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Finale versaut

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Ja, ne. Der Wasserfall kann nichts für mein jüngstes Ärgernis. Aber ich wollte meinem Lieblingsbild der vergangenen Tage trotzdem ins Rampenlicht verhelfen.

Den Wasserfall kann man in Rivière-du-Loup auch live besichtigen. In der Kleinstadt befinden wir uns blogtechnisch weiterhin, bezwiehungsweise sind ja gerade erst angekommen.

Nachdem ich zur Abwechslung mal keine nervigen Bettnachbarn hatte und gut ausgeschlafen in den Tag getanzt war, machte ich mich auf den Weg nach La Pointe. Das ist eine Landspitze von Rivière-du-Loup, die in den Sankt-Lorenz-Strom ragt, der mich nach wie vor begleitete.

Ich kam auf dem Weg zuerst am winzigen historischen Zentrum der Stadt vorbei, wo ich ein paar schicke alte Gebäude sah.

Danach wurde die Strecke für eine lange Zeit ziemlich langweilig, da sie im Wesentlichen an der Schnellstraße entlangführte. Als ich endlich in eine Seitenstraße abbiegen konnte, kam ich am Schloss des Weihnachtsmanns vorbei.

Für eine kurze Zeit fand ich mich sogar auf einem richtigen Spazierweg wieder, der schließlich am Fährhafen und der Marina von Rivière-du-Loup endete. Zu diesem Zeitpunkt hörte ich es in der Ferne grummeln und deshalb hielt ich mich nicht allzu lange dort auf, bevor ich mich auf den Rückweg machte.

Der Himmel hielt dann gnädigerweise doch, sodass ich trockenen Fußes im Hostel auflief, wo ich den Tag mit Kochen und Lesen ausklingen ließ.

Ich glaube am nächsten Morgen war das, als ich noch im Halbschlaf von einer Zimmergenossin auf Französisch angequatscht wurde. Als ich ihr sagte, dass ich sie nicht verstehe, begann sie halb, mich anzubrüllen und mit mir zu reden wie mit einer Idiotin – weiterhin auf Französisch. Ich erklärte ihr dann noch einmal, dass ich kein Französisch spreche (jedenfalls nicht im Halbschlaf). 

Da entschuldigte sie sich dann. Sie hatte nämlich gedacht, ich sei Französin und hätte mich geweigert, ihren Quebecer Akzent zu verstehen. Das ist nämlich so ein gängiges Ding, das die Franzosen gerne tun.

Ansonsten besuchte ich an diesem Tag den schon erwähnten und gezeigten Wasserfall von Rivière-du-Loup. Der liegt in einem Park fast mitten in der Stadt. Auf dem Weg lief ich durch das putzige Stadtzentrum.

Im Gegensatz zu dem in Quebec war der Wasserfall in Rivière-du-Loup ganz kostenlos. Jetzt war er natürlich auch nicht so wuchtig, aber ich mochte den kleinen Park mit seinem fünf Kilometer Rundweg trotzdem sehr gerne.

Ein Teil von Rivière-du-Loup befindet sich auf einem Hügel oberhalb des Wasserfalls, wie ihr auf dem heutigen Titelfoto gut erkennen könnt. Das schaute ich mir auch noch kurz an.

Wo ich schon einmal da war, machte ich noch einen kleinen Abstecher zum Bahnhof, der auf dem Hügel liegt. Wobei es das Wort Bahnhof nicht trifft. In der alten Bahnhofshalle ist ein Elektrogeschäft untergebracht. 

Als ich den Verkäufer fragte, wo der Bahnhof sei, meinte er, dass der vor zehn Jahren verkauft wurde. Jetzt gibt es eben nur noch das eine Gleis vor dem Elektrogeschäft. Und natürlich keinerlei Mitarbeiter, die ich gerne gefragt hätte, ob ich wirklich 45 Minuten vor Zugabfahrt da sein müsse und wie das denn mit der Gepäckbezahlung aussehe. Dann eben nicht.

Von der Oberstadt ging es weiter zum großen Supermarkt, in dem ich schon am ersten Abend gewesen war. Ich brauchte Zuckernachschub. Diesmal in Form von Cupcakes.

Auf dem Weg kam ich an einem schönen Park vorbei. Bei dem zur Abwechslung mal strahlendem Sonnenschein besonders angenehm.

An meinem letzten Tag in Rivière-du-Loup waren mir die Aktivitäten ausgegangen. Also beschränkte ich mich darauf, an der Straße Richtung Supermarkt zweimal auf- und abzulaufen, damit ich auf meine täglichen 10.000 Schritte kam. Dabei hörte ich mein Hörbuch und hatte so einen schönen Nachmittag. (Mama, ich höre Sarah Booth. Die Qualität nimmt leider weiterhin ab.)

Der Abend im Hostel war ziemlich nervig. Es kamen irgendwie ein paar Großfamilien mit Horden von Kindern an. In einem großen Kasten wie in dem Hostel in Quebec verläuft sich das. Aber wenn die Unterkunft quasi ein Einfamilienhaus ist, dann ist mir das echt zu viel.

Auch wenn ich die Unterkunft gemocht hatte, hielt sich mein Abschiedsschmerz deshalb in Grenzen. Obwohl, Lust auf die Weiterreise hatte ich auch nicht.

Denn dafür musste ich um Mitternacht aufbrechen und zu dem verlassenen Gleis laufen, wo ich die nächsten 45 Minuten mutterseelenalleine in der Dunkelheit verbrachte.

Gelungenes Foto vom Gleis

Natürlich war es nicht nötig gewesen, 45 Minuten früher am Gleis zu sein, wie die Mail vom Bahnunternehmen behauptet hatte. 

Aber zu meiner großen Erleichterung tauchten um 1:05 Uhr gleißende Lichter in der Ferne auf. Eine Minute später war klar: Das ist der Zug. Auf die Minute pünktlich. 

Für mein Gepäck musste ich auch nicht extra zahlen (die Website war diesbezüglich verwirrend gewesen). Stattdessen half mir die Schaffnerin, meinen Rucksack zu verstauen, führte mich zu einem Doppelsitz, den ich für mich alleine hatte und erklärte mir noch nett, wo Toiletten und Bistro zu finden sind. Vorzüglicher Servive.

Die Sitze hatten ganz viel Beinfreiheit und alle im Abteil waren ganz leise, sodass ich einige Stunden Schlaf bekam. Der Zug war eine richtige Bummelbahn und so brauchten wir mehr als fünf Stunden, bis wir im 300 Kilometer entfernten Campbellton ankamen. Als ich dort am frühen Morgen ausstieg, hatte ich die Provinz Quebec verlassen und war nun in New Brunswick und damit wieder auf englischsprachigem Territorium.

Leider war meine Fahrt in Campbellton nicht zu Ende, denn mein Ziel war Halifax in der Provinz Nova Scotia. Das bedeutete noch zwei lange Busfahrten. Die Sache ist die: Der Zug fuhr auch weiter nach Halifax, aber durch den Umstieg auf den Bus sparte ich exakt 49 Euro. Das war es mir wert.

Bis zur Abfahrt meines ersten Busses musste ich noch eine Stunde warten. Netterweise konnte ich diese Stunde im Bus verbringen, der fast zeitgleich mit mir schon an der Tankstelle neben dem Bahnhof ankam, wo die Haltestelle war.

Selfie von mir auf der Bahnhofstoilette. Ich erinnere mich stark an Professor Trelawney. Aber besonders in öffentlichen Verkehrsmitteln kann es von Vorteil sein, leicht verrückt zu wirken. Dann setzt sich nicht so schnell jemand neben dich.

Im ersten Abschnitt fuhr uns die Busfahrerin nach Moncton. Dort noch eine Stunde warten. Es regnete mal wieder in Strömen, aber wir konnten uns zum Glück unterstellen.

Der Regen hörte die ganze Fahrt bis nach Halifax nicht mehr auf, sodass mein Gepäck und ich gegen 19 Uhr durchnässt in der Saint-Mary’s-Universität auftauchten, meinem Schlafplatz für die nächsten zwei Nächte.

Die Uni vermietet in den Semesterferien die Studentenbuden. Also ich gehe davon aus, dass das die Studentenbuden sind. Super praktisch, denn das sind Einzelzimmer und zwar nicht billig, aber im Hostel hätte ich für ein Bett im Schlafsaal genauso viel bezahlt.

Ich lief in der Dunkelheit noch einmal los zum Supermarkt. Ich hatte diesmal keine Küche, aber ich brauchte doch noch etwas zur Feier des nächsten Tages. Statt einer Torte suchte ich mir ein paar bunte Cupcakes aus, da braucht man kein Besteck.

Eine Schachtel Cupcakes - mein Geburtstagsgeschenk für mich selbst

Und dann war mein zweiter Geburtstag auf Reisen gekommen. Mensch, ich kann mich doch noch genau an meinen Geburtstag 2023 erinnern. Damals war ich in George Town in Malaysia gewesen. Zum Frühstücken war ich in einem Café, dann Strand, und Abendessen bei einem mega leckeren Chinesen.

Und 2024? Cupcakes im Bett und Faulenzen. Auch sehr gut. Gegen Mittag machte ich mich doch noch ausgehbereit. Ich hatte nur einen vollen Tag in Halifax. Den wollte ich natürlich auch für ein wenig Sightseeing nutzen.

Als erstes besuchte ich einen Botanischen Garten. Der hat mir richtig, richtig gut gefallen. Ganz viele Blumen und einen Pavillon gab es, in dem eine Band gespielt hat. Ich weiß gar nicht, was das für ein Musikstil war, aber eben sowas, was man flanierenden Spaziergängern an einem strahlenden Sonntagnachmittag in einem gepflegten Park so vorspielt.

Danach bin ich etwas durchs Zentrum von Halifax gelaufen. Das kam mir recht überschaubar vor. Auf dem Hügel, auf dem die Zitadelle von Halifax steht, war ich noch. Die Zitadelle selbst habe ich mir nicht angeguckt, aber man hatte von der Erhebung einen netten Ausblick auf die Stadt.

Sehr gut gefallen hat mir die Promenade am Wasser. Da war an diesem schönen Sonntag jede Menge los.

Schließlich machte ich mich auf die Suche nach einem Lokal, in dem ich meinen Geburtstag angemessen noch ein wenig feiern konnte. Dabei kam ich an einer kleinen Pommesbude vorbei und ein Schild in der Auslage haute mich ja fast aus den Socken.

WIL - Bernkastel-Wittlich. Mein Landkreis. Verrückt.

Nein, ich habe leider nicht nachgefragt, wie dieses Schild in die Auslage kam. Hätte ich mal besser gemacht. Aber ich gehe davon aus, dass da jemand ausgewandert ist.

In Sachen Lokal wurde ich auch noch fündig. Ich suchte mir das Pub „Stubborn Goat“ (Sture Ziege) aus. Der Name gefiel mir. Ganz untypisch für mich bestellte ich mir dort sogar ein Bier. Sylvie hatte mir empfohlen, ich sollte doch ein Alexander Keith’s probieren. Das ist das lokale Bier hier.

Ich habe ja nun gar keine Ahnung von Bier, aber es hat mir geschmeckt. Dazu gab es Chicken Wings mit Trüffelpommes. Essenstechnisch also wieder ein sehr sündiger Tag.

Am nächsten Morgen packte ich meine Sieben Sachen schon wieder und kehrte Halifax den Rücken. Ich machte mich auf den Weg zum Flughafen, um dort meinen Mietwagen für die nächste Woche abzuholen.

Und ich muss gestehen, dass ich mir für die Fahrt einen Uber gönnte. Die Busfahrt zum Flughafen wäre soo umständlich gewesen. Und wer hätte schon ahnen können, dass ich mir die Uberfahrt hätte sparen können…

Ich war pünktlich am Flughafen, fand recht schnell den Mietwagenschalter und wurde von einer freundlichen Mitarbeiterin begrüßt. Die nahm meine ganzen Daten auf und wollte dann noch meine Kreditkarte für das Sicherheitsdeposit. Tja und da war die Kacke dann da. Meine Karte war ihr nicht gut genug. Weil es keine „echte“ Kreditkarte sei, sondern nur eine Debitkarte. 

Sie wollte kein Cash, kein Paypal, keinen Transfer, nicht die Daten meiner Karte in Deutschland. Nada. Nur eine waschechte, physische Kreditkarte eines namhaften Anbieters. Ich hatte bislang noch nie Probleme mit  meiner Karte gehabt, auch in Situationen, in denen Kreditkarten gefordert waren. Und hier kacken die so rum. Und bezahlt war der Wagen ja auch schon.

Ja, da saß ich nun also am Flughafen. Meine nächsten Unterkünfte in entlegenen Gebieten waren gebucht. Mein erster Gedanke war, diese Unterkünfte abzusagen und noch zwei Wochen an der Uni in Halifax zu verbringen. Da hatte ich aber keine große Lust drauf.

Also nächster Plan. Den einzigen Bus, der täglich nach Cape Breton fährt, hatte ich noch nicht verpasst. Schnell online den Bus gebucht. Der würde leider sechs Kilometer vor meiner Unterkunft an einer Tankstelle im Nirgendwo halten. Also noch eine Mail an die Besitzerin geschrieben, ob sie mich an der Tankstelle abholen kommen könne. 

Nach dieser kleinen Umorganisierung musste ich noch drei Stunden am Flughafen auf den Bus warten. Statt durch die wilde Natur von Nova Scotia zu sausen, hatte ich also mal wieder diesen Anblick hier.

Zum Glück schrieb mir während der Busfahrt die Hostelbesitzerin, dass sie mich in der Tat abholen könne. Als wir gegen 20:30 Uhr an der Tankstelle ankamen, war Nancy noch nicht da, sodass ich schnell in den angeschlossenen Supermarkt lief, um mir eine große Packung Käse zu kaufen. Ich hatte noch ein Pfund Nudeln. Dann gibt es jetzt eben die nächsten Tagen Nudeln mit Käse. Ohne Auto komme ich hier schlecht zu einem Supermarkt.

Nach meinem Einkauf war Nancy da, die gleich einen sehr freundlichen Eindruck machte. Und die Unterkunft gefiel mir auch richtig gut. Wieder vom Typ Wohnhaus. Neben mir waren nur noch zwei andere Gäste da. Ein älterer Mann, der schon im Bett war und dann noch Lea aus Australien.

Mit Lea unterhielt ich mich ein wenig. Die war übrigens mit dem Mietwagen unterwegs, für den sie ihre Debitkarte genutzt hatte.

Meine Wäsche wusch ich zwischendurch noch und den Abend ließen Lea und ich auf dem Sofa ausklingen und schauten zwei Folgen von „The Blacklist“.

Heute Morgen ist Lea abgereist. Ich habe lange geschlafen und tippe jetzt diesen Bericht und ein wenig umorgansieren muss ich auch noch.

Ich muss mal gucken, ob ich in den nächsten beiden Tagen ohne Auto noch etwas gemacht bekomme. Nancy fragte mich nach meiner Ankunft, ob ich sicher sei, dass ich vier Tage hier bleiben wolle, da es ohne Auto eben echt kacke ist.

Aber wisst ihr was. Ist mir jetzt auch egal. Wenn ich echt nichts machen kann, dann bleib ich eben die nächsten Tage auch noch im Haus und faulenze. Da habe ich keine Probleme mit. Nur um die tolle Natur, die ich nun verpasse, ist es natürlich echt schade.

Aber die Zugabe ist dann in Edinburgh, und die wird dafür bestimmt umso besser.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Opa Hans

    Na Hallo, so ein Pech aber auch mit dem Mietauto. Ich denke aber Deinem Bildungshunger hat es trotzdem nicht den Appetit verdorben. Zumal Du ja am letzten Ort noch mal hinsichtlich Landschaft reichlich entschädigt wurdest.
    Jetzt freue ich mich schon auf Deinen Besuch und wünsche für die verbleibende Zeit und den Rückflug keine Pleiten, Pech und Pannen mehr.

    1. Anne

      Hey Opa, ja ach ohne Mietwagen geht auch irgendwie, ne davon lass ich mir die Lust aufs Reisen nicht vermiesen 🙂 Ich freue mich auch schon auf meinen Besuch. Kaum zuhause angekommen, geht ja die Reise da schon gleich wieder weiter.

  2. Martin Laugks

    Ebenso herzliche Geburtstagsgrüße, verbunden mit allen guten Wünschen! Besonders nach der „Kreditkarten-Panne“ noch einen guten positiven Abschluss deiner Weltreise! Genieße Nova-Scotia!
    Ich war 2014 dort auf Rundreise mit einem Mietwagen! LG Martin

    1. Anne

      Vielen Dank, Martin. Ich habe mich von der Panne ganz gut erholt und gucke nun eben, was ohne Auto möglich ist. Aber Rundreise mit Mietwagen hätte ich natürlich auch lieber gemacht. Deswegen erwarte nicht zu viel von meinen letzten Abenteuern.

    1. Anne

      Hey Matthias, vielen Dank für die Glückwünsche. Die freie Stelle überlasse ich lieber anderen. Aber ich freue mich, wenn Rheinland-Pfalz sich freut, wenn ich zurückkomme. Berichte anderer Art kannst du ja dann weiterhin von mir lesen 😀

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