Meine Cousine hat mich daran erinnert, dass ich ja genau vor fünf Jahren zu meiner ersten Weltreise aufgebrochen bin. Fünf Jahre her. Darüber komme ich gar nicht hinweg. Für mich hängen die beiden Reisen ganz dicht beisammen.
Kommen wir zu den neuesten Entwicklungen auf Reise 2. Ich arrangierte mich damit, dass ich nun doch keinen Mietwagen hatte. Und das lag daran, dass es mir in Nancys Hostel einfach soo gut gefiel.
Fotos hatte ich euch ja schon beim letzten Mal gezeigt. Es war einfach gemütlich, ruhig, sauber. Die Küche war perfekt ausgestattet, durch das Schlafzimmerfenster wehte immer ein frisches Lüftchen. Ich hatte den Schlafsaal außerdem zwei Nächte für mich alleine. Jackpot.
An meinem zweiten Tag verließ ich das gemütliche Wohnzimmer gar nicht. Ich hatte noch genügend Reste in meiner Essenstüte, sodass ich nicht verhungern musste. Ich schrieb in Ruhe meinen letzten Blogeintrag, daddelte ansonsten ein wenig rum und schaute mir noch ein paar Folgen von Blacklist an. Da hatten Lea und ich am Vorabend ja mit angefangen gehabt.
An dem Abend hatte ich fast sturmfrei. Außer mir war nur ein anderer Gast da. Don war schon etwas älter. Ich glaube, er kam aus Kanada, aber ich hatte Probleme, ihn zu verstehen. Don schaute ein wenig Blacklist mit mir, bevor er ins Bett ging.
Am zweiten Tag holte Nancy mir das Fahrrad hervor. Es war sau heiß an dem Tag. Nicht mexikoheiß, aber deutschlandhochsommerheiß. Trotzdem schmiss ich mich am Nachmittag in die Pedale.
In fünf Kilometer Entfernung gab es einen kleinen Park, den Whycocomagh Provincial Park, mit ein paar Wanderwegen. Ich hatte ja schon Kreislauf, als ich ankam, weil es so heiß war.
Mein Fahrrad durfte ich hinter dem Kassenhäuschen vom Campingplatz verstauen, der in dem Park beheimatet ist. Dann machte ich mich an den Aufstieg. Ich wollte dem Salt Mountain Trail folgen, der durch den Wald bis hinauf auf einen Bergrücken führt.
Ich kam nur langsam voran und der Schweiß floss aus allen Poren. Zum Glück wurde ich auf dem Berg mit schönen Aussichten auf den Bras d’Or See belohnt. Sonst hätte ich ganz schön geschimpft.
Zur Sicherheit hatte ich mir übrigens meine Trillerpfeife umgehängt. Es gibt auf Cape Breton Island zwar zum Glück keine Grizzlys, aber immerhin Schwarzbären und Kojoten. Und Elche, aber ich habe gar keine Ahnung, ob die eine Grundaggression mitbringen.
Nach dem Wiederabstieg schaute ich noch schnell im Supermarkt von Whycocomagh vorbei. Wo ich doch einmal mobil war. Ein freundlicher Kunde machte mich auf dem Parkplatz darauf aufmerksam, dass ja eigentlich gerade gar kein Fahrradwetter sei.
Um wenigstens einmal am Wasser gewesen zu sein – Strände waren mit dem Fahrrad schlecht erreichbar – hielt ich auf dem Rückweg an einem kleinen Bootshaus.
Zurück im Hostel kochte ich mir in Nancys Küche ein einer Wanderin angemessenes Festmahl zum Abendessen. Nancy und Don waren ganz beeindruckt, dass ich Fahrradtour plus Salt Mountrain Trail gemeistert und überlebt hatte.
Nach einer frischen Dusche und dem Abendessen ließ ich den Abend wieder mit der Blacklist auf dem riesigen Sofa ausklingen.
Auf dem Weg zum Supermarkt war ich an einem Wegweiser zu einem weiteren Wanderweg vorbeigekommen, dem Whycocomagh Mountain Trail. Na klar, am nächsten Mittag schnappte ich mir wieder das Fahrrad und machte mich auf den Weg.
Ich fühlte mich etwas unwohl dabei, das Fahrrad, für das ich nur ein dünnes Schloss hatte, an der Straße zurückzulassen. Nancy war so stolz auf das Rad und ich hatte keine Lust, mir das klauen zu lassen.
Aber letztendlich entschied ich mich dagegen, es mit auf den Trail zu nehmen. Ich bin nun mal Wanderin und keine Radlerin. Sorry, Onkel M.
Der Wanderweg war nun sicher nicht das Touristenhighlight von Cape Breton. Im Grund handelte es sich um eine Hinterlandschotterstraße, die eine Schneise in den Wald schnitt. An genau einem Punkt hatte ich einen Ausblick auf den See. Ansonsten nada.
Aber auch gut. Ich widmete mich meinem Hörbuch und schaltete ab. Auf Cape Breton Island gibt es mit dem Cabot Trail einen sehr beliebten Wanderweg, der ganz toll sein muss. Aber der ließ sich selbst mit Fahrrad nur schwer erreichen. Und so musste ich eben nehmen, was kommt. Und eines Tages eben wieder herkommen.
Auf dem Rückweg nahm ich einen Trampelfpad durch den Wald. Hätte ich nicht tun sollen. Fand ich super gruselig. Wegen der Bären und so. Überflutet und vermatscht war der Weg auch an vielen Stellen. Ich fand einen Kojoten-Fußabdruck im Matsch. Und eine Schlange. Wahrscheinlich eine harmlose Natter, aber nicht allzu klein.
Als ich die ersten Häuser von Whycocomagh sah, begann es zu tröpfeln. Ich beeilte mich also, hielt aber noch einmal schnell am Supermarkt, weil ich meine Wanderbemühungen mit einer Cola begießen wollte.
Der Himmel ließ es zum Glück mit den paar Tropfen gut sein, sodass ich trockenen Fußes im Hostel ankam. Dort folgte die gleiche Routine wie am Vortag: Duschen, Festmahl, Blacklist.
Gegen 21 Uhr kam Lea zurück. Sie war die vergangenen zwei Tage im Norden von Cape Breton Island unterwegs gewesen und übernachtete nun noch einmal bei Nancy, bevor es für sie zurück nach Halifax ging.
Wir machten uns also zu zweit einen gemütlichen Abend vorm Fernseher und packten noch unsere Rucksäcke, bevor wir ins Bett gingen.
Nancy brachte mich am nächsten Morgen wieder zur Bushaltestelle in Whycocomagh. Dort lernte ich Jeanette kennen. Jeanette wohnt auf Cape Breton Island und war auf dem Weg zu einem Mädelswochenende. Sie ist Krankenschwester im Ruhestand und genießt jetzt ihr Rentnerleben in vollen Zügen.
Wir saßen auf der Busfahrt nebeneinander und unterhielten uns gut. Jeanette wurde in New Glasgow von ihren winkenden Freundinnen vom Bus abgeholt. Ich stieg eine Station später in Truro aus. Für mich winkte leider niemand. Dafür stand mein nächster Bus schon bereit, der mich bis nach Amherst brachte.
In Amherst fand ein weiterer Buswechsel statt. Dieser letzte Bus brachte mich nach Prince Edward Island, aber in Kanada sagt man einfach PEI. Alle Busse waren an diesem Tag übrigens gut gefüllt.
Ich stieg in der Stadt Charlottetown auf PEI aus und musste noch etwa 20 Minuten bis zu meinem neuen Hostel im Zentrum der Stadt laufen.
Charlottetown machte auf den ersten Blick einen netten Eindruck. Nicht zu groß, nicht zu laut.
Auch das Hostel gefiel mir gleich. Sehr behaglich. Mit Blümchentapete, Ledersofa und Holzvertäfelung.
Meinen Check-in übernahm Johanna aus Deutschland, die aktuell im Hostel aushilft. Wir stellten schnell fest, dass Johanna sowohl Lea als auch Nancy kennt. Die Backpackingwelt ist eben klein.
Also alles schick im Hostel, ich muss aber gestehen, dass ich trotzdem ganz schönes Heimweh nach Nancys Hostel hatte. Wäre ich doch bloß bis zu meinem Abflug dort geblieben.
Ganz untypisch für mich, zog ich an meinem Ankunftsabend noch einmal zu einem größeren Spaziergang los. Zuerst schaute ich mir kurz Downtown Charlottetown an.
Danach lief ich über den Victoria Park zum Wasser. Am Hafen von Charlottetown fließen drei Flüsse in die Northumberlandstraße. Am Park und im Zentrum gibt es Promenaden und im Zentrum zusätzlich noch einige Restaurants und Bars am Wasser.
Wie ihr seht, dämmerte es auf meinem Spaziergang schon ziemlich und als ich mich schließlich auf den Rückweg machte, tauchte die untergehende Sonne den Himmel in die schönsten Pink- und Lilatöne.
Gestern Morgen weckte mich meine Nase schon um 7:30 Uhr. Zwei meiner Mitbewohnerinnen machten sich ausgehfertig und zu ihrer Morgenroutine gehörte es, sich in Parfümschwaden zu hüllen. Ich werde diese Menschen nie verstehen, die es für unproblematisch halten, sich in Schlafsälen komplett einzusalben.
So richtig einschlafen konnte ich nicht mehr. Dadurch schaffte ich es wenigstens zum kostenlosen Frühstück, das immer bis 10 Uhr angeboten wird. Leider gab es nur Toast mit Marmelade.
Um 10:30 stand ich vor dem Haus, um meine Wanderung zu beginnen. Über PEI führt der 470 Kilometer lange Confederation Trail. Ein Abzweiger geht auch nach Charlottetown. Meine Idee war, den Trail einfach mal ein bisschen abzuwandern, bis ich mich nach Umkehren fühlte.
Der Trail war ein breiter, gut ausgebauter Schotterweg. Steigung quasi nicht vorhanden. Deshalb war das Ganze eher ein langer Spaziergang als eine Wanderung. Und spektakulär ist was anderes. Ich vermute mal, dass man für die richtig guten Abschnitte des Weges eben an die Küsten fahren muss.
Aber ich machte es wieder so wie in den vergangenen Tagen. Ich machte mir mein Hörbuch an und stiefelte einfach immer weiter. Diesmal hörte ich übrigens „Couchsurfing in Russland“ von Stephan Orth. Sehr unterhaltsam.
Am Ende des Tages zeigte mir mein Handy an, dass ich 30 Kilometer gelaufen war. Nicht schlecht. Da kann man dann immer viel Schokolade essen hinterher.
Und ich muss sagen, ich musste mich die letzten Kilometer richtiggehend schleppen, weil mir die Füße so weh taten.
Kurz ausgeruht und mit einer Schüssel Abendessen vor mir, unterhielt ich mich in der Küche mit einem namenlosen Deutschen, der mit mir zusammen am Vortag angekommen war. Er hatte sich die Mühe gemacht, mit dem Bus an einen Strand auf der anderen Inselseite zu fahren. Die Busse hier muss man im Voraus buchen, sonst kommen sie nicht.
Mein deutscher Mitreisender meinte jedenfalls zu mir, dass der Strand, den er gesehen hatte, zwar schön war, aber an der Nordsee sei es auch schön und er habe das Gefühl, dass ein wenig zu viel Wind um PEI gemacht werde. Ich könne also ruhigen Gewissens in Charlottetown bleiben und einfach weiter nur so ein bisschen vor mich hinwandern. Ich hatte ihm nämlich gesagt, dass ich wenig Lust darauf hatte, in meinen letzten Tagen noch große Abenteuer zu erleben, aber hatte natürlich auch FOMO (Angst, etwas zu verpassen).
Nach meiner heutigen Weckung durch die Parfümterroristinnen und dem anschließenden Marmeladentoastfrühstück brachte ich erst einmal meine Klamotten in den Tante-Emma-Laden/Wäscherei.
Im Anschluss machte ich mich auf den Weg zum Beginn des Island Walks. Das ist ein rund 700 Kilometer langer Rundwanderweg, der einmal um PEI führt. In einigen Abschnitten überschneidet er sich mit dem Confederation Trail.
Ich glaube, nach dem heutigen Tag habe ich auch den Unterschied zwischen beiden Wanderwegen verstanden: Während der Confederation Trail ein eigens angelegter Wanderweg ist, nutzt der Island Walk vorhandene Wege und ist quasi nur eine Anleitung, wie man am besten einmal die Insel umrundet.
Und deshalb war diese Wanderung heute auch wirklich der Tiefpunkt der vergangenen Tage. Zuerst einmal folgte ich für die ersten vier Kilometer wieder dem Confederation Trail, bevor der Island Walk nach links abzwackte. Und dann ging es nur noch an der Hauptstraße entlang und durch Industriegebiet. Alles war furchtbar unsehenswert, sodass ich nach nur acht Kilometern schon wieder umkehrte.
Auf dem Rückweg machte ich noch Mittagspause bei Boston Pizza. Ich bin nämlich mit Kochen fertig, habe ich beschlossen. Meine Lebensmittelvorräte sind ziemlich aufgebraucht und ich will keinen Nachschub mehr besorgen, weil ich ja in zwei Tagen schon nach Schottland fliege.
Für die letzten Kilometer bis zum Hostel musste ich meinen Regenponcho herausholen, kam aber noch relativ trockenen Fußes an. Inzwischen hat es sich ganz doll eingeregnet. Ich hoffe, dass sich das wieder legt. Ich muss ja demnächst noch einmal los, um meine Wäsche aus dem Tante-Emma-Laden/Wäscherei abzuholen.
Guten Abend daheim! Ich hoffe mit großer Freude! LG Martin
Auf jeden Fall 🙂
Ja, Anne, es sind wirklich wieder tolle Bilder. Um die Erlebnisse die mit diesen Bildern verbunden sind könnte man Dich beneiden mit den Strapazen
allerdings weniger. Von wem Du den Wandertrieb wohl hast. Dein Papa vertrat immer den Standpunkt, ein Kraftfahrer läuft nicht weiter als sein Auto lang ist.
Übrigens, das Foto von Dir vor dem Bus erinnert mich wie ich Dich in Dresden habe nach Prag abfahren sehen.
Damals bei mir mit gemischten Gefühlen löst es heute ware Freude aus, dass in wenigen Tagen Dein abenteuerliches Unternehmen einen Abschluss findet.
Ja, das waren nochmal tolle Bilder! Dann kann man die nur eine gute Rückreise wünschen! LG Martin
Danke dir, Rückreise ist geglückt 🙂
Danke Opa, ein letzter Blogeintrag mit tollen Bildern kommt auch demnächst 🙂
Also die Bilder aus dem Ort sind ja wirklich herrlich. Zugegeben, die von den Wanderwegen tatsächlich ein wenig unspektakulär 🙂
Echt verdammt schade, dass das mit dem Mietwagen nicht geklappt hat. Umso schöner, dass du in netten Hostels untergekommen bist.
Ja, echt schade. Aber wenigstens hatte ich so eine Ausrede, die letzten Tage langsam angehen zu lassen 😀