Ich hatte euch am Ende des letzten Berichts so ganz kurz angebunden mitgeteilt, dass ich jetzt in Australien sei. Aber ich habe gar keine Details geliefert. Sehr leserunfreundlich. Hole ich jetzt natürlich nach.
Meine letzte Nacht in Neuseeland verbrachte ich – die Streber unter euch werden sich erinnern – in einem Pub in Methven, circa 80 Kilometer vom Flughafen Christchurch entfernt. Ich musste deshalb am Morgen nicht hetzen und fuhr gegen 9 Uhr los.
Eigentlich wollte ich unterwegs noch irgendwo anhalten, um das Auto aufzuräumen. Das sah aus, sag ich euch. Ich hatte mich zwei Wochen lang nicht darum geschert, meine Sachen ordentlich im Rucksack zu verstauen, sondern alles wird durch die Gegend geworfen.
Es begab sich jedoch, dass ich keine geeignete Haltestelle fand, sodass ich auf dem Mietwagenparkplatz des Flughafens mit dem Großreinemachen begann. War aber nicht so schlimm, Mitarbeiter des Autoverleihers waren nirgendwo zu sehen. Auch nicht, als ich das inzwischen wieder ansehnliche Auto übergeben wollte.
Im Endeffekt gab ich einfach nur den Schlüssel beim Abholschalter im Terminal ab und damit war die unbeschwerte Zeit mit eigenem Fortbewegungsmittel endgültig vorbei.
Ich musste noch ein paar Stunden warten, mein Flug nach Australien ging erst am Nachmittag. Verrückte Sachen ereigneten sich in der Zeit aber nicht. Witzlos war auch der Flug an sich.
Und langweilig ging es weiter: Bei der Einreise wollte kein Mensch von mir wissen, was ich in Australien denn so vorhabe. Die winkten mich einfach durch.
Als ich aus der Ankunftshalle trat, fielen mir zwei Sachen auf: Erstens war es richtig warm, feuchtwarm – und das um 19 Uhr abends. Meine Befürchtungen, ich müsse hier nach Neuseeland weiterzittern, schienen also unbegründet.
Und zweitens war es laut und hektisch und diese vielen Menschen und Autos. So ein Gehupe. So ein Geschrei. Die meiste Action, die ich am Flughafen in Christchurch gehabt hatte, war, zwei Menschen beim Tischtennisspielen zuzuschauen.
Von einer Kontrolleurin wurde ich angepöbelt, dass ich in der falschen Reihe für den Bus anstehen würde, während der Busfahrer sich ein Mittelfingerduell mit einem Taxifahrer lieferte, den er zuvor geschnitten hatte. Ja, wo war ich denn hier gelandet… Perth auf der anderen Seite des Kontinents war so ein Hort der Entspannung gewesen. Diesen Ruf möchte die Ostküste Australiens wohl nicht auch für sich beanspruchen.
Ne, natürlich alles halb so wild. Es war nur eben ein krasser Kulissenwechsel, wenn man gerade eben noch auf einer Schaffarm übernachtet hat und nun vor den Toren einer Fünf-Millionen-Metropole steht.
Mit dem Skybus kommt man aber zum Glück unkompliziert ins Zentrum. Von dort musste ich nur noch 15 Minuten zu Fuß weiter.
Im Hostel saß ich ein wenig auf der großen Dachterrasse und freute mich, den Reisetag hinter mich gebracht zu haben.
Der nächste Tag: Oh je, ich bin erst gegen Mittag aufgestanden. Ich hatte ja wirklich viel erlebt, vor allem in den Roadtrip-Wochen. Da brauchte ich mal eine Sightseeing-Pause.
Den Nachmittag verbrachte ich damit, meine Wäsche zu waschen, beziehungsweise ging der Großteil der Zeit dabei rauf, auf einen freien Trockner zu warten. Das hier ist ein riesiges Hostel und von vier Trocknern waren zwei außer Betrieb.
Das führte dazu, dass ich erst am Abend mit meiner Stadtbesichtigung begann. Ich ließ mich von den Menschenmassen durchs Zentrum schubsen und mich von Wolkenkratzerschluchten verschlucken.
Im Süden des Stadtzentrums verläuft der Fluss Yarra, der in die Hobsons Bay fließt, die wiederum zwischen Melbourne und dem offenen Meer liegt.
Der Yarra ist stolzer Besitzer von Promenaden auf beiden Flussseiten und wird zudem von zahlreichen Ruderclubs und Bötchenfahrern in Beschlag genommen. Auf die Skyline der Stadt hat man hier auch schon einen guten Blick.
Nachdem ich ein paar Kilometer an der Promenade langgelaufen war, endete ich wieder auf der Dachterrasse meines Hostels.
Apropos Hostel: Das war entgegen meiner Befürchtungen (da billiger als andere Hostels in Melbourne) ziemlich gut. Es hatte sogar ganz viele kleine Minibäder mit Dusche und Toilette in einem, was ich in so einem großen Hostel noch nie gesehen habe. Und sauber war es und die Betten waren bequem.
Nur eine Sache fand ich sehr übertrieben: Der Schlafsaal war recht geräumig und alle haben ihre Rucksäcke an die Wände gelehnt. Und dann komme ich aus der Stadt wieder und auf allen Rucksäcken liegen Zettel, dass das Zimmer unordentlich wäre und dass man die Rucksäcke doch unters Bett legen soll. Alle Sachen, die nicht unterm Bett liegen, würden in zwei Tagen weggeschmissen. So ein Quatsch.
Für den Freitag setzte ich mir ein Ziel: Ich wollte so nah wie möglich an das internationale Containterterminal der Stadt herankommen. Melbourne hat den größten Frachthafen Australiens, verteilt auf mehrere Docks und quasi einen eigenen Stadtteil, Port of Melbourne.
Zuerst folgte ich wieder der Promenade am Yarra Richtung Westen und landete zuerst am Yachthafen und an einem Weg, an dem ganz viele, (über-)lebensgroße Skulpturen von bedrohten Tierarten stehen.
Der Weg endete leider nach ein paar Kilometern vor einem Bauzaun und damit begann eine sehr lange Irrfahrt durch Port of Melbourne, die regelmäßig an irgendwelchen Zäunen endete, oder zwischen Stromtrassen, an Hauptverkehrsstraßen oder in einem „Park“, der bestimmt mal Kulisse in einem Horrorfilm war. Ab und zu erhaschte ich einen Blick auf ein paar Container oder einen alten Öltanker.
Das Ganze hatte aber doch ein halbwegs versöhnliches Ende. Ich fand zwar keine Containerschiffe, aber am Ende eine sehr passable Aussicht auf die Containerbrücken des internationalen Terminals, ich konnte sogar ein paar „Katzen“ in Aktion sehen.
Gleich neben dem Containterterminal befindet sich ein Strand mitsamt Promenade, auf der ich bis nach St. Kilda gelaufen bin, einem Vorort von Melbourne mit langem Pier und Riesenrad.
Ich wäre gerne mit dem Bus nach St. Kilda gefahren, weil ich schon so weit gelaufen war. Aber in Melbourne braucht man für den ÖPNV eine spezielle Karte, die auch noch 6 Dollar kostet. Man kann nicht bar bezahlen oder ein Ticket per App kaufen oder am Automaten ziehen. Das finde ich sehr besucherunfreundlich. (Jaja, in Auckland ist es auch so.)
Als ich in St. Kilda ankam, schaffte ich es gerade noch, einmal über den Pier zu kriechen.
Dafür, dass ich danach auch noch irgendwie die sieben Kilometer zurück ins Stadtzentrum schaffte, muss ich mir selbst auf die Schulter klopfen. Ich war wirklich alle. Es waren ja nicht nur die 27 Kilometer, sondern auch die Hitze und zu wenig zu trinken und zu essen, weil ich auf so einen Marsch nicht vorbereitet gewesen war.
Als ich wieder in Melbournes Zentrum ankam, war die Hölle auf den Straßen los. Noch mehr als die Tage zuvor. Es war inzwischen dunkel, es war Wochenende und ganz Melbourne auf den Beinen. Ich glaube, dass ich auch noch in keiner Stadt so viele Restaurants gesehen habe wie in Melbourne.
Am Nachtleben nahm ich nicht teil, weil ich am Samstag schon um kurz vor sieben Uhr aufstehen musste. Ich hatte eine Tour auf der Great Ocean Road gebucht.
Die Great Ocean Road ist eine ganz bekannte Straße zwischen Melbourne und Adelaide. Weil sie direkt am Meer verläuft, ist sie bei Touristen (Ausflüge) und reichen Australiern (Ferienhäuser) gleichermaßen beliebt.
Die Straße wurde ab 1919 von Soldaten aus dem Felsen gehauen, die aus dem Ersten Weltkrieg zurückkamen. Das Bauprojekt war unter anderem also eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
Nachdem der Bus alle Teilnehmenden eingesammelt hatte, gab es erstmal Tee und Kekse an einem Fluss außerhalb der Stadt. Danach fuhren wir immer an der Straße lang, bis wir nach Apollo Bay kamen, wo ich die Mittagspause nutzte, um mir wieder mal einen Pie zu kaufen. Die sind in Australien zum Glück auch sehr beliebt.
Achso, und meinen ersten wilden Koala habe ich auch gesehen. Der verschlief den ganzen Rummel, den die Touristen um ihn machten.
Weiter ging es zu den 12 Aposteln. Ich muss ja sagen, dass ich die Tour sehr spontan gebucht und mich im Voraus nicht weitergehend mit der Great Ocean Road beschäftigt hatte. Scheint halt ein großes Ding zu sein, hatte ich nur immer mal so mitbekommen. Also einfach mal buchen.
Auf die 12 Apostel fiebern jedenfalls wohl alle immer hin, die sich vorher informiert haben, weil die Steinformation eines der Highlights entlang der Straße sein soll. Es handelt sich bei den Aposteln um große Steinsäulen, die vor der Küste im Wasser stehen und durch Erosion geformt wurden.
Auf dem Weg zur Aussichtsplattform wurden wir aber erstmal gewarnt. Willkommen in Australien.
Für die 12 Apostel setzte ich mich diesen Gefahren gerne aus. Auch der Rest der Umgebung war sehr schön.
Schöner als die 12 Apostel war aber die Loch Ard Schlucht. Die ist nach einem Schiff benannt, das im 19. Jahrhundert dort während eines Sturms gegen die Felsen gekracht und gesunken ist. Es gab nur zwei Überlebende. Die Ecke war berüchtigt bei Seeleuten – aufgrund der Strömung und einer vorgelagerten Insel, die eine Engstelle verursacht.
Die Schlucht war der letzte offizielle Tagesordnungspunkt. Jetzt musste uns unser sehr netter und lustiger Busfahrer Bert nur noch die 300 Kilometer nach Melbourne zurückfahren. Ein Ass hatte Bert aber noch im Ärmel. Eine Pipipause machten wir an einem Toilettenhäuschen, an dem die umstehenden Bäume von Hunderten Kakadus heimgesucht wurden. Wusstet ihr, wieviel Lärm Kakadus verursachen?
Was ich bislang vergessen hatte zu erwähnen: Auf der Tour saß neben mir eine Norwegerin. Wir haben uns ganz gut unterhalten, ich hab mich aber diesmal nicht getraut, was auf Norwegisch zu sagen.
Heute morgen musste ich aus dem Hostel auschecken. Mein Bus nach Sydney geht aber erst um 20 Uhr. Ich hatte also noch ziemlich viel Zeit totzuschlagen. Als ich um 10 Uhr vor dem Hostel stand und nicht wusste, was ich tun soll, entschied ich mich spontan dazu, ins Kino zu gehen. Ich glaube, ich habe noch nie um 10:20 Uhr in einem Kino gesessen. Natürlich mit Popcorn (leider salzig). Ich habe übrigens „Everything Everywhere All at Once“ geguckt (Was für ein Titel).
Und jetzt sitze ich in der Lobby meines alten Hostels – bislang wurde ich nicht rausgeschmissen – und schreibe die letzten Zeilen dieses Berichts. Gleich werde ich mich ganz langsam Richtung Busbahnhof aufmachen und dort noch etwas abhängen. Und dann geht es schon auf nach Sydney.
Finde ich auch. Natürlich ist so ein Wechsel von den romantischen Wanderwegen Neuseelands mitten hinein in das Großstadtgetümmel erstmal mächtig gewaltig. Aber ich Wette, bald wirst Du auch die versteckten Schönheiten Australiens entdecken und uns wieder mit Deinen Reiseberichten beglücken.
Viel Erfolg und Spaß dabei und pass schön auf dich auf.
Vor allem werde ich nach Sydney die Großstädte erst mal für eine Weile hinter mir lassen.
Na das sieht doch alles sehr schick aus, gefällt mir 🙂
Ja is ja auch alles schick, nur eben finden das zu viele andere auch 😀