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Die unabhängige Republik Uzupis

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Im Baltikum ist der Bus der Bahn vorzuziehen. Das Busnetz ist einfach viel besser ausgebaut als die Schiene. Schon meine Zugfahrt von Warschau nach Kaunas war eigentlich quatsch. Da hätte ich auch besser den Bus genommen und wäre gleich nach Vilnius gefahren. Aus Stressverringerungsgründen. Obwohl die Zugverbindung von Polen nach Litauen schon annehmbarer geworden ist. Vor drei Jahren ging die Route noch über Minsk.

Von Kaunas nach Vilnius bin ich nun, wo ich es besser wusste, mit dem Bus gefahren. Und das war wirklich sehr unkompliziert, da alles gut ausgeschildert ist und viele Litauer englisch sprechen. Leider hatte es bereits am Morgen in Kaunas zu regnen begonnen, wurde auf der Busfahrt immer schlimmer und hörte auch bis zum späten Abend nicht mehr auf. Dieser trostlose Anblick war mein erster Eindruck von Vilnius.

Busbahnhof Vilnius bei Regen
Der Busbahnhof von Vilnius

Die Unterkunft habe ich mir für Vilnius über Airbnb besorgt (Opa, das ist eine Internetplattform, wo Privatleute Unterkünfte anbieten). Ich wohne hier bei Galina, einer circa 50-60 Jahre alten Litauerin. Ich habe ein eigenes Zimmer, wir teilen uns aber Küche und Bad. 

Die Wohnung und auch das Haus kommen mir vor, wie aus der Zeit gefallen. Ich stelle keine Fotos von innen ins Internet, das wäre meiner Gastgeberin bestimmt nicht so recht. Aber zumindest meine Leser mit Ostvergangenheit können sich bestimmt gut vorstellen, wie die Wohnung aussieht. 

Hier lebe ich in meiner "Kurzzeit-WG"

Galina und ich sprechen zwar beide zwei Sprachen, leider aber nicht die selben. Wir haben uns bislang mit einem sehr wilden Mix aus rudimentärem Englisch, Deutsch und Russisch durchgewurschtelt. Und jetzt habe ich sie schon eine ganze Weile gar nicht mehr gesehen. Ich hoffe, ich kann sie morgen vor der Abreise noch abpassen.

Aber ihr wollt erstmal wissen, was ich in Vilnius die ganze Zeit gemacht habe und welche Ausrede ich habe, solange keinen Bericht geschrieben zu haben. Also, ich habe jeden Tag richtig lange geschlafen. Weil mein Bett total bequem ist und weil ich es ausnutzen muss, dass nicht ständig die Tür aufgeht, jemand schnarcht oder mitten in der Nacht Koffer packt. Und deshalb war ich abends immer spät zurück.

Zurück zum Ankunftsabend. Es regnete, ihr erinnert euch. In einer kurzen Regenpause bin ich los, um wenigstens einen kurzen Blick auf die Altstadt zu erhaschen. Die Wohnung liegt ungefähr eine Viertel Stunde entfernt. Ich war gerade am Rand der Altstadt angekommen, da fing es wieder an zu schütten. Und ich bin schnell zurück in die Wohnung und ins Bett. Hier sind düstere erste Impressionen.

Auch der zweite Tag brachte immer wieder Regen mit sich. Ich weiß nicht, ob es vor allem an dem Regen lag, aber ich wurde anfangs mit Vilnius nicht so richtig warm. Oder es war dem Umstand geschuldet, dass ich recht planlos durch die Stadt gelaufen bin. In den ersten Städten hatte ich mir vorher ausgeguckt, was ich machen will oder gleich eine Führung mitgemacht. 

Hier bin ich einen Tag lang kreuz und quer durch die Altstadt gelaufen und es hat mich nicht komplett umgehauen. Natürlich ist sie sehr schön und schmuck und alles. Ich weiß es nicht. Es war wohl der Regen. 

Ach ne Moment, eine Sache stört mich ganz arg hier. Es gibt keine richtige Fußgängerzone. Überall fahren Autos. Es gibt zwar Straßen, die eigentlich für Autos gesperrt sind, aber jeder zweite Einwohner hat anscheinend eine Sondergenehmigung. Das ist sehr unentspannend.

Hier eine kleine Sammlung von Stadtansichten.

Weil ich mit meinem ersten Tag unzufrieden war, wollte ich den zweiten Tag besser angehen. Ich habe mich also wie in guten, alten Zeiten (also am Anfang meiner Reise (hihi)) abends an den Computer gesetzt und ein wenig recherchiert, was man hier so machen kann. Am Ende habe ich mich dann doch wieder für eine Walking Tour entschieden. Sie ist einfach die allerbeste Möglichkeit um recht preiswert eine Stadt kennenzulernen.

Und unsere Stadtführerin war einfach super. Sie hat mein Herz sehr für die Stadt erwärmt und tolle Anekdoten über Litauen und die Litauer erzählt. 

Im Rahmen der Führung haben wir auch die unabhängige Republik Užupis im Osten von Vilnius besucht. Užupis wurde Ende der 90er Jahre vor allem von KünstlerInnen gegründet. Es gibt einen Präsidenten, eine Flagge und eine Verfassung. Mein Lieblingsparagraph: „Eine Katze ist nicht verpflichtet, ihren Besitzer zu lieben, aber in schweren Momenten muss sie ihm beistehen.“

 

Urpsrünglich hatte Užupis auch eine 12-Leute-starke Armee. Dann entschieden die Einwohner allerdings im Barlament (Ihr versteht? BARlament? (nochmal hihi)), dass sie ein pazifistisches Volk sein wollen und lösten die Armee wieder auf. 

Unsere Stadtführerin zeigte uns auch den tibetanischen Platz in Užupis, den der Dalai Lama schon mehrfach besucht hat. Als man in China Wind davon bekam, dass es in Vilnius einen solchen Platz gibt, sorgte das wohl tatsächlich für diplomatische Verwicklungen. 

Natürlich ist die Sache mit der unabhängigen Republik nicht allzu ernst zu nehmen. Jedes Jahr am 1. April feiern die Einwohner ihren Unabhängigkeitstag und nehmen sich dabei auch nicht so ernst. An diesem Tag fließt übrigens Bier aus dem Trinkwasserbrunnen auf dem zentralen Platz des Viertels.

Am Nachmittag war ich kurz im modernen Teil von Vilnius auf der anderen Seite des Flusses. An der Neris lässt es sich auch sehr schön spazieren.

Ihr seht, gegen Abend wurde auch das Wetter gut. Wie ich inzwischen gelesen habe, regnet es in Vilnius generell häufiger und schnelle Wetterwechsel sind auch normal. Hier zwei Fotos von der Kathedrale St. Stanislaus und St. Ladislaus, der wichtigsten katholischen Kirche in Vilnius. Einmal vom Nachmittag, einmal vom Abend.

Heute war ich in Trakai, einer historischen Fürstenresidenz. Trakai ist 40 Minuten von Vilnius entfernt und mit dem Bus kommt man für 2 Euro hin. Da frag ich mich echt manchmal, das rechnet sich doch gar nicht. So viel günstiger ist der Sprit hier auch nicht. 

Trakai ist ein beliebtes Ausflugsziel, da es zum einen sehr schön anzusehen ist. Die Stadt wird von mehreren Seen unterbrochen und umklammert. Außerdem steht dort eine große Wasserburg, die auch sehr schön anzusehen ist. Das war also ein netter Seespaziergang heute für mich – bei Sonnenschein übrigens – und ein schöner Abschluss meines Litauenaufenthalts.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Rebekka

    Ach cool, ich mag ja solche Querdenker-Viertel – total schöne Bilder!! Okay, die Baltiktour sollte ich dann auch irgendwann demnächst mal realisieren… 😉

    1. Anne

      Ja auf jeden Fall, das steht ja schließlich auf deiner Liste! Und soviel kann ich schon vorweg nehmen, Riga ist der Hammer.

  2. Kaka

    Schön, wieder von dir zu lesen!!
    Vilnius klingt trotz Autos mega. Werde nacher mal Uzupis googeln 😉

    Alles Liebe

    1. Anne

      Huhu Kaka, ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Auch wenn mir Warschau zum Beispiel noch besser gefallen hat.

  3. Marie

    Also ich bin sehr froh, dass du deine Meinung über die Stadt geändert hast. Die Bilder gefallen mir außerordentlich gut.
    Es wäre schade gewesen wenn sie nicht doch leise mit dir geflüstert hätte!

    1. Anne

      Ja doch, sie ist schon sehr schön. Bis auf die Autos. Die nerven wirklich tierisch.

  4. Oma & Opa

    Na da ist er ja, Dein neuer Reisebericht und wieder sehr interessant. Wir sind sehr angetan von dem, was Du uns da mit Deinen Bildern miterleben lässt. Historische und Moderne Bauweise passen gut zueinander und erscheinen sauber und gepflegt. Sicher hat der Regen hierbei auch noch eine positive Seite gezeigt. Nicht wie bei uns wo z.Zt. die Grünflächen hässlich verdörrt sind. Danke für die Zeit die Du zusätzlich aufbringst, um uns an Dein großes Abenteuer teilhaben zu lassen. Gute Nacht und wir bleiben weiter neugierig.

    1. Anne

      Ja, es war wirklich recht gepflegt. Nur viele Fußwege bräuchten mal eine Generalüberholung. Da sind oft Platten lose oder stark gebrochen, da muss man beim Gehen immer nach unten gucken und aufpassen

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