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Die starken Frauen von La Paz

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  • Beitrags-Kategorie:Südamerika

Mich hat schon lange keine Stadt mehr so fasziniert wie La Paz. Ich habe zwei Nächte verlängert und hätte bestimmt noch 20 Nächte verlängern können, ohne das mir langweilig geworden wäre. 

Bevor ich euch im Detail erzähle, was ich dort Tolles erlebt habe, muss ich mich für einen Fehler in meinem letzten Bericht entschuldigen, wo ich ganz flockig behauptet hatte, La Paz sei die Hauptstadt Boliviens. In Wahrheit ist La Paz „nur“ Regierungssitz und die offizielle Hauptstadt ist Sucre.

Ok, dann wären wir jetzt bei vergangenem Dienstag. Da wollte ich etwas Shoppen gehen. Ich brauchte nämlich ein Zweithandy. 

Sowas haben hier viele Reisende. Denn es ist nun einmal so, dass man in den Hostels nicht lange suchen muss, bis man Leute findet, die beklaut wurden. Und um mein Handy habe ich wirklich Angst. Deswegen nun also ein Zweithandy, damit ich mein richtiges Handy im Hostel lassen kann.

Straße vor dem Hostel - Ich überlege hier immer zweimal, ob ich mein Handy für ein Foto zücken soll

Ok, also zurück zum Shoppingerlebnis. Das war leider zuerst nicht sonderlich befriedigend. Ich fand zwar eine Mall, da gab es aber nur Bekleidungsgeschäfte. Nach ein wenig Rumirren – mein Handy wollte ich ja zur Navigation nicht rausholen – fand ich dann doch einen Elektronikmarkt.

Da erwarb ich das billigste Handy, das ich finden konnte. Ein richtiges Kackteil. Langsam, friemelig, fragwürdige Bildqualität. Aber für seine Zwecke trotzdem ausreichend.

Nun brauchte ich nur noch eine SIM-Karte, also war wieder Rumirren angesagt. Was ich am Ende vorfand, überraschte mich doch. Wenn ich meine SIM-Karten nicht am Flughafen kaufe, dann habe ich sie in anderen Ländern bislang in Tante-Emma-Läden oder bei Straßenhändlern gekauft. In La Paz landete ich in einem riesigen Kundenzentrum mit mindestens 20 Schaltern, wo man eine Nummer ziehen musste, wie auf dem Amt. 

Als ich schließlich aufgerufen wurde, versuchte mein Schaltermensch gar nicht erst, mit mir Spanisch zu reden, sondern hielt mir gleich seine Übersetzer-App hin. Alles ganz nett und professionell.

Eine halbe Stunde später stand ich mit meiner neuen SIM-Karte wieder vor der Tür und hatte noch eine letzte Mission: etwas zum Mittagessen finden. 

Ich entschied mich für eine Salteña – das ist die bolivianische Form der Teigtasche – also eher Calzoneteig, kein Nudelteig. Gefüllt ist die Salteña mit Fleisch, Gemüse und Soße.

Salteña in der Rindfleischvariante, mit Kartoffeln und Gemüse

An dem Stand gab es auch sehr köstlich aussehende Halloweenmuffins, davon gönnte ich mir noch einen, der sehr lecker war. Übrigens, es gab hier ganz viel Halloweendekorationen überall und verkleidete Verkäufer im Supermarkt und in unserem Hostel gab es auch eine entsprechende Party.

So, nach allen diesen Besorgungen lief ich zurück ins Hostel, richtete mein neues Handy ein und viel mehr geschah nicht.

Am Plaza Murillo bin ich ständig vorbeigekommen, da er gleich neben meinem Hostel liegt. Es ist ein wichtiger Platz, dazu aber später mehr.

Nach zwei gemächlichen Tagen in La Paz begann am Mittwoch mein Erkundungsprogramm. Ich hatte mich mal wieder für eine Walking Tour entschieden. Auf dem Weg zum Startpunkt kam ich an den tanzenden Zebras vorbei. 

In La Paz ist der Verkehr manchmal etwas wild (aber bei weitem nicht so schlimm wie in Phnom Penh oder Hanoi) und deshalb gibt es dort an besonders kniffligen Kreuzungen sozusagen lebende Zebrastreifen, die Autos anhalten und Menschen über die Straße helfen.

Ich musste dann nur noch eine weitere steile Straße hochschnaufen und schon war ich am Treffpunkt, dem Plaza Sucre, den die Einheimischen aber Plaza San Pedro nennen.

Auf dem Platz war zwar noch kein Guide zu sehen, dafür waren aber verdächtig viele Touristen unterwegs. Wie sich ein paar Minuten später herausstellte, waren die alle wegen der Walking Tour gekommen.

Unser Guide, Rem, tauchte dann auch noch auf und lieferte als erstes Informationshäppchen gleich einen Kracher. In La Paz gibt es nämlich ein ganz besonderes Gefängnis. Es ist wie eine kleine Stadt aufgebaut und hat keine Wärter – also nur am Eingang. 

Die Häftlinge müssen für ihre Wohnungen zahlen. Wenn du arm bist, musst du dir mit zehn anderen eine kleine Unterkunft teilen, die Reichen genießen ihre Fernseher und angeblich sogar Whirlpools. Die Familien der Gefangenen wohnen mit im Gefängnis. Ihren Unterhalt verdienen sich die Gefangenen in Werkstätten, Restaurants, Friseurläden oder was in so einer Gefangenenstadt sonst noch gebraucht wird.

Bis vor einigen Jahren konnten Touristen auf einer Tour das Gefängnis anschauen. Am Ende der Führung bekamen alle als Geschenk ein wenig Kokain. Das sprach sich rum und nahm irgendwann überhand, sodass die Regierung die Touren verbot. 

Heutzutage kann man als abenteuerlustiger Ausländer immer noch Leute finden, die einen mit reinnehmen. Es kann dann nur passieren, dass die „Schleuser“ dich im Gefängnis stehen lassen. Tja, und dann stehste wirklich da…

Wir begnügten uns auf unserer Walking Tour mit einem Blick auf die Außenmauer des Gefängnisses gleich neben dem Plaza Sucre

Als nächstes liefen wir über einen riesigen Wochenmarkt, wo nicht nur Gemüse, Obst, Blumen und Backwaren angeboten wurden, sondern alle erdenklichen Lebensmittel und Alltagswaren. 

Könnt ihr euch noch daran erinnern, wie ich an meinem ersten Tag in La Paz ewig auf der Suche nach einem Supermarkt herumirrte, vor dem keine Proteste stattfanden? Jetzt weiß ich, warum ich so erfolglos war. Rem erklärte uns, dass die Bolivianer einfach ihre Märkte lieben. In ganz La Paz gebe es deshalb nur 15 Supermärkte.

Rem kaufte auf dem Markt eine Tüte Kartoffeln und jeder von uns durfte sich eine nehmen. Ok, also für mich hatten die Früchte wie junge Kartoffeln ausgesehen, aber in Wirklichkeit waren es Tumbos, auch Curubas genannt. Und das sind so etwas wie kleine Passionsfrüchte. Super lecker. 

Nach dem Wochenmarkt liefen wir weiter zum Hexenmarkt von La Paz. Hier kann man alle möglichen Glücksbringer und Talismane kaufen. Es gibt aber auch Zaubertränke und Zauberpulver. 

Und tote Lamababys und Lamaföten. Die werden als Opfergabe genutzt, zum Beispiel wenn man ein neues Haus bauen will. Dann gibt es eine Zeremonie und die Opfergabe wird verbrannt und dann wird die Asche herumgestreut, glaube ich.

Früher gab es bei besonders großen Projekten auch Menschenopfer, aber heute werde das wohl nicht mehr gemacht, auch wenn sich das Gerücht weiterhin halte, meinte Rem.

Gleich neben dem Hexenmarkt wird es touristisch. Da sind nämlich die Souvenirverkäufer und Touranbieter beheimatet. Ganz schick haben sie ihre Sträßchen hergerichtet.

Wir kamen dann zu dem ganz belebten Plaza San Francisco mit zugehöriger Kirche, in die wir kurz einen Blick werfen konnten, weil gerade ein Gottesdienst stattfand. 

Hier nur ein Foto von außen, weil drinnen Fotografieren verboten war

Auf und um den Platz war der Trubel groß: viele Menschen, viele weitere Marktstände. Wohl ein Paradies für Taschendiebe. Die Polizei sei in dieser Hinsicht nicht sehr hilfreich, erklärte Rem und zeigte uns eine Puppe, die an einem Laternenpfahl hing und potenziellen Dieben stattdessen die Rache der Bürger androhte.

Eine Warnung an alle Diebe - aber ob es hilft?

Weiter ging es in mir sehr bekannte Gefilde, wir liefen nämlich durch ein paar Ladenstraßen zum Plaza Murillo, der ja neben meinem Hostel liegt.

Ich war zwar schon zigmal an dem Plaza vorbeigekommen, mir war aber bislang nicht klar gewesen, welche wichtigen Gebäude sich dort versammelt haben. Da wären der Regierungspalast und das neue Regierungsgebäude, der Kongress und die Kathedrale von La Paz.

Rem erzählte uns einiges zur turbulenten neueren Geschichte Boliviens, aber ich erzähle euch lieber einen Fun Fact: Bolivien hatte mal einen Küstenzugang. Den hat Chile dem Nachbarn aber im Salpeterkrieg Ende des 19. Jahrhunderts weggeschnappt. Das hindert Bolivien aber nicht daran, eine eigene Marine zu unterhalten. Es handelt sich um genau ein Schiff, das im Titicacasee stationiert ist.

(Jetzt muss ich daran denken, dass die neuerdings größte Container-Reederei der Welt ihren Sitz in der Schweiz hat. Sachen gibt’s.)

Ok, aber damit war diese höchst unterhaltsame Tour zu Ende und ich hatte es nicht mehr weit bis zu meiner Unterkunft.

Am nächsten Tag war ich erst einmal faul und am Nachmittag ließ ich mich von einem Bus abholen, der mich zu den Cholitas bringen sollte. Mich und gefühlt die Hälfte aller Hostelbewohner.

In dem klapprigen Bus ging es hoch nach El Alto. Das ist die Nachbarstadt von La Paz, die Übergänge sind fließend. Während aber La Paz im Kessel liegt, befindet sich El Alto sozusagen oben am Kesselrand.

Und dort in El Alto kann man den Cholitas in ihren traditionellen Kleidern zweimal die Woche beim Wrestling zuschauen. 

Ich setzte mich auf die Empore, worüber ich im Nachhinein sehr dankbar war, da die Menschen unten rund um den Ring von den Cholitas gerne mal zu einem Tänzchen aufgefordert oder anderweitig ins Programm mit einbezogen wurden.

Das Vorprogramm der Cholitas war der männliche Wrestlingnachwuchs. Das war ganz ok, aber dafür war ich ja nicht gekommen.

Der Kampfrichter, den ihr auf dem Foto seht, zog übrigens jedes Mal zu Modern Talking in die Arena ein.

Und dann kamen endlich die Cholitas: drei Runden mit jeweils zwei Frauen. Was hatte ich für einen Spaß. Ich habe gewiehert, kann ich euch sagen. 

Ihr werdet ja sicher alle schon einmal ein wenig Wrestling geschaut haben und wissen, dass das alles nicht zu ernst gemeint ist und es vor allem auf eine gute Show ankommt. 

Und die Cholitas boten eine Megashow. Alles gipfelte im Finale damit, dass eine Cholita sich mit dem Kampfrichter gegen ihre Gegnerin verbündete und diese aus der Halle vertrieb. 

Die Vertriebene kam aber mit Pauken und Trompeten zurück, schnappte sich ihrerseits einen Mann aus dem Publikum, der großartig mitspielte und sich mit dem Kampfrichter prügelte, während seine Cholita die fast schon sichere Siegerin k.o. haute. Großartig. 

Von dem oben beschriebenen Finale habe ich leider kein Videomaterial. Aber den Beginn des ersten Kampfes habe ich etwas gefilmt, damit ihr einen Eindruck bekommt.

Nach der Show wurden alle Cholitas noch einmal gebührend gefeiert und wer wollte, konnte sich mit ihnen auch im Ring ablichten lassen. Darauf verzichtete ich aber.

Vor der Halle gab es erst einmal Chaos, weil unterschiedliche Klapperbusse an unterschiedlichen Straßenecken ankamen und es nicht klar war, wer denn nun in welchen Bus sollte. Von meinem Hostel sah ich auch erst einmal keinen, weil die wahrscheinlich alle noch beim Fotoshooting waren.

Aber das sortierte sich natürlich alles irgendwann und wir verließen den Kraterrand und fuhren wieder in unseren Kessel hinab.

Mein nächster Tag war auch sehr abenteuerlich. Da wurde ich nämlich schon wieder von einem Kleinbus abgeholt. Diesmal ging es nicht zum Kraterrand sondern viel, viel höher hinaus. Neue persönliche Bestmarke: 5.400 Meter. Das sind ja schon fast zwei Zugspitzen übereinander.

Also zuerst einmal bogen wir irgendwo im Stadtzentrum rechts ab und ehe wir uns versahen, waren wir auf einer Schotterpiste in der Einöde. Besser wurde die Straße auch nicht mehr.

Nach einer halben Stunde machten wir einen kurzen Stopp, um den 6.088 Meter hohen Huayna Potosí zu bewundern. Zum Glück nur aus der Ferne.

Ich habe noch gar nicht erwähnt, mit wem ich unterwegs war. Also es war noch ein älteres Paar aus England dabei, zwei junge Brasilianer und noch eine dreiköpfige brasilianische Familie (?). Und dann natürlich noch unser Guide, der super nett war, dessen Namen ich aber leider nicht verstanden habe und unser Fahrer, ebenfalls unbekannten Namens.

Nach dem Zwischenstopp wurde die Piste fragwürdig. So mit schmalem Pfad direkt am Abgrund und Felsen statt Straße und so. Aber zum Ausgleich alles auch sehr malerisch.

Unser Ziel war die ehemalige Skihütte am Chacaltaya. Bis vor 15 Jahren war dort das höchste Skigebiet der Welt, aber wegen der Erderwärmung ist der Gletscher inszwischen vollständig geschmolzen.

Aufgrund seiner Geschichte gibt es nun aber diese Straße, die bis auf 5.300 Meter hinaufführt. Man kann dann ganz bequem die letzten 100 Meter zu Fuß zum Gipfel hinauflaufen. Von wegen.

Es war sooo anstrengend. Vor allem der erste Teil war ziemlich steil und die meisten von uns mussten alle zehn Schritte Pause machen. Eine versuchte den Aufstieg gar nicht erst, zwei brachen ab und nur ein junger Brasilianer rannte uns allen davon.

Aber ich muss sagen, ich war doch heilfroh, dass ich in Anbetracht der Höhe nicht tot umfiel. Ich hatte ein wenig Angst gehabt, weil ich in La Paz nachts im Hostel ständig aufwachte, weil ich nicht gut Luft bekam. Und das war nur auf 3.600 Metern Höhe. Aber hier auf dem Berg konnte ich ganz normal atmen, solange ich mich nicht bewegen musste. Komisch.

Dann wurde der Weg aber etwas flacher und ich gewöhnte mich an die Höhe oder die Kokablätter halfen oder wie auch immer. Ich kam jedenfalls frohen Mutes auf dem Gipfel an.

Unser Guide war mit den zwei Engländern noch ein gutes Stück hinter uns, sodass zwei der Brasilianer und ich noch Zeit hatten, auf den zweiten Gipfel des Chacaltaya zu steigen. Dieser Weg war aber nicht allzu steil. 

Nachdem wieder alle heil an der alten Skihütte angekommen waren, machten wir uns auf den Rückweg nach La Paz. Das fand ich auch total cool, wie wir so durch die Berge fuhren und dann die ersten Häuser in den Hängen auftauchten. La Paz ist zwar eine riesige Stadt, aber wirkt trotzdem teilweise wie ein Nationalpark, weil selbst mitten im Zentrum Felsen aufragen.

Ein Beispiel dafür ist das Valle de la Luna (Mondtal), das wir als nächstes besuchten. Genau, in San Pedro war ich auch bereits in einem Mondtal gewesen. Und das hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit der Mondoberfläche gehabt.

Das Tal in La Paz sieht auch spektakulär aus, allerdings erinnert es in Wirklichkeit nicht unbedingt an die Mondoberfläche. Und das, obwohl kein anderer als Neil Armstrong dem Tal bei einem Besuch seinen Namen gegeben hat. Aber macht euch selbst ein Bild.

Toll, oder? Und ich sags euch, dieses Mondtal liegt einfach inmitten eines Wohngebietes.

Wir spazierten eine dreiviertel Stunde in dem Tal rum. Dann ging es zurück in den Bus und unser Fahrer setzte uns eine halbe Stunde später alle in der Nähe der Kirche San Francisco wieder ab.

Bleibt noch mein letzter Tag in La Paz. Den verbrachte ich damit, mehrere Stunden Seilbahn zu fahren. In La Paz gibt es keine Straßenbahn oder U-Bahn, sondern Tausende Mikrobusse und seit ein paar Jahren auch ein Seilbahnnetz, an dem weiterhin gebaut wird.

Also wirklich, nicht einfach nur eine Seilbahn, die ein paar Touristen auf irgendeinen Hügel fährt, sondern eine richtig ÖPNV-mäßige Seilbahn mit mehreren Linien und Stationen. 

Auf dem Weg zu einer dieser Stationen lief ich durch die Calle Jaén, eine der ältesten noch erhaltenen Straßen der Stadt.

Achso, an dem Tag hatte ich nur mein Schrotthandy mit seiner Schrottkamera dabei. Deshalb sind die Fotos leider etwas unterwältigend und teilweise unscharf. Das tut mir sehr leid. Ihr müsst etwas Fantasie beweisen und euch vorstellen, dass die Ausblicke von der Seilbahn in echt dreimal besser waren.

Aber zurück zur Seilbahn. Ich besorgte mir gleich mal eine wiederaufladbare Seilbahnkarte, damit ich nicht an jeder Station Einzeltickets kaufen musste.

Ankunft an meiner ersten Seilbahnstation: Linie Orange

Wie ihr seht, war der Himmel ganz schön zugezogen und zeitweise regnete es. Was zwar meinen Blick aus der Seilbahn etwas trübte aber nicht meine Stimmung. 

Ich fuhr zuerst hoch nach El Alto und schaute dem Gewusel auf den Straßen zu, wo parkende Busse und Markstände die Straßen verstopfen.

Mein Guide vom Vortag hatte mir den Tipp gegeben, mit der blauen Linie durch El Alto zu fahren. Dann würde ich an ganz vielen coolen Häuserfassaden vorbeikommen. Eine Fassade sei sogar im Iron-Maiden-Look verziert. 

Mit den coolen Häuserfassaden hatte er auf jeden Fall recht, nur die Iron-Maiden-Fassade konnte ich einfach nicht finden. Ich brauchte eine Ewigkeit, bis es bei mir Klick machte.

Von El Alto hangelte ich mich über diverse Seilbahnlinien runter bis auf den Boden des Kessels von La Paz. Guckt mal, welchen Höhenunterschied die Seilbahn und ich dabei zurücklegten.

Ab und zu hatte ich eine Gondel für mich alleine. Immer wenn Menschen zustiegen, grüßten sie mit „Buenas tardes“ (Guten Nachmittag). Das fand ich sehr freundlich.

Und einen guten Nachmittag hatte ich wirklich. Mit fast allen Linien bin ich gefahren und konnte mich am Anblick der Stadt nicht sattsehen. Deswegen hier für euch auch eine XXL-Galerie.

Nach meinem Seilbahnabenteuer probierte ich zum ersten Mal eine populäre bolivianische Fast-Food-Kette aus. McDonalds, Burger King & Co. habe ich hier noch gar nicht gesehen. In Chile war das auch eher eine Seltenheit.

Und damit war mein Aufenthalt in La Paz so gut wie beendet. Am nächsten Morgen checkte ich aus, bestellte bei der Rezeption ein Taxi und ließ mich von diesem zum Busbahnhof bringen. 

Da war eine Geräuschkulisse. Weil alle Busgesellschaftsmitarbeiter ihre Reiseziele wie Marktschreier feilboten. Aber ich hatte mein elektronisches Ticket nach Cochabamba bereits und musste es am Schalter nur noch gegen ein Papierticket eintauschen.

Dann blieb noch Zeit, um mir ein Brötchen und Schokolade zu kaufen und dann hätte der Bus eigentlich fahren sollen. Es wurde dann aus ungeklärter Ursache eine halbe Stunde später, aber schließlich rollten wir los.

Während der acht Stunden Fahrt änderte sich die Landschaft ziemlich deutlich. Wir verließen die Hochebene und fuhren ins Tal. So nannte unser Chacaltaya-Guide das. Was ich sehr lustig fand, da Cochabamba immerhin noch auf 2.500 Meter Höhe liegt. 

Auf jeden Fall passierten wir die Baumgrenze und ich sah das erste Mal seit langem wieder viel Grün. 

Als wir in Cochabamba ankamen, war es leider schon dunkel und leider lag der Busbahnhof mal wieder in einer zwielichtigeren Ecke. Es war so viel los. Die halbe Stadt wartete auf einen Nachtbus, so schien es. Und rund um die Station war fetter Stau. Da bewegte sich nichts und ein Taxi fand ich auch nicht.

Ich hatte keine Lust, ewig rumzusuchen und beschloss, einfach die Pobacken zusammenzukneifen und die 2,5 Kilometer zum Hostel zu laufen. Schiss hatte ich dabei und es wurde erst besser, als ich an einem netten, beleuchteten und belebten Platz vorbeikam und sogar mal schnell meine Kamera für ein verwackeltes Foto herauskramte.

Von dort war es nicht mehr allzu weit zum Hostel, das mir gleich gefiel. Nach meinem Partyhostel in La Paz wieder eine viel entspanntere Atmosphäre, nette Leute, Küche, großes Zimmer, WLAN.

Und kostenloses Frühstück gibt es obendrein. Um das noch genießen zu können, kroch ich am nächsten Morgen notgedrungen schon um 9:30 Uhr aus dem Bett. 

Danach nahm ich mir Cochabamba vor. Also eigentlich hatte ich gar nicht das Ziel, eine Stadtbesichtigung zu machen, sondern meine Einkaufsliste abzuarbeiten. Ich brauchte einige Kosmetikprodukte und neue Wanderschuhe. (Meine aktuellen sind durchgelaufen.)

Ich hatte mir bei Google Maps potenzielle Geschäfte markiert, die schön verstreut lagen, sodass ich doch einiges von der Stadt sah. Und ich muss sagen, es hat mir alles sehr gut gefallen.

Ganz am Anfang kam ich zum Beispiel am Plazuela Colón vorbei.

Cochabamba ist übrigens deutlich wärmer als La Paz. Und Mücken gibt es hier. Mit sowas musste ich mich schon ewig nicht mehr rumärgern.

Auch auf meinem weiteren Weg sah die Stadt meistens sehr freundlich aus.

In der Ferne konnte ich auch schon mein wahrscheinlich morgiges Tagesziel erspähen: eine Christusstatue, die angeblich größer sein soll als die in Rio de Janeiro.

Seht ihr die Statue oben auf dem Berg?

Fast alle meine Kosmetikprodukte fand ich in einer Drogerie, nur mit den Schuhläden blieb ich erfolglos. Also nochmal vorbei am Hostel und in die andere Richtung. Ich landete dabei wieder an dem schönen Platz, den ich schon am Abend zuvor bei meiner Ankunft bewundert hatte. 

Bei Tageslicht machte er auch was her, der Plaza Metropolitana 14 de Septiembre. Die Einheimischen müssen ihren zentralen Platz ziemlich gut finden, denn es saßen dort so viele Menschen auf den Bänken.

Schuhtechnisch blieb ich weiterhin erfolglos, da muss ich in Santa Cruz nochmal gucken. 

Kommt, wir machen noch schnell den heutigen Tag. Da gibt es auch nicht so viel zu berichten. 

Ich ließ das kostenlose Frühstück ausfallen und machte mich stattdessen auf den Weg zur Migrationsbehörde. Die Sache ist die: Ich habe keine Ahnung, wie lange ich in Bolivien bleiben darf. 

Auf den Seiten des Auswärtigen Amtes ist von 90 Tagen die Rede, aber andere Seiten schreiben, dass man zuerst nur 30 Tage genehmigt bekommt und man zweimal um weitere 30 Tage bei der Migrationsbehörde verlängern könne. Und nach meinen Berechnungen werde ich etwa 35 bis 40 Tage in Bolivien bleiben. 

Also wollte ich das lieber genau geklärt haben, damit ich bei der Ausreise keine Probleme bekomme. 

Online konnte ich ganz unkompliziert einen Termin vereinbaren. Als ich aber bei der Behörde ankam, war da alles voller Menschen und überall waren Fenster und Schalter mit Schlangen davor. Meiner Meinung nach war der Onlinetermin vollkommen nutzlos gewesen. Ein aufmerksamer Mann sprach mich zum Glück an und zeigte mir die Schlange, in die ich mich stellen sollte.

Migrationsbehörde von außen

Meine Schlange war eine der kürzesten, sodass ich nach etwa 20 Minuten dran war. Und dann war die Sache schnell erledigt: Die Beamtin versicherte mir, dass ich 90 Tage im Land bleiben könne und nicht verlängern müsse. Das glaube ich ihr jetzt einfach mal und hoffe, dass ich bei der Ausreise nicht verhaftet werde.

Auf dem Weg nach Hause machte ich einen Abstecher zu einem richtigen Supermarkt. Von mir aus können die Bolivianer ja auf ihre Märkte gehen, aber ich ziehe klimatisierte, übersichtliche Supermärkte eindeutig vor. 

Und wisst ihr, was ich da nach tagelangem Suchen endlich fand? Duschgel. Ich habe keine Ahnung, womit die Bolivianer sich waschen. Vielleicht mit Seifenstücken. Aber ich habe in La Paz angefangen, nach Duschgel zu suchen und wurde einfach nie fündig. Regaleweise Haarshampoo? Kein Problem. Aber Duschgel? Nö.

Deswegen fand ich den Sticker auf der teuer importierten Duschgelflasche auch so lustig.

Auf dem pinken Sticker steht: Ich bin so froh, dass du mich gefunden hast.

Auf dem Rückweg zum Hostel kam ich durch eine ziemlich reiche Wohngegend mit schicken Häusern und hohen Zäunen.

In der Gegend gibt es auch eine ziemlich schicke Mall, in der ich noch einmal mein Glück in Sachen Wanderschuhe versuchte. Wieder umsonst. Und die Mall war wie ausgestorben. Das war in La Paz auch schon so gewesen. 

Die Bolivianer mögen anscheinend nicht nur keine Supermärkte, sondern auch keine Einkaufscenter. Wenn ich da an die völlig überfüllten Malls in Malaysia zurückdenke. Schon interessant, wie verschieden die Mentalitäten sein können.

So, am Nachmittag musste ich mir noch neues Datenvolumen für meine SIM-Card kaufen, weil meine bescheuerte Fitnessapp anscheinend ein absoluter Datenfresser ist und in zwei Tagen meine kompletten 5 GB, die ich mir für einen Monat gekauft hatte, leergesaugt hat. 

Und jetzt seid ihr auf dem aktuellen Stand, falls ihr bis hierhin durchgehalten habt. Vielen Dank übrigens mal an alle, die hier immer fleißig mitlesen.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Carlo

    Vielen dank für die immer wieder sehr unterhaltsamen Berichte. Ich werde so eine mutige weltreiseaktion sicher nie starten, bewundere das aber sehr und fühle mich durch deine Seite ein bisschen, als wäre ich dabei. Weiter so 👍

    1. Anne

      Aber Carlo, ich komm doch zurück, wenn die Sache zu brenzlig wird, also nix mit mutig 😀

  2. Mama

    Dieses Mondtal hat schon was. Es erinnert mich ganz stark an eine riesige Kleckerburg, wie wir sie früher manchmal an einem Strand gebaut haben.

    1. Anne

      Da hättet ihr aber sehr lange bauen müssen 🙂

  3. Opa Hans

    Also wirklich, dieser Reisebericht bedarf schon einiges an Zeit das Gesehende zu verarbeiten. Toll was Du da mit Deiner Kamera wieder eingefangen hast. Danke und weitere erlebnissreiche Eindrücke auf Deiner Reise …. pass schön auf Dich auf.

    1. Anne

      Es werden auch wieder ruhigere Zeiten kommen. Hoffe ich jedenfalls 😀

  4. Marie

    Da auf dem Foto vom Platz alle in ihr Handy starren würde ich ja Mal behaupten, dass es sich dabei vlt um freies WiFi handelt 🙂
    Probier das doch bitte Mal aus!
    PS: das Mondtal und die Seilbahnen gefallen mir außerordentlich gut!

    1. Anne

      Aber Marie, ich kann doch nicht auf dem Marktplatz von Cochabamba mein Gymondo anmachen…

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