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Übergangstage

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  • Beitrags-Kategorie:Asien / Russland

Ich verrate es euch schon einmal: Ich breche morgen zu einem einwöchigen Trip in die Wüste Gobi auf. Weil es dort kein Internet gibt und ich euch nicht so lange warten lassen möchte, fasse ich vor meiner Abreise noch schnell die letzten Tage zusammen. Obwohl diese keine großen touristischen Highlights aufweisen können. So, jetzt habt ihr richtig Lust weiterzulesen, oder?

Fangen wir mit etwas Traurigem an. Als ich mich am Samstagmorgen von meinem Hostel in Listwjanka verabschiedete, konnte ich Druga leider nicht finden. So musste ich gehen, ohne ihr Tschüss zu sagen. So sind sie eben, diese Katzen.

 Diesmal bin ich nicht mit dem Taxi, sondern tatsächlich mit dem Minibus zurück nach Irkutsk gefahren. Das ist in die andere Richtung auch unkomplizierter, weil ich schon wusste, wo die Busse abfahren. Die stehen am Seeufer und fahren los, sobald der Bus einigermaßen voll ist. In meinem Fall musste ich nicht lange auf die Abfahrt warten. 

In Irkutsk wurden wir in einem etwas schmuddeligen Stadtteil herausgelassen. Nachdem ich dort rausgefunden hatte, kam ich an einer Straße mit schönen alten Holzhäusern vorbei. Leider begann es dann auch ziemlich stark zu regnen, sodass ich nicht so sehr in Fotolaune war. 

Holzhäuser in Irkutsk

Für die letzte Nacht in Russland kam ich in einem Hotel gleich gegenüber vom Bahnhof unter. Ich hatte ein ganzes Apartment nur für mich alleine, mit Küche und Wohnzimmer und Bad und Schlafzimmer. Ich kann gar nicht beschreiben, wie luxuriös sich das für mich angefühlt hat. Ich bin voller Entzückung durch die Wohnung gelaufen, konnte ins Bad, wann immer ich wollte, hatte eine komplette Couch zur freien Verfügung und ganz viel Platz im Kühlschrank. Ich wäre am liebsten noch zwei Tage länger dort geblieben. 

Aber leider musste ich am nächsten Morgen schon früh raus, denn um 8:13 Uhr ging mein Zug nach Ulan-Bator, meine allerletzte Fahrt mit der transsibirischen beziehungsweise transmongolischen Eisenbahn. Dabei war es doch gefühlt erst zwei Tage her, dass ich in Sankt Petersburg zum ersten Mal in den Nachtzug gestiegen war. Seitdem habe ich mehr als 6.000 Kilometer mit dem Zug zurückgelegt. Und nun stand mein Russlandabenteuer nach fast einem Monat kurz vor dem Ende. 

Das Ende meines Russlandaufenthaltes kündigte auch der Zug an, er sah anders aus als sonst. Der Triebwagen war zwar russisch, danach folgten mongolische Waggons.

In dem Zug gab es keine 3. Klasse, deshalb fuhr ich wieder 2. Klasse. Im Viererabteil reiste mit mir nur noch eine andere Frau, die aber nicht kommunikativ war. Die Fahrt war deshalb zu Beginn relativ unspannend, wenn man von der deutschen Reisegruppenpolonaise absieht, die singend an unserem Abteil vorbeizog und mir einen kurzen, aber intensiven Moment des Fremdschämens bescherte. 

Interessant war unser Zwischenstop in Ulan-Ude. Es war der letzte längere Halt vor der Grenze und während wir dort eine halbe Stunde Pause machten, hielt dort auch der wohl bekannteste Zug der Transsibirischen Eisenbahn, die Rossia, die von Moskau bis komplett nach Wladiwostok durchfährt. 

Vor dem Grenzübertritt war ich wieder sehr aufgeregt. Gegen 20 Uhr waren wir in Nauschki, dort finden die Kontrollen auf russischer Seite statt. Unsere Pässe wurden eingesammelt und dann kamen mehrmals Leute vorbei, die unser Abteil kontrollierten, mal mit Hund, mal mit Taschenlampe. Wir mussten dann jedes Mal aus dem Abteil treten, wie bei der Zellenkontrolle im Gefängnis. 

Eine Grenzbeamtin kontrollierte genauestens, ob mein Gesicht zu meinem Passfoto passt und fragte mich, ob ich Drogen oder US-Dollar bei mir habe. Ist wohl beides gleichermaßen gefährlich. Nach zwei Stunden, in denen wir quasi im Zug eingesperrt wurden, war die Prozedur beendet, nur um eine halbe Stunde später auf mongolischer Seite erneut zu beginnen. Auch hier wieder viele Abteilkontrollen, mein Gepäck interessierte die Kontrolleure hingegen nicht. Ich wurde lediglich gefragt, ob ich gefährliche Sachen dabei habe, aufs Nachschauen wurde verzichtet. Gegen kurz nach Mitternacht war auch diese Grenze passiert und meine Abteilnachbarin und ich machten uns für die Nacht bereit. 

Hier noch zwei Fotos aus unserem Abteil.

 

Vor unserer Ankunft in Ulan-Bator will ich noch ein kleines Russlandfazit loswerden. Ich war ja zum ersten Mal dort und hatte vor der Reise wenig Vorstellungen darüber, wie es dort wohl sein könnte. Im Nachhinein bin ich sehr froh, das Land bereist zu haben. 

Was hatte ich dort für schöne Momente: Die prachtvolle Eremitage in Sankt Petersburg, Spaziergänge durch das aufregende, lebhafte, abwechslungsreiche Moskau, die Fahrt mit der Elektritschka in Jekaterinburg, Sommernachmittage am Lenindenkmal in Nowosibirsk, die Regenwanderung am Jenissei in Krasnojarsk und der tolle Ausflug auf die Insel Olchon am Baikalsee. Dann die Weite des Landes, die ich in den vielen Stunden in der transsibirischen Eisenbahn bewundern konnte und nicht zu vergessen die freundlichen Menschen, die trotz Sprachbarriere viel offener waren, als ich das vorher gedacht hatte. 

Russland ist für Individualreisende bestimmt nicht das einfachste Reiseland, wenn man kein Russisch spricht, aber es ist auch nicht unmöglich. Ich würde gerne zurückkommen.

So, und jetzt bin ich also in der Mongolei. Ich kam am Montagmorgen in aller Herrgottsfrühe am Bahnhof in Ulan-Bator an. 

Bahnhof in Ulan-Bator

Ich wurde dort von einem Fahrer in Empfang genommen, der mich zum Hostel brachte, zusammen mit einem Reisenden aus den Niederlanden. Dort angekommen durften wir auch gleich unser Zimmer beziehen und ich bin erstmal komatös bis zum Mittag ins Bett gefallen.

Am Nachmittag machte ich eine ganz kleine Tour durch Ulan-Bator, vor allem war ich auf der Suche nach einem Handyladen um mir eine mongolische SIM-Karte zu besorgen. Entweder habe ich mit der Karte einen großen Fang gemacht, oder irgendwas lief bei der Verständigung schief. Jedenfalls habe ich für angebliche 8 GB Daten umgerechnet 40 Cent bezahlt. Bislang hält das Internet.

Die Stadt begeistert mich bislang ehrlich gesagt wenig. Es ist ein Moloch. So viel Verkehr, so viel Chaos, wenig charmante Gebäude, alles etwas brüchig und in der Mitte der riesige, leere Sukhbaatar-Platz. 

Interessanterweise gibt es hier an den großen Kreuzungen noch Straßenpolizisten, die den Verkehr regeln. Es gibt zwar auch Ampeln, aber die haben anscheinend eher empfehlenden Charakter. Was der Polizist winkt, gilt. Aber auch an Kreuzungen, wo kein Polizist ist, scheinen die Autofahrer sich nicht unbedingt an die Ampel zu halten. Als Fußgängerin ist es hier also etwas komplizierter.

Heute habe ich den Tag sehr ruhig angehen lassen, da ich ja ab Morgen viel Action haben werde. Wir hatten eine Tourvorbesprechung im Hostel. Neben mir wird noch der Niederländer mitfahren, den ich am Bahnhof getroffen hatte und auch zwei junge Franzosen. Ich denke, wir sind eine gute Truppe. 

Am Abend habe ich noch das Geld für die Tour besorgt. Ich bin jetzt Millionärin. Denn ein Euro sind umgerechnet fast 3.000 Tugrik. Der Stapel ist so dick, ich bekomme mein Portemonnaie überhaupt nicht mehr zu. 

Stapel mongolischer Tugrik

Heute Abend gehe ich früh ins Bett um morgen fit zu sein. Ich freue mich so wahnsinnig doll auf die Tour. In sieben Tagen bin ich zurück, dann werde ich mich wahrscheinlich mit einem aus allen Nähten platzenden Bericht wieder melden. (Andrea, ich hoffe, da ist dann ganz viel Natur für dich dabei.)

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Marie

    Vielen Dank für das schöne Fazit. Ich wünsche dir weiterhin eine gute Reise 🙂

  2. Oma & Opa

    Na siehst Du Anne, mit soviel Geld in der Hand sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Und wie schon vorher gesagt, in der Jurte kann man schlecht mit den Türen schlagen und so wird es auch so gesehen etwas ruhiger angehen.
    Auf alle Fälle warten auch wir schon gespannt auf Deinen nächsten Bericht und wünschen Dir bis dahin alles Gute
    und toi,toi,toi.

    1. Anne

      Ich musste auch sofort an deinen Kommentar mit der Jurte von vor ein paar Wochen denken, als ich die Tour gebucht habe. Ich hoffe auf viel Ruhe und Frischluft 🙂

  3. Andrea

    Oh Anne… ich bin ja soooo gespannt!!! Hab eine tolle tolle Reise! Hast Du eigentlich diesen „Ausflug“ schon von hier aus gebucht? – Ich sehe Dich jedenfalls schon vor meinem geistigen Auge im Sonnenuntergang auf einer Düne sitzen 🙂 Du sitzt mit diesen gastfreundlichen Nomaden vor einer Jurte und trinkst einen Tee und reitest auf einem dieser zierlichen Pferde durch die Weite der mongolischen Steppe ;-). Das wird bestimmt sehr interessant und wunderschön! Ich wünsche es Dir! 🙂

    1. Anne

      Den Ausflug habe ich erst in Nowosibirsk oder Krasnojarsk gebucht. Es ist eine der Touren, die von dem Hostel angeboten werden, in dem ich hier in Ulan-Bator übernachte. Und nein, ich werde mich auf keinen Fall auf so ein winziges mongolisches Pferd setzen, das will ich dem armen Tier nicht zumuten 😀

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