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Frieda ist jetzt ein Christkind

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  • Beitrags-Kategorie:Asien / Weltreise

Maikatzen sind die besten Katzen, hat meine Oma einmal zu mir gesagt. Die sind am stärksten und robustesten. Meine Katze Frieda war etwas ungeduldig und kam im April auf die Welt – am 20. April 2001. Omas haben fast immer recht, aber hin und wieder dürfen sie auch irren. Denn meine Aprilkatze wurde 18 Jahre und sechs Monate alt. Ein Menschenjahr sind fünf Katzenjahre heißt es. 92,5 Jahre. Heute an Heilig Abend hat Frieda beschlossen, dass es nun genug ist. Und deshalb sitze ich an Weihnachten heulend auf einer thailändischen Insel und habe nichts besseres zu tun als meinen Reiseblog dazu zu verwenden einen bescheuerten Nachruf auf meine Katze zu schreiben, der sie selbst nicht die Bohne interessiert hätte.

Ich verstehe, wenn die meisten von euch nicht von den Heldentaten einer grummeligen Moselkatze lesen mögen, die ihr vielleicht nicht einmal persönlich kanntet. Aber ich muss mich irgendwie beschäftigen. Frieda, diese Zeilen sind für dich, ob du willst oder nicht.

Als Frieda zu uns kam, war ich 14, oder vielleicht gerade 15 geworden. Ich ging in die 9. Klasse und hatte meinen Eltern seit Ewigkeiten damit in den Ohren gelegen, dass ich eine Katze möchte. Ich bin stolz darauf sagen zu können, dass ich sie mürbe klopfte. Als ich eine Anzeige im örtlichen Nachrichtenblättchen fand – „Katzenbabys zu verschenken“ – ergriff ich meine Chance und machte einen Besichtigungstermin aus. 

Ich bin mir allerdings nicht mehr sicher, ob ich meine Eltern darüber im Voraus informierte, oder diese erst im Nachhinein zwangsweise ihre Zustimmung gaben. 

In dem Wurf waren vier Kätzchen, die ich in den nächsten Wochen immer wieder besuchte. Drei waren ziemlich verschmust und blieben immer in meiner Nähe. Die vierte interessierte sich nicht sonderlich für mich, sie wollte die Welt sehen. Mir war sofort klar, das wird meine Frieda.

Als die Kätzchen einige Wochen alt waren, schlug die Besitzerin der Katzenmama vor, dass ich Frieda probeweise schon einmal für ein paar Stunden mit nach Hause nehmen könne. Meine kleine Schwester Marie und ich machten uns begeistert auf den Weg zu den Kätzchen. Wir besaßen noch keinerlei angemessene Ausstattung und transportierten Frieda und eines ihrer Geschwisterchen in einem weidengeflochtenen Einkaufskorb, den wir mit Geschirrtüchern abdeckten, die zwei Kilometer nach Hause. 

Frieda hatte im Gegensatz zu ihrer Schwester nicht die Absicht, brav im Korb liegen zu bleiben, ihr Köpfchen guckte regelmäßig unter den Geschirrtüchern hervor. Ihre Flucht plante sie just für den Moment, in dem wir an einem von uns gefürchteten Rottweiler vorbei mussten, der uns hinter seinem Gittertor ankläffte. Marie und ich waren doch etwas nervös, weil wir Frieda ungern an den Hund verfüttern wollten. Aber wir kamen unbeschadet zu Hause an. 

Von diesem ersten Besuch machte ich – noch mit der Analogkamera mit Rollfilm – ein Foto, das ich bis zum Beginn meiner Weltreise in meinem Portemonnaie mit mir herumtrug. Ich habe das Foto leider nicht in mein Reiseportemonnaie gesteckt, sonst hätte ich es hier gerne gezeigt. 

Aber auch in späteren Jahren war Frieda natürlich unser bevorzugtes Fotomodel, sie selbst begegnete den Selfieversuchen meiner Schwester und mir meist mit Desinteresse.

 

Als wir Frieda endlich permanent mit zu uns nach Hause nehmen konnten, versuchten Marie und ich als ersten Akt, ihr den Weg zum Katzenklo beizubringen, indem wir sie wiederholt dorthin trugen. Frieda hatte relativ schnell die Schnauze voll von dieser Übung, sprintete uns davon und stürzte sich kopfüber die Treppe aus dem ersten Stock hinab. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir es geschafft hatten, unsere Katze nach nur fünf Minuten zu töten. Aber sie schaute lediglich aus dem Erdgeschoss zu uns hinauf und mauzte uns vorwurfsvoll an.

Meine zweitälteste Erinnerung an Friedas Eingewöhnungsphase waren die Versuche ihr unseren Garten zu zeigen. Es war eine Aufgabe für die komplette Familie. Wir waren ja alle katzenunerfahren und stellten uns möglicherweise etwas blöde an. Aber wir hatten Angst, dass Frieda uns abhaut und nie wieder ihren Weg zurückfindet. So standen wir alle Vier also an verschiedenen Enden unseres Gartens und versuchten einen vierpfotigen Wirbelwind im Zaum zu halten, der gerne die Biege machen wollte. Ich muss heute noch über uns lachen.

Wir konnten sie natürlich auch später nicht vor allem Unheil bewahren. Vorm Tierarztbesuch zum Beispiel, den sie hasste, und dort oft zur theatralischen Furie wurde. Einmal schaffte sie es mysteriöserweise auf unseren Riesenkaktus zu klettern. Sie machte Bekanntschaft mit dem Gartenteich der Nachbarn und ich erinnere mich an eine schreckliche Nacht, in der Frieda sich im Bett neben mir die Seele aus dem Leib kratzte weil sie von Killerflöhen heimgesucht wurde (die mich allerdings vollkommen in Ruhe ließen). 

Solche Risiken gibt es eben im Leben einer Freigängerin. Und das war Frieda durch und durch. Wenn sie mal nicht nach draußen durfte, stellte sie sicher, dass uns ihr Unmut nicht entging. Unser Garten war einer von Friedas Lieblingsplätzen, vor allem wenn Mama gerade darin werkelte und ihr Gesellschaft leistete.

 

Maries Hochbett war noch so ein Lieblingsplatz, dort hatte sie tagsüber ihre Ruhe vor uns und meine arme Schwester mit ihrer Katzenallergie brachte es auch nicht übers Herz, sie abends zu verscheuchen. Die kalten Fliesen in der Küche, nach einem Sommerabenteuer in den Gärten der Nachbarschaft, liebte sie. 

Später, als es mit der Mobilität nicht mehr ganz so gut klappte, war der Hinterhof ihr Tor zur Welt da draußen. Den Platz auf der Waschmaschine in der Waschküche richteten wir ihr vor unserem ersten Urlaub ein. Inklusive Katzenklappe. Natürlich kletterte sie nach alter Katzensitte in jede Box und jeden Kasten, der ihr auf ihren Streifzügen durchs Haus begegnete. Ihr Lieblingsplatz Nummer Eins, war aber ihr gefüllter(!) Futternapf. 

Böse Zungen behaupteten von Zeit zu Zeit, Frieda sei etwas rundlich um die Hüfte. Aber damit passte sie ganz gut zur Koarkschen Sippe. 

Ich kann mich daran erinnern, dass wir es in den ersten Jahren tatsächlich wagten, der Katze Aldifutter zu servieren. Wie konnten wir nur. Unter Sheba machte man es in fortgeschrittenem Alter nicht mehr. Noch lieber mochte sie natürlich unser Menschenessen. 

Marie erzählt immer noch gerne die Geschichte von dem einen Mal, als sie sich ein schmackhaftes Calamarigericht zubereitete und den Fehler machte, sich kurz von ihrem Essen abzuwenden. Als sie zurückkam starrte ihr Frieda entgegen – mit großen Augen und noch größerem Tintenfischring im Maul. (Marie, darf ich erzählen dass du daraufhin der Katze den Tintenfischring wieder abgerungen, ihn eiskalt einfach abgewaschen und selber gegessen hast, weil du die Dinger so liebst?)

Ich werde auch niemals den Vorfall mit der Butter vergessen. Aus backtechnischen Gründen stand bei uns in der Küche eine Schale mit geschmolzener Butter auf dem Tisch. Eine Minute passten wir nicht auf. Eine Minute, die Frieda nutzte um das Schälchen halb auszuschlecken. Danach leckte sie sich noch Tage die Butterreste von der Schnauze. 

Das Schinkenbrot fest im Visier

Diese Katze konnte nerven. Wenn sie unsere Sessel zerkratzte, hinter den Fernsehr zwischen die Kabel sprang, wo wir sie jedesmal nur mit Mühe und Not wieder herausfischen konnten, wenn sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins verbotene Schlafzimmer rannte, in einer Ecke auf uns lauerte um uns in die Füße zu zwicken, mich mit ihrem Schnarchen nachts wach hielt, das ganze Haus weckte indem sie in den frühen Morgenstunden mit dem Hinterbein in einer abstrusen Technik an die Tür meiner Mutter „klopfte“. 

In jungen Jahren spazierte Frieda liebend gern in den Kühlschrank in der Abstellkammer, wenn dieser geöffnet war. Als Erziehungsmaßnahme schloss mein Papa einmal die Tür hinter ihr und ließ sie für ein paar Minuten im Kühlschrank sitzen. Das war der Katze aber herzlich egal, ihre Lektion lernte sie damit nicht.

Wieso sollte sie auch? Ich habe noch nie von einer einsichtigen Katze gehört. Eine Katze, die etwas auf sich hält, ist störrisch, eigenwillig, verwöhnt und verschmust nur in denkbar unpraktischen Momenten. In dieser Beziehung hat Frieda volle Punktzahl. Hochnehmen durfte man sie zum Beispiel lediglich in einer bestimmten Haltung. 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Weihnachten Friedas Lieblingsfest war. Welche Katze feiert es nicht, einen tatsächlich richtigen Baum in der Wohnung zu haben, in den man klettern und in Folge Chaos und Zerstörung anrichten kann. Außerdem gab es Weihnachten natürlich Geschenke. Von Mama frischen Lachs, von den Großeltern Sheba und Leckerli. 

Mama hat mich in diesem Jahr mit einem Bilderadventskalender beschenkt. Jeden Tag schickte sie mir ein neues weihnachtliches Foto. Natürlich spielte Frieda eine Hauptrolle. 

Es hat so sollen sein, dass dies die letzten beiden Bilder meiner Katze wurden, die mich mehr als mein halbes Leben lang begleitet hat. Die immer da war, wenn ich nach Hause kam. Die mir verzieh, wenn ich mich wochenlang nicht blicken ließ. 

Wenn ich in einem halben Jahr von meiner Reise zurückkomme, werde ich immer noch die zerkratzte Tapete im Flur sehen, die Katzenklappe im Hof und ich werde Katzenhaare in meinem Bett finden. Aber der Fressnapf in der Küche wird verschwunden sein, die Leckerlis in der Kammer und das Kratzbrett im Wohnzimmer. 

Und ich werde an deinem kleinen Grab im Garten stehen, Frieda, und wieder so unendlich traurig sein, wie ich es jetzt in diesem Augenblick bin.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Mama

    Sie hatte ein langes Leben, sehr viel länger als alle ihre Geschwister, konnte nicht richtig Miau sagen und wurde doch niemals überhört, war eine Diva und trotzdem eine tolle Katze. Ich werde sie vermissen.

  2. Andrea

    Ooooh…was war sie doch für ein wunderschöne kuschlige Katze!!!! Genau mein Typ! – Anne, ich erinnere mich noch an Deine Verabschiedung von ihr … Du hattest es doch damals schon geahnt… Es sollte wohl so sein. 🙁

    1. Anne

      Ja Andrea, stimmt beides. Sie war eine Schönheit und ich hatte es im Gefühl als ich losfuhr 🙁

  3. Marie

    Genau so war sie 💕

  4. Carlo

    Wunderschön geschrieben. RIP

    1. Anne

      Danke Carlo, das bedeutet mir viel.

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