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Vietnam ist ein Hochglanzmodel

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Wenn man schon einmal im Norden von Vietnam herumturnt, sollte man nicht vergessen, in der Halong-Bucht vorbeizuschauen. Sagt bestimmt jeder Reiseführer. Sagen auf jeden Fall andere Reisende. Von Hanoi werden Tagestouren angeboten: Vier Stunden hin, vier Stunden zurück. Das muss meiner Meinung nach nicht sein. Deshalb übernachtete ich lieber drei Nächte auf Cát Bà Island im Süden der Halong-Bucht.

Für meinen letzten vollen Tag auf der Insel hatte ich eine vom Hostel angebotene Bootstour durch die Lan Ha- und Halong-Bucht gebucht. Das war eine sehr gemütliche Angelegenheit, da das Boot schön groß war und ein Sonnendeck hatte. (Es war übrigens sehr warm, auch wenn der Himmel nicht danach aussieht.)

In der Halong-Bucht gibt es Tausende kleine Inseln oder Karstfelsen, die aus dem Meer ragen. So eine ähnliche Landschaft hatte ich schon in der Phang-Nga-Bucht in Thailand gesehen. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, standen dort die Felsen aber nicht so dicht beieinander wie hier in Vietnam. 

Wir schipperten auf jeden Fall gemütlich durch das Insellabyrinth und hatten viel Zeit die Szenerie gebührend zu würdigen.

Auf unserer Fahrt begegneten uns immer wieder kleine Hütten, die im Meer schwammen. Anfangs waren es nur einzelne Häuschen, später kamen wir an regelrechten schwimmenden Dörfern vorbei. In den Häuschen leben Fischer. Getrennt von ihren Familien, wie mir einer unser Reiseleiter erzählte, weil es auf dem Meer natürlich keine Schule gibt.

Nach etwa zwei Stunden ankerten wir und für uns ging es dann mit dem Kajak weiter. Ich saß mit einer Holländerin in einem Boot, die wollte, dass ich von ihr so bescheuerte Hinterkopffotos für Instagram mache. Die erste Fotoserie war ihr nicht recht, also machte ich eine zweite. Grrrh. 

Lenken konnte sie auch nicht, was dazu führte, dass wir auf eine Felsbank aufliefen. Bei meinem Versuch uns mit der Hand wieder von der Felsbank abzustoßen, schlitzte ich mir die Fingerkuppe des rechten Zeigefingers auf, weil die Steine scharf wie Skalpelle waren. Es war eine ziemlich blutige Angelegenheit, aber der Finger ist noch dran. 

Davon abgesehen war die Kajaktour sehr schön, da wir unter niedrigen Steinbögen in eine geschützte Lagune gelangten, in die die großen Schiffe nicht hineinkommen.

Das Mittagessen nahmen wir auf dem großen Boot ein. Es gab – wie immer – Reis, Tofu, Ei, Gemüse, und diesmal aber Fisch statt Fleisch. 

Den Nachmittag hatten wir zur freien Verfügung: manche fuhren nochmal Kajak, manche schwammen und ich blieb auf dem Sonnendeck, faulenzte und leistete einer Polin Gesellschaft, die nicht schwimmen kann.

Und damit ging der entspannteste Tagesausflug zu Ende, den ich auf meiner Reise bislang erlebt habe. Nur im Nachklang wurde es noch etwas seltsam. Unser Tourleiter lud uns alle zu einem Bier in einer Bar neben dem Hostel ein. Er meinte dann, jeder der in seinem Beisein eine Fünf-Sterne-Internetbewertung für die Tour schreibt, bekommt ein zweites Bier kostenlos. Er kontrollierte im Anschluss alle Bewertungen wie ein besonders lästiger Lehrer. Ihr könnt euch denken, dass ich keine Bewertung geschrieben habe. 

Am nächsten Morgen sammelte mich ein Bus vor dem Hostel ein. Mit der Autofähre ging es aufs Festland und von da weiter nach Ninh Bình, das etwa zwei Stunden südlich von Hanoi liegt. Ich war etwas verwundert, als ich zusammen mit allen anderen Fahrgästen an einer Hauptstraße in Ninh Bình aus dem Bus gebeten wurde. Ich hatte für einen kleinen Aufpreis extra einen Transport bis zu meinem Hostel gebucht. 

Der Busfahrer verwies mich ans Tourbüro. Die zuständige Mitarbeiterin tätigte einen kurzen Anruf und dann kam auch schon ein Minibus vorgerollt, der mich zu meinem Zielort brachte. 

Mein Hostel war ein Traum. Es lag etwas außerhalb von Ninh Bình in Trang An. Außer kleinen Häuschen und Hütten gibt es dort nur unverbaute Natur. Hier seht ihr mein Hostel und die Terrasse im Seerosenteich, auf der ich meine Abende verbrachte.

 

Den nächsten Tag ließ ich gemütlich angehen und entschied mich dazu, keine große Tour zu machen sondern ganz schlicht zu Fuß die Landschaft rund ums Hostel zu erkunden. Mein Weg führte mich zu einem Fluss, dem ich für eine Weile folgte. Hinter jeder Biegung wurde die Landschaft fantastischer.

Ich war ganz ins Fotografieren versunken, als mich auf einmal von hinten jemand ganz aufgeregt ansprach. Ich drehte mich um und sah einen Mann, der wild auf mein Handgelenk deutete. An diesem trug ich immer noch das Armband, das wir von unserem Hostel in Hanoi für die Ha-Giang-Tour bekommen hatten. 

Der Groschen fiel recht schnell: Der Mann war der Manager des Hanoier Hostels, ich hatte ihn dort einmal auch gesehen. Er war total entzückt darüber, eine Tourteilnehmerin in Ninh Bình zu treffen, machte gleich ein Foto von uns und schickte es seinen Mitarbeitern. Er war gerade auf Erkundungstour in Ninh Bình um eine neue Tour zusammenzustellen.

Wir unterhielten uns kurz. Als ich erwähnte, dass ich auf der Suche nach einem Supermarkt bin, bot mir der Hostelmanager an, mich in seinem Auto zu einem Supermarkt zu fahren. Das lehnte ich aber dankend ab. Hätte ich besser nicht getan, denn in Laufdistanz fand ich leider keine Einkaufsmöglichkeit. Dafür kam ich aber durch ein herrlich winziges Dörfchen, schlug mich durch Trampelpfade im hohen Gras, die bei Google Maps als Straßen eingezeichnet waren und sah so Orte, denen ich im Auto nie begegnet wäre. Hier seht ihr die Hauptstraße des Dorfes und ein typisches kleines Häuschen.

Am Abend aß ich im Hostelrestaurant nach zwei Wochen in Vietnam endlich Pho. Ich weiß nicht, ob es sowas wie das Nationalgericht ist, aber Pho gibt es an jeder Ecke und wird morgens, mittags, abends gegessen. Es handelt sich um eine würzige Reisnudelsuppe mit Rind oder Hühnchenfleisch und frischen Kräutern. Zusätzlich gönnte ich mir frische Frühlingsrollen. 

Die Nudelsuppe war sehr lecker, aber in die Frühlingsrollen habe ich mich regelrecht verliebt. Ich kannte bislang nur diese frittierten Dinger, die ich mal mehr, mal weniger gelungen finde. Aber die frischen Rollen sind damit ja mal überhaupt nicht vergleichbar und einfach der Hammer. (Wahrscheinlich lachen jetzt einige, weil ich das bislang nicht kannte.)

Nach dem Essen war mein Bauch so voll, wie seit Moskau nicht mehr (als ich nach einem zünftigen Essen bei McDonalds zurück in mein Hostel kam, nur um dort festzustellen, dass Hot-Dog-Abend war). 

Heute morgen klingelte mein Wecker schon um halb sechs. Ich musste am Mittag am drei Stunden entfernten Hanoier Flughafen sein. Die Rezeption des Hostels war so früh am Morgen noch unbesetzt, was leichte Unruhe in mir auslöste. Ich musste noch meine Rechnung bezahlen. 

Der Hostelbesitzer kam dann zum Glück doch noch kurz bevor der Bus vorfuhr. Er überreichte mir zum Abschied ein gigantisches Frühstückspaket mit einem riesigen Bananenbrot, zwei Bananen und zwei Sandwiches. Diese Ration brachte mich über den kompletten Tag.

Nach zehn Minuten Busfahrt fiel mir ein, dass ich in der Hektik völlig vergessen hatte, meinen Spindschlüssel wieder auszuhändigen. Ich gab ihn bei einem Zwischenstop im Büro des Busveranstalters ab und bat darum, dass der nächste Fahrer ihn zurück zum Hostel bringen möge. Danach schrieb ich dem Hostel eine zerknirschte Mail. Bislang habe ich keine Antwort erhalten. Peinlich.

Zurück zur Busfahrt. Mal wieder wurden ich und meine Mitfahrer nicht an unserem Zielort, sondern irgendwo in Hanoi aus dem Bus geworfen. Man signalisierte mir in ein schwarzes Auto umzusteigen. Das brachte uns dann weiter zum Flughafen. Leider hielt der Fahrer am Terminal für nationale Flüge. Das bemerkte ich aber erst in der Abflughalle. Zum Glück fand ich schnell einen Shuttlebus zum richtigen Terminal. 

Der Flug war eine Sache von einer Dreiviertelstunde. Am frühen Nachmittag landeten wir in Luang Prabang, Laos. Ich hatte mir für Laos schon im Vorfeld ein elektronisches Visum besorgt, sodass ich bei der Einreise an der langen Schlange der Leute, die vor Ort ein Visum beantragen wollten, vorbeilaufen konnte. Ich spulte mein gewohntes Programm ab: SIM-Karte kaufen, Geld abheben, Taxi suchen. 

Interessanterweise musste ich die SIM-Karte mit US-Dollar bezahlen. Thailändische Baht hätte der Shop auch genommen, aber keine laotischen Kip. US-Dollar und Baht sind hier gerne gesehen. Als ich meinem Taxifahrer einen Dollar Trinkgeld gab (weil ich keine kleinen Kip-Scheine hatte), freute er sich auch sehr. Leider ist mein Dollarvorrat jetzt fast aufgebraucht. Ich hoffe, ich komme in Zukunft mit Kip durch Laos.

Von Luang Prabang kann ich noch nicht viel berichten. Ich bin heute nur einmal kurz die Straße vor meinem Hostel entlanggelaufen. Hier zwei Fotos. Eingehendere Eindrücke gibt es dann beim nächsten Mal.

 

Ach Moment. Jetzt hätte ich beinahe mein Vietnamfazit vergessen. Also: Ich bedauere es sehr, dass ich nur zwei Wochen Zeit für das Land hatte. Aber ich hatte kein Visum beantragt und ohne Visum dürfen Deutsche nur zwei Wochen bleiben. Denn die Landschaft hat mich wirklich umgehauen: Ha Giang, Halong-Bucht, Trang An – alles einfach spektakulär. (Es tut mir so leid, dass die Fotos die Szenerie nicht komplett einfangen können.) Vor allem in Trang An/Ninh Bình wäre ich so gerne noch ein paar Tage geblieben. Und ich habe ja auch nur den Norden gesehen. Und davon nur einen kleinen Teil. Ich bin sehr gespannt darauf, was das Land noch zu bieten hat. 

Und jetzt noch die negativen Seiten: Leider hat das Land ein Müllproblem. Man sieht ihn auch in der sonst unberührten Natur am Wegesrand liegen, in Flüssen und im Meer schwimmen. Mülltrennung gibt es hier sowieso nicht. Den Transport fand ich teilweise anstrengend und nicht nachvollziehbar. 

Die meisten Menschen waren sehr freundlich. Ich hatte aber auch immer wieder unangenehme Begegnungen, wo ich irgendwen irgendwas fragen wollte und einfach ignoriert oder weggewunken wurde. Das hat mich jedes Mal sehr gefuchst und ist mir in noch keinem anderen Land passiert. Alles in allem kann ich aber Vietnam mit gutem Gewissen jedem als Reiseland empfehlen und auch ich habe noch einige Orte in Vietnam auf meiner Liste, die ich gerne abhaken würde.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Rebekka

    Mensch Anne, das sieht ja schwer nach grüner Lunge aus – tolle Bilder! Wenn du alle Länder nochmal besuchen willst, solltest du über eine Weltreise 2.0 nachdenken… 😉 Bin gespannt, was du in Laos erlebst!

    1. Anne

      Glaub mir, darüber denke ich bereits nach 😀

  2. Andrea

    Anne… beim Lesen Deines Vietnamreiseberichtes beobachtete ich an mir wieder mal die gleichen Symptome wie beim Wüste-Gobi-Bericht: Offenstehender Mund, aus dem (je nach Stärke der Empfindung) heftige Luftstöße entströhmen…. stark geweitete Augen, die dann am Ende zu schmalen, neiderfüllten Schlitzen mutieren. So ist die Lage…. 😊

    1. Anne

      Ziel erreicht 😀 Ja die Landschaft von Vietnam ist schon sehr beeindruckend. Aber vielleicht kann Laos da sogar mithalten. Wir werden es sehen. Die ersten Erlebnisse waren sehr vielversprechend.

  3. Sieglind

    Vietnam,
    ich komme,auch irgendwann! Wieder ganz tolle Bilder!! Weiter viel Spass!!

    1. Anne

      Danke liebe Tante. Und du solltest vielleicht auch Laos ins Auge fassen. Die Landschaft hier ist auch wundervoll.

  4. Oma & Opa

    Herrlich, die Natur ist noch so frisch wie schon in der Schöpfungsgeschichte beschrieben. Vom Klimawandel keine Spur. Eine beeindruckende Reise und wir virtuell wieder mit dabei. Interessant auch die Anpassung der Einheimischen an die Natur. Die schwimmenden Fischerhütten z.B. da brauchen die Bewohner nicht mal selbst angeln. Die brauchen ja nur den Topf ins Wasser halten.
    In allem gibt es schon große Unterschiede zu Europa. Nur der Dreh eures Tourleiters, mit Speck fängt man Mäuse, ist international. Anne danke und auch von Deinem Neuen Standort aus wieder viele spannende Erlebnisse und nachhaltige Eindrücke. Und wie immer….

    1. Anne

      Die Frage ist nur, wieviel Geld man mit dem Fisch im Eimer verdient. Da sind Touristen wahrscheinlich lukrativer, mit Freibier oder ohne 🙂

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