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Die längste Achterbahnfahrt meines Lebens

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Im heutigen Bericht wird es ziemlich wüstig. Aber auch meerig. Also deutlicher Szenenwechsel. Doch als Erstes möchte ich ein Foto von der Silvesternacht in Arequipa nachreichen, das mir zugespielt wurde. Dann seht ihr die volle Truppe und ich habe eine Erinnerung für später.

V.l.: Silvain, Mila, "Australierin", Anne, Joanne, Claire

Springen wir nun drei Tage nach vorne, zu meinem Abschied aus Arequipa. Da stand ich in aller Herrgottsfrühe in der Lobby meines Hostels und der unfähige Nachtrezeptionist machte mich kirre, dass ich doch bei Peru Hop anrufen solle, weil mein Bus mich noch nicht abgeholt hatte. 

Aber wie das oft so ist: Im Endeffekt schrieb ich eine Whatsapp und da kam der Bus um die Ecke gerollt. Jetzt hatte ich eine lange Fahrt vor mir. Etwa zwölf Stunden von der Großstadt Arequipa in die winzige Oase Huacachina.

Zuerst einmal hielten wir nach einer Stunde zum Frühstück am Straßenrand an. Da konnten wir uns etwas kaufen, das wie mit Käse und Schinken gefülltes, noch ganz warmes Stockbrot schmeckte. Lecker lecker.

Der zweite Stopp war dem Mittagesessen geschuldet und ich sah zum ersten Mal seit rund zwei Monaten das Meer wieder.

Im Strandrestaurant

Am späten Nachmittag fuhren wir in Nazca vor. Vielleicht habt ihr schon einmal von den Nazca-Linien gehört? Das sind bis zu mehrere Kilometer lange Linien in der Wüste im Süden von Peru. Dazu kommen geometrische Figuren und auch einige Tierbilder und andere Abbildungen. Die ältesten der Abbildungen stammen wohl aus dem 8. Jahrhundert VOR Christus. Sie wurden wahrscheinlich aus Gründen der Götterverehrung angelegt.

Am besten schaut man sich die Linien bei einem Rundflug über das Areal an. Ich entschied mich am Ende spontan gegen so einen Flug: aus Kostengründen, Zeitspargründen und weil ich diesen Minimaschinen auch nicht vertraue.

Mit dem Bus stoppten wir aber an einer Aussichtsplattform, von der man zumindest drei der Figuren anschauen kann.

Ich glaube, wir kamen gegen 20 Uhr in Huacachina an. Ich legte michg leich mit meinem Buch ins Bett und das wars.

Am Morgen war ich vom Frühstück im Hostel sehr überrascht. Ich habe noch nie zuvor so ein für Hostelverhältnisse gar ausuferndes, im Preis inklusives Frühstücksbuffet gesehen. Mit Rührei, Würstchen, Kartoffeln, Pfannkuchen, Brötchen, Schinken, Käse, Salatgurken, Melone und frischen Säften. 

Generell gefiel mir das Hostel sehr gut. Es hatte so ein richtiges Resort-Strand-Feeling.

In Huacachina leben ungefähr 100 Leute, habe ich irgendwo gehört. Aber alles ist voller Touristen. Der Ort liegt mitten in der Wüste und ist um einen kleinen See herum gruppiert. Eine Oase eben. Man braucht rund zehn Minuten, dann hat man alles gesehen.

Die Touristen kommen wegen der Sanddünen nach Huacachina und vor allem fürs Sandbuggyfahren. Ich auch. Am Nachmittag war Versammlung vor einem zentralen Hotel und dann liefen wir in zwei großen Peru-Hop-Gruppen in die Dünen und zu unseren Fahrern und Buggys. 

Ich war sehr schnell über zwei Dinge sehr froh: Zum einen, dass wir Rennfahrersicherheitsgurte hatten und zum anderen, dass ich ganz hinten in der Mitte saß, mit Menschen als Puffermasse links und rechts von mir und keiner allzu perfekten Aussicht nach vorne.

Seid ihr schon einmal Sandbuggy gefahren? Das ist ein Adrenalinkick. Wir sind da die Dünen hochgesaust und genauso auch wieder runter, Linkskurve, Rechtskurve und quer in der Steilwand hingen wir, kann ich euch sagen. Wie eine nicht endende Achterbahnfahrt. Lustig war es aber auch.

Zwischendurch hielten wir mal an, um die Aussicht zu genießen und um Poserfotos von uns auf den Buggys zu machen.

Um den Puls oben zu halten, stand als Nächstes Sandboarding an. Ein großer Vorteil war, dass uns unser Fahrer mit dem Buggy auf die Dünen hinauffuhr und wir sie nicht mit den Boards selbst erklimmen mussten. Ich hasse ja wenig so sehr wie Dünen hinauflaufen.

Die Düne, die unser Fahrer für uns ausgesucht hatte, sah meiner Meinung nach übertrieben steil aus. Im Endeffekt trauten wir uns aber alle runter und schlimm war’s auch nicht.

Mit der untergehenden Sonne ging auch unsere Tour zu Ende. Zur Feier des Tages ging ich mit Sophie und Kai in einem Restaurant Abendessen. Ich hatte die beiden tags zuvor auf der Fahrt nach Huacachina zum ersten Mal getroffen und nun hatten wir zusammen das Sandbuggy-Abenteuer gemeistert.

Ich glaube, mein Handy fühlte sich bei dem Foto gefangen im Körper einer 90er-Jahre-Wegwerfkamera, wenn man nach der Bildqualität urteilt 🙂

Die nächsten zwei Tage in Huacachina machte ich gar nüscht. Außer am Hotelfrühstücksbuffet naschen und mein spannendes Buch weiterlesen. Ich hatte ja alles schon gemacht, was man in der Oase machen kann. Die perfekte Entschuldigung, um faul zu sein.

Mein Bus fuhr am Weiterreisetag auch erst am Abend ab, sodass ich noch einen dritten Tag weiter faul sein konnte. 

Laut meiner App sollte mich Peru Hop an meinem Hostel abholen. Es kam und kam aber keiner und schließlich teilte mir die Rezeptionistin mit, dass Peru Hop gerade angerufen hätte, ich solle doch zu einem anderen Hostel kommen.

Ich eilte los und musste dann doch nicht unter Buhrufen als Allerletzte in den Bus steigen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Stattdessen warteten wir noch einmal eine halbe Stunde auf Nachzügler vom Sandbuggyfahren.

Die Fahrt war die kürzeste Ortswechselbusfahrt meiner jüngeren Vergangenheit: anderthalb Stunden. Das Ziel war das kleine Paracas – immer noch in der Wüste aber gleichzeitig am Meer.

Ich schaffte es, nach der Ankunft schnurstracks an meinem Hostel vorbeizulaufen und in einer dunklen Gasse zu landen, in der mir dann doch etwas mulmig wurde, als ich an einigen Gestalten vorbeimusste. 

Ich kam zum Glück recht schnell am Strand wieder raus, fand den verschlossenen Hintereingang des Hostels und musste dann noch einmal um den Block, um schließlich an der Rezeption zu landen.

Vor dem Hostel war ich eigentlich gewarnt worden, weil es viel zu laut sei. Aber bei meinen Recherchen schien es mir doch trotzdem noch das akzeptabelste Hostel in Paracas zu sein und ich hatte Glück, weil mein Zimmer nicht zum lauten Innenhof hinausgeht.

Für den nächsten Tag hatte ich mir über meine Peru-Hop-Busbegleiterin wieder eine Tour klargemacht: eine Wanderung mit dem schillernden Namen „Weg der Goldenen Schatten“. 

Treffpunkt dafür war seltsamerweise ein Restaurant hoch über den Dächern von Paracas. Zum Glück wollte uns da keiner noch schnell ein Mittagessen verkaufen, wie ich befürchtet hatte, sondern wir trafen schlicht auf unseren Guide Naudy und seine auszufüllende Teilnehmerliste.

Im Anschluss brachte uns ein Fahrer in rund 45 Minuten zum Nationalpark, wo die Wanderung stattfinden sollte. Wir parkten direkt am Meer und liefen dann an den Klippen entlang. Eine sehr interessante Landschaft mit der kargen Salzwüste, die direkt ans Wasser reichte.

Und was für ein himmelweiter Unterschied, auf Meeresniveau einen Hügel raufzulaufen. Mein Puls hat von dem Aufstieg nicht einmal was mitbekommen, glaube ich.

Der Wanderweg hat seinen Namen übrigens daher, dass die Sonne den Sand auf den Dünen am Abend gülden erscheinen lässt.

Wir waren sieben Leute in der Gruppe. Ich habe keine Kontaktaufnahme gestartet. Naudy hat uns aber bekloppte Fotos vor untergehender Sonne nachstellen lassen.

Ich werde jetzt nicht wieder über Sonnenuntergänge lästern, aber natürlich blieben wir am Ende der Wanderung auf den Felsen sitzen und sagten der Sonne Gute Nacht.

Als wir am Bus ankamen, war ich sehr erleichtert, zu sehen, dass unser Fahrer den Nachmittag überlebt hatte. Der hatte sich nämlich nach unserer Ankunft in die Fluten geschmissen und wir konnten ihn manchmal als kleinen Fleck tief unter uns entlang der Klippen treiben sehen. 

Äußerst ungefährlich hatte mir das Ganze nicht ausgesehen. Naudy hatte auch ein Auge auf den Fahrer und informierte uns regelmäßig über seinen Lebensstatus. Zur Sicherheit teilte er uns aber auch mit, wo wir im Fall des Falles den Schlüssel für den Bus finden könnten.

Zurück in Paracas gingen die anderen noch gemeinsam Abendessen, aber ich hatte schon eine anderweitige Verabredung. Ich traf mich nämlich mit Claire, die ich ja bereits seit Copacabana kenne. 

Wir reisen zwar nicht zusammen, aber in die selbe Richtung und deswegen laufen wir uns seitdem immer wieder über den Weg. Diesmal trafen wir uns in einer Pizzeria und Claire erzählte mir unter anderem von Pleiten, Pech und Pannen bei ihren ersten Kitesurfingstunden, die sie sich in Paracas gegönnt hatte. Ich glaube, dafür hätte ich auch kein Talent.

Der nächste Tag war sehr unspektakulär. Ich lief mal kurz durch Paracas. Der Ort ist nicht besonders sehenswert. Es gibt eben einen kleinen Strand und sonst sehr viele Restaurants, Touranbieter und Hotels und ständig hält dir jemand eine Speisekarte unter die Nase.

Weil ich das nicht leiden kann, suchte ich mir ein Restaurant ohne Speisekartenterror. Ich bekam zum Snacken eine kleine Schüssel mit Maiskörnern. Die hab ich hier schon ganz oft gegessen, ich weiß aber gar nicht, wie die gemacht werden. Die sehen aus wie die Maiskörner in der Popcorntüte, die nicht aufpoppen, sind auch geröstet, aber viel weicher, sodass man sie problemlos kauen kann. Ich mag die total gern.

Heute Morgen stand „Galapagos für Arme“ an. So werden die Ballestas Inseln vor Paracas genannt. Dort kann man auch viele Meerestiere sehen, aber es ist eben bei weitem billiger, als auf die Galapagosinseln zu fliegen. (Im Moment überlege ich mir, ob ich mir das leisten kann, weil ich dort wirklich gerne noch hinfliegen würde. Aber ja, es ist teuer.)

In den vergangenen Tagen waren wegen des Erdbebens in Japan keine Boote zu den Ballestas Inseln gefahren. Würde man in Paracas in gerader Linie losschwimmen, würde man in Japan rauskommen und anscheinend hatte das Erdbeben auch hier für hohen Wellengang gesorgt.

Heute lief aber alles wie geschmiert. Ich wurde im Hostel abgeholt und zum Pier gebracht und dort durfte unsere Gruppe an den wartenden Menschen vorbei und ins Boot.

Wir machten zuerst Stopp an einer Abbildung im Sand, die sehr an die Nazca-Linien erinnerte. Und es kann auch sein, dass die selbe Kultur für diesen „Kerzenleuchter“ verantwortlich ist. 

Ich finde es verrückt, dass die Abbildung mehr als 2.500 Jahre alt sein soll. Sie sieht eher aus, als wäre sie vor ein paar Stunden in den Sand gemalt worden. Aber der Sand ist härter, als er aussieht und es regnet hier nie. Deshalb konnte sich die Zeichnung halten. Ihre Bedeutung ist nicht geklärt.

Dann fuhren wir noch eine halbe Stunde bis zu den kleinen Ballestas Inseln. Mein Highlight hatte ich ja schon vor der Ankunft. Wir sahen Delfine. Leider aus einiger Entfernung und sie zeigten sich auch nur sporadisch. Deshalb habe ich kein gutes Beweisfoto. 

An den Inseln angekommen, wurden wir zuerst einmal von den Pinguinen begrüßt.

Im Anschluss schauten wir bei den Seelöwen vorbei. Ich finde ja, dass die Boote denen ein wenig zu nah kommen.

Es waren auch super viele Vögel zu sehen. Und wir kamen an einer kleinen Guanofabrik vorbei – oder anders: an einer Vogelscheißefabrik. Daraus wird guter Dünger gemacht.

Als letztes sahen wir den „Mütterstrand“, wo die Seelöwen ihre Baby bekommen. Elf Monate dauert eine Seelöwenschwangerschaft. Im Moment ist noch nicht so viel los am Strand aber in wenigen Wochen wird er gut gefüllt sein, meinte unser Guide, weil die Babys im Sommer auf die Welt kommen. Sind sie einen Monat alt, kommen die Männchen am Strand vorbei und im Sommer drauf gibt es den nächsten Nachwuchs.

Dann ging es für uns auch schon wieder zurück nach Paracas, wo jetzt deutlich mehr Menschen auf eine Abfahrt warteten. Ich war froh, den frühen Termin gewählt zu haben.

Hier noch ein paar allgemeine Fotos von den Inseln.

Nach der Tour suchte ich mir ein Lokal zum Frühstücken. Dann telefonierte ich mit meinem Opa und der buckligen Verwandtschaft. Alles Gute zum 90. Geburtstag, lieber Opa. Und danach passierte nichts mehr.

Morgen habe ich noch etwas (hoffentlich) Cooles vor in Paracas und am Abend geht es in die Hauptstadt.

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