelle: Verregnete Abfahrt

Diesmal hatte ich nur eine kurze Fahrt vor mir. Nach einer Stunde war ich da, in Murwillumbah. Das exotischste Ziel meiner Australientour. Denn anders als die anderen Orte liegt Murwillumbah nicht direkt an der Küste, sondern etwas im Inland. Und man kommt auch nicht mit dem Greyhound Bus hin. 

Hinzu kommt, dass man das Hostel hier nicht via Internet buchen kann. Auch eine Mail meinerseits blieb unbeantwortet. Man muss tatsächlich ganz old school anrufen und buchen. Aber weil mir mein Reiseführer Murwillumbah so schmackhaft gemacht hatte, war es mir die „Mühe“ wert.

Ich kam jedenfalls mal wieder einige Stunden vor der Check-in-Zeit an und ließ mich in einem Park nieder. Von dort hatte ich bereits einen guten Ausblick auf das Hostel auf der anderen Flussseite.

In dem blauen Haus ist das Hostel

Ich vertrieb mir die Zeit mit meiner norwegischen Sitcom, die ich vor ein paar Tagen entdeckt hatte und verlebte einen entspannten Vormittag. Nur einmal wurde ich gestört von einem Idioten, der mir erst erzählte, er führe Touristen rum und mich dann für Hare Krishna und Hitler begeistern wollte. Ich wusste gar nicht, dass das Hand in Hand gehen kann. Den habe ich mal ganz schnell abgewimmelt.

Wie ihr bereits sehen konntet, liegt das Hostel direkt am Fluss, dem Tweed River um genau zu sein. Das Haus gehörte früher einem Fährkapitän. Hier mal noch die Aussicht auf den Fluss vom Hostel aus.

Das hier ist ein krasser Gegensatz zu Byron Bay: Es gibt nur ganz wenige Gäste. Ich konnte eben ganz alleine in der Küche kochen. Und ich muss sagen, ich freue mich auch, nach all den Strandorten, in denen ich zuletzt war, mal wieder eine etwas andere Landschaft zu sehen. Das Projekt gehe ich morgen gründlicher an. Heute habe ich nur eine Tour durch den Ort gedreht und finde Murwillumbah einfach urig.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Marie

    Keine zehn Pferde hätten mich durch diesen Fluss waten lassen! Ich bin sehr stolz auf dich 🙂

    1. Anne

      Ich hatte eben mein Ziel fest vor Augen 🙂 Sonst hätte ich einen kilometerweiten Umweg gehen müssen.

  2. Die Kuhsine

    Wegen meines eigenen Urlaubs lese ich erst jetzt wieder. Mit Schitt‘s Creek bist du wohl schon durch, wie ich deiner späteren Anspielung auf eine norwegische Sitcom entnehme. Ich fand die Serie ja super. Sehr nette Charaktere. Kaum zu glauben, dass das die Mutter von „Kevin“ ist.

    Nachdem wir jetzt 10 Tage Urlaub mit Reiseplanung und vorheriger wochenlanger Vorbereitung (vor allem vom Mann) hinter uns haben, finde ich es gleich nochmal beeindruckender, dass du sowas die ganze Zeit machst. Das ist doch total anstrengend.

    Nochwas zum Eintrag: Murwillumbah sieht total nett aus und ich finds toll, wie leer viele Strände in Australien aussehen. Schade, dass es da soviel gefährliches Wildlife gibt.

    1. Anne

      Ne, ich bin leider noch nicht mit Schitt’s Creek durch, mir fehlen noch zwei Staffeln, aber ich habe die norwegische Serie zwischengeschoben. Echt komisch, dass ich davon nie was gehört hatte, bevor Netflix mir die Serie empfahl. Ich finde sie auch echt super. Und ja, Reiseplanung ist super anstrengend. Ich müsste auch dringend mal anfangen Fidschi zu planen. Arghh! 🙂

  3. Weltreisefreundin Lena

    Meine Liebe Anne, dein neuster Blogeintrag hat mich – vor allem emotional – besonders abgeholt! 😀 Ich sehe dich noch traurig, in das Taxi in Auckland steigen und auch ich „feier“ morgen meinen Rückholtag. Auch wenn dich die Hippies nicht so ganz begeistern konnten – dein Blogeintrag hat mich sehr begeistert. Immerhin ist es schon eine „Kampfansage gegen den Kapitalismus“, wenn ein überschaubarer Ort in Down Under den Mc’s streicht 😛

    1. Anne

      Huhu Lena, alles Gute zum Rückholtag 😀 Das werden wir nie vergessen. Byron Bay an sich fand ich ja dann doch sehr cool. Einen Subway gibt es übrigens. Den hast du bestimmt auch gesehen.

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