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Im Nebelreich der Riesenfarne

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  • Beitrags-Kategorie:Südamerika

Ich hatte es in meinem letzten Bericht bereits angekündigt: An meinem finalen Tag in Cochabamba besuchte ich den größten Jesus von Südamerika. Ja, ihr habt richtig gehört, der Jesus von Cochabamba ist größer als die weltbekannte Statue von Rio de Janeiro.

Frecherweise ist sie aber nicht mehr die größte Jesusstatue weltweit, seit das polnische Świebodzin diesen Rekord im Jahr 2010 gestohlen hat.

Weil im Internet Gerüchte von Überfällen auf dem Weg zur Statue kursieren (der Hostelmitarbeiter meinte aber, alles sei sicher), nahm ich außer meinem Schrotthandy und einer großen Flasche Wasser nix mit und lief los.

Nach etwa 30 Minuten kam ich am Fuß der Treppenstufen an, die zur Statue führen. Es gibt auch eine Seilbahn hinauf. Die ist aber nur in Betrieb, wenn sie Lust hat und an diesem Tag war das offensichtlich nicht der Fall. 

Für mich nicht schlimm, ich hatte von vornherein vorgehabt, mich sportlich zu betätigen. Ich weiß nicht genau, wie viele Stufen es bis nach oben sind. So um die 1.500 würde ich mal schätzen. 

Cochabamba liegt ja „nur“ auf 2.500 Metern (die Statue auf 2.800), deshalb wirkte sich die Höhe nicht so auf die Atmung aus. Aber der Aufstieg war trotzdem anstrengend, vor allem weil es so heiß war.

Nach einer halben Stunde war ich endlich oben, hatte einen tollen Ausblick auf Cochabamba und sah, wie riesig die Stadt ist, fast eine Million Menschen leben hier.

Auf der Aussichtsplattform wurde gerade die Weihnachtsdeko ausgepackt. Das sieht bestimmt schön aus, wenn es fertig ist. Aber da wurde mir erst einmal bewusst, dass Weihnachten schon fast vor der Tür steht. In Deutschland kann man bestimmt schon seit Ewigkeiten Lebkuchen im Supermarkt kaufen.

Am nächsten Morgen ließ ich mir vom Rezeptionisten ein Taxi zum Busbahnhof bestellen. Um 8 Uhr sollte mein Bus nach Santa Cruz de la Sierra gehen, um 7:20 Uhr stand ich am Schalter, um mein elektronisches Ticket wieder in ein Papierticket umzutauschen.

Es gab an dem Bahnhof sogar eine Anzeigetafel mit allen Bussen und den Nummern der Haltebucht, in der sie abfahren sollten. Ich setzte mich in die Nähe der Tafel und wartete, bis dort angezeigt wurde, dass mein Bus bereitsteht.

Die Tafel hatte gelogen. Da war kein Bus in der Haltebucht. Um mir die Zeit zu vertreiben, lief ich ein wenig herum, bis mich auf einmal eine Mitarbeiterin des Busunternehmens ansprach, ob ich nach Santa Cruz wolle. Als ich nickte, schickte sie mich zu einem Kollegen, der mich wiederum wortlos zu einem anderen Busschalter im hintersten Eck schleppte und mir dort ein neues Ticket bei einem anderen Anbieter kaufte.

Ich gehe mal davon aus, dass mein gebuchter Bus an diesem Tag ausgefallen war. Der Mitarbeiter versicherte mir jedenfalls, dass mein Ersatzbus jetzt abfahren würde. Als ich mein Ticket eingehender betrachtete, sah ich aber, dass dort die Abfahrtszeit mit 9 Uhr angegeben war.

Draußen an der Haltebucht stand der Bus aber schon bereit, obwohl es erst 8 Uhr war. Das wertete ich als gutes Zeichen. Dann würden wir wenigstens pünktlich wegkommen.

Warten aufs Boarden in Cochabamba

Aber dann passierte einfach nichts. Der Busfahrer war verschwunden und der Assistent hielt im Fahrzeug ein Nickerchen. Gegen 10 vor 9 klopfte eine Frau ans Fenster, ob sie denn nicht mal mit dem Einchecken beginnen wollten.

Dann kam die Sache langsam in Gang. Um 9 Uhr waren alle Passagiere und Taschen verstaut. Der Bus fuhr aber nicht los. Beziehungsweise ruckelte er immer mal wieder ein paar Meter vor und zurück und dann kamen wieder neue Passagiere angelaufen und dann ging das Geruckel wieder los.

Es trieb mich in den Wahnsinn. Dann fing im Gang auch noch ein fliegender Händler mit Mikrofon an, irgendwelche Cremes verkaufen zu wollen. Ohne Erfolg. Alle waren genervt. Mehrere Leute schrien „Vamos“ (Los jetzt) und dann kam die Polizei und kontrollierte die Abfahrtzeiten auf unseren Fahrscheinen. Inzwischen war es schon 10 Uhr.

Ich weiß nicht, ob die Betreiber Ärger bekommen haben. Aber anscheinend wollten die unbedingt vor der Abfahrt ihren Bus noch vollbekommen. Um viertel nach 10 rollten wir endlich los. Es war super heiß im Bus und die Frau neben mir beschallte den kompletten Innenraum zehn Stunden lang mit südamerikanischen Schlagern. 

Die Landschaft änderte sich in diesen zehn Stunden dramatisch. Es wurde tropisch. Unfassbar, dass ich vor wenigen Tagen noch im kargen bolivianischen Hochland war. 

Ich finde das hier nur mit den Städten so krass. Es gibt da so einen großen Unterschied. Also La Paz und Cochabamba zum Beispiel sind ja teilweise richtig modern und schick und freundlich. Aber die Städte, an denen ich im Bus vorbeikomme, sehen meistens ganz anders aus. Mit ungeteerten Straßen, nicht fertig gebauten Häusern und insgesamt recht trostlos.

Natürlich war es schon wieder längst dunkel, als wir endlich in Santa Cruz – im Osten von Bolivien – ankamen. Zum Glück standen diesmal einige Taxis bereit, von denen ich mir gleich eins schnappte. 

Ich fühlte mich wie in Südostasien, als ich im Hostel ankam. Dieses schwül-heiße Klima und der dezente Geruch nach verbrannten Abfällen, der auch in Südostasien meist in der Luft liegt – ich hatte richtig ein wenig Fernweh nach Kambodscha & Co. 

Und statt dicker Decken hab es im Schlafsaal tatsächlich eine Klimaanlage, die bei diesen Temperaturen mehr als willkommen war.

Abends im Hostel - auch die offene Bauweise und die Hängematten erinnern an Südostasien

Das Frühstück im Hostel war fantastisch. Riesige Rühreiportionen und Käse und Schinken, leckere Brötchen, Donuts und Früchte. Das ist echt toll hier, dass in den bolivianischen Hostels Frühstück ganz oft inklusive ist.

Vollgefressen machte ich mich auf den Weg in eine zwei Kilometer entfernte Shopping Mall. Ich brauchte ja nach wie vor neue Wanderschuhe. Die Mall war ziemlich edel und ich fand sogar einen Cinnabon – das ist der amerikanische Laden mit den super leckeren Zimtschnecken. Nur Wanderschuhe gab es wieder nicht. 

Auf dem Rückweg ins Stadtzentrum sprach mich eine Frau an. Sie erzählte mir, dass sie Touristin aus Peru sei und fragte mich, ob ich ein Foto von ihr machen könne. Wir liefen dann zusammen die Straße entlang, als uns ein Mann zu sich heranwinken wollte, der in einem am Straßenrand geparkten Auto saß.

Ich wollte das schon ignorieren, aber die Touristin meinte, ich solle auch kommen. Naja, jedenfalls sagte der Mann, dass er Polizist sei und zeigte uns seine Marke. Dann wollte er unsere Ausweise sehen. Die Peruanerin gab ihm ihren Ausweis. Ich weigerte mich. Mir kam das alles ziemlich merkwürdig vor und ich hatte von der Masche „Falscher Polizist“ in Bolivien gelesen.

Ich „durfte“ dann trotzdem gehen, obwohl ich meinen Ausweis nicht gezeigt hatte und sagte noch zur Touristin, dass das bestimmt kein echter Polizist war. Die widersprach mir heftig und war auf einmal verschwunden.

In dem Moment wurde mir dann auch klar, dass die beiden von Anfang an zusammengearbeitet hatten. Im Nachhinein schien mir das alles total deutlich und die ganze Situation absurd. Aber während der „Kontrolle“ war ich mir aufgrund der Aufregung eben nur zu 60 Prozent sicher gewesen, dass das alles Beschiss ist.

Ich war einfach froh, dass ich nicht auf die Masche reingefallen war. (Ich denke mal, die Frau hätte mir mein Portemonnaie aus der Hand gerissen, wenn ich es für den Ausweis herausgeholt hätte, zum Mann ins Auto geworfen und der wäre weggefahren.)

Das war jedenfalls einer der Gründe, warum ich Santa Cruz nicht besonders mochte und mich auch nicht sicher fühlte. Und schön fand ich es auch nicht. Ich habe ein paar wenige Fotos auf dem Weg mit meinem Schrotthandy gemacht. Schaut selbst.

Ich lief noch ganz kurz zum zentralen Platz Plaza Metropolitana 24 de Septiembre mit zugehöriger Kathedrale. Was dort wieder für ein Taubenverkehr war. Die Bolivianer lieben anscheinend ihre Tauben und füttern sie fleißig.

Danach hatte ich von der Stadt genug und trat den Heimweg an. Am Samstag wollte ich auch nicht zurück ins Zentrum sondern ließ mich stattdessen von einem Uber abholen, der mich in den botanischen Garten brachte.

Das war so friedlich. Es war nicht der tollste botanische Garten, den ich je gesehen hatte, aber ich brauchte keine Angst um meine Wertsachen haben und konnte ganz in Ruhe durch die große Anlage spazieren, von der über die Hälfte aus einem Naturwald besteht.

Ganz zum Schluss fand ich auch noch ein richtig süßes Gewächshaus mit tollen Pflanzen und einem kleinen Wasserfall.

An meinem letzten Tag in Santa Cruz hatte ich eigentlich in einen Natur- Tier- und Badepark fahren wollen. Aber nach dem Frühstück befiel mich Unlust. Außerdem wäre der Eintritt mit über 20 Euro ziemlich teuer gewesen.

Ich hing also lieber kostenlos im Hostel ab. Am Nachmittag machte ich mich noch einmal auf den Weg ins Zentrum. Ich hatte im Internet tatsächlich einen Wanderschuhladen gefunden. 

Weil ich mich nach wie vor in der Stadt nicht sicher fühlte, ließ ich Rucksack und Tasche im Spind und stopfte mir meine Kreditkarte in den rechten Schuh und ein paar Geldscheine in den linken. Es tut mir ja sehr leid, dass ich hier Fußgeld in Umlauf bringe, aber ich bin bestimmt nicht die Einzige.

Der Marsch war leider völlig umsonst, das Geschäft hatte geschlossen. Zur Frustbewältigung kaufte ich mir nicht ein, sondern zwei Stücke Kuchen (Schoko und Zitrone) und schleppte mich damit bei der Mörderhitze wieder zurück ins Hostel.

Am nächsten Morgen war ich total bereit, Santa Cruz für immer den Rücken zu kehren. Um mein Hostel war es schade, das hatte ich sehr gerne gemocht.

Ein Uber brachte mich zu einem Collectivo-Stand im Süden des Zentrums. Collectivos sind Sammeltaxis und ein sehr gängiges Fortbewegungsmittel in Südamerika.

Mit dem Collectivo wollte ich ins drei Stunden entfernte Samaipata. Ich musste leider noch über eine Stunde warten, bis sich genügend Mitfahrer gefunden hatten.

Warten auf Mitfahrer am Collectivo-Stand

Samaipata ist ein kleiner Ort 120 Kilometer südwestlich von Santa Cruz, liegt aber strategisch günstig für viele Wanderungen, unter anderem im benachbarten Amboro Nationalpark. Deshalb ist er bei Touristen ein beliebtes Ausflugsziel.

Ich hatte im Internet ein Hostel in Samaipata gefunden, das so gemütlich aussah, dass ich gleich für fünf Nächte buchte.

Die Fahrt war ziemlich ruckelig (es gibt hier so viele Straßenschwellen), kurvig und wir hielten an sechs Apotheken, weil die Frau neben mir irgendein Medikament brauchte, das es nirgends gab.

Nach und nach setzte unsere Fahrerin alle Passagiere ab, bis nur noch ich übrig blieb. Mein Hostel liegt etwas außerhalb des Dorfes auf einer Anhöhe. Die Fahrerin bot mir an, mich für 30 Bolivianos (4 Euro) hinzufahren. Das hört sich erst einmal nicht nach viel Geld an. Aber man bedenke, dass mich die komplette Dreistundenfahrt von Santa Cruz nach Samaipata auch 30 Bolivianos gekostet hatte.

Aber mir war nicht nach Knausern zumute und als ich im Anschluss die sandige Steilwand sah, die wir mit Ach und Krach bewältigten, war ich heilfroh über meine Entscheidung.

Nach meiner Ankunft wurde ich von Sarah aus Deutschland begrüßt, die für einige Wochen im Hostel arbeitet. Das Internet hatte nicht gelogen, ich war begeistert von meiner neuen Unterkunft.

Dummerweise musste ich nun doch noch einmal hinunter in den Ort, weil ich gar nichts zu Essen und zu Trinken hatte. Ich lief eine ganze Weile rum, bis ich ein noch offenes Geschäft fand, aber so konnte ich mir eben gleich schon Samaipata anschauen. Alles sehr behäbig.

Mit dem Rucksack voller Wasserflaschen schnaufte ich nach meinen Einkäufen die Steilwand wieder hinauf. Als Belohnung gab es zum Abendessen Nudeln mit Würstchen. Die wollte ich eigentlich im Garten hinter dem Haus genießen, fühlte mich aber arg beobachtet und genötigt.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück ging es wieder runter ins Dorf. Ich wollte bei einigen Touranbietern vorstellig werden, weil ich natürlich etwas von der tollen Natur rund um Samaipata sehen wollte.

Die Touranbieter hier organisieren normalerweise private Touren. Will man eine Gruppentour, muss man sich seine Mitstreiter selbst suchen oder man schreibt sich beim Touranbieter auf eine Liste und die melden sich dann bei dir, wenn sie genügend Teilnehmer zusammen haben.

Ich hatte Glück und wurde schon bei der zweiten Organisation fündig. Die Mitarbeiterin bot mir eine Tour für den nächsten Tag an: Wanderung auf einen Berggipfel, wo man Andenkondore beobachten kann und dann noch Stopp an einem Wasserfall. Das hörte sich doch sehr brauchbar an, also schlug ich zu.

Weil ich nun schon einmal im Dorf war, klaubte ich mir noch an verschiedenen Marktständen Lunchpaket und Frühstück für den nächsten Tag zusammen und Wasser kann man bei diesen Temperaturen auch nie genug haben.

Damit war der produktive Teil meines Tages beendet und wir können gleich zur Wanderung übergehen.

Ich stand schon um 6:40 Uhr vor dem Hostel und wartete auf Abholung. Ich war etwas nervös, weil ich am Abend noch gelesen hatte, dass die Wanderung als „nicht so einfach“ gilt. 

Und natürlich stellten sich die anderen Tourteilnehmer auch als vier sportliche Jungspunde hinaus. Das konnte ja was werden. 

Unser Tourguide Javier sammelte mich jedenfalls pünktlich mit seinem Geländewagen ein, ich durfte auf dem Beifahrersitz Platz nehmen und dann ging es über unbefestigte Straßen tief hinein ins Hinterland.

Nach knapp zwei Stunden hielt Javier schließlich auf einer Waldlichtung und verkündete, dass hier unsere Wanderung beginne. Die nächsten zwei Stunden ging es mal mehr, mal weniger steil nach oben. Ich muss sagen, dass ich ziemlich stolz auf mich war, wie gut ich mit den anderen mithalten konnte.

Unterwegs machten wir auch immer mal wieder Pause, um Kondore und Geier zu beobachten. Als wir ganz oben auf dem Gipfel ankamen, machten wir es uns allen auf den Felsen bequem und packten unsere Lunchpakete aus. Schön war das. Wir sahen dort oben nicht allzu viele Vögel, was ich persönlich nicht so schlimm fand. 

Ich habe auch nur einen Vogel von etwas näher geknipst. Und vor Schreck habe ich auch vergessen, was das jetzt für einer war. Kein Kondor.

Dann ging es an den Abstieg. Der war frustrierend für mich. Ich kann einfach keine Berge hinablaufen. Ich bin die ganze Zeit geschlittert und war um Welten langsamer als der Rest der Truppe. Ich war so sauer auf mich, dass ich die Hälfte des Weges vor mich hingeheult habe. 

Ich glaube, die anderen haben nur so getan, als würden sie unterwegs Pausen brauchen, damit ich aufholen konnte. Ich war so froh, als wir endlich unten waren. Nichtsdestotrotz war es eine schöne Wanderung gewesen, hier noch ein paar Beweise.

Nun war Erholung angesagt. Wir fuhren zu einem Wasserfall mit kleinem See und Bach, den wir vollkommen für uns alleine hatten. Das Wasser war super kalt, deswegen war ich komplett zufrieden damit, nur mit den Füßen hineinzugehen, meine Cola im Wasser zu kühlen und mich dann auf einen sonnenwarmen Stein zu betten.

Einen Schnappschuss habe ich noch für euch. Wir waren bei unserer Wanderung einigen Kühen begegnet. Wie die jungen Bergziegen können die an steilen Hängen rumklettern. Echt beeindruckend. Aber einer Kuh war das wohl auf Dauer zu anstrengend. Sie chillte lieber auch am Wasserfall.

Damit war die Tour beendet, wir fuhren zurück nach Samaipata und unser Guide Javier brachte mich netterweise noch zurück ins Hostel. Er spricht übrigens fließend Deutsch, weil er drei Jahre in Hamburg gelebt hat. 

Und er trieb mir die Flausen aus dem Kopf, dass ich irgendwo in Bolivien außerhalb von La Paz Wanderschuhe finden würde. Er nannte mir aber eine Straße, wo es mehrere Wanderläden gibt. Da werde ich also bei meiner Rückkehr nach La Paz vorbeischauen. 

Gestern lief ich nach dem Frühstück zusammen mit meiner Bettnachbarin Julia runter ins Dorf. Wir wollten zur örtlichen Wäscherei, in der man auch Bustickets nach Sucre kaufen kann. 

Die Busse von Santa Cruz kommen auf ihrem Weg nach Sucre auch an Samaipata vorbei. Hier gibt es eigentlich keine offizielle Haltestelle, aber die Wäschereibesitzerin organisiert das irgendwie mit dem Busunternehmen, dass der Nachtbus hier trotzdem irgendwo an der Straße hält.

Samaipata ist der erste Ort in Bolivien, wo wieder einiges an Hunden rumrennt. Kurz vor der Wäscherei ist uns auch einer dieser Hunde angegangen, aber Julia hat so getan, als würde sie mit Steinen werfen und das hat den Hund wirklich in Schach gehalten.

Bei der Wäscherei angekommen, war die Besitzerin nicht aufzutreiben, aber von ihren Hunden wurden wir abermals verbellt. Die machten so viel Lärm, dass schließlich auch die sehr mürrische Wäschereifrau schließlich auftauchte. 

Die war gar nicht davon begeistert, dass ich auf die Idee kam, schon am Donnerstag ein Busticket für Samstag kaufen zu wollen, stellte mir aber schließlich doch eine Fahrkarte aus. Genauso fröhlich nahm sie mir dann auch noch meinen Wäschesack ab, den ich mitgebracht hatte. 

Ich solle die Wäsche am Abend wieder abholen meinte sie. Käme ich erst am nächsten Morgen, könne es sein, dass sie die Wäsche bis dahin mit anderer Kleidung vermengt habe.

Ich war pünktlich genug zurück im Hostel, um noch schnell Mittag zu essen, bevor Javier mich zu meiner nächsten Tour abholte. Diesmal waren noch fünf andere dabei, alle aus meinem Hostel.

Wir fuhren eine dreiviertel Stunde hinein in den Amboro Nationalpark und legten zu unserer Waldwanderung los.

Wald im Amboro Nationalpark

Sowohl Steigung als auch Tempo waren bei dieser Wanderung sehr moderat, sodass ich zeitweise sogar die Gruppe anführen konnte. Das war auch der Moment, wo ich die Schlange entdeckte. Mitten auf dem Weg lag sie und fühlte sich durch uns zunächst merklich unbeeindruckt.

Unbeeindruckt fühlten sich dummerweise auch die zwei Hunde, die sich unserer Gruppe angeschlossen hatten. Sie liefen ständig über die Schlange drüber. Einer der beiden schaffte es, dabei jedes Mal auf die Schlange draufzutreten, was diese so sehr anpisste, dass sie begann, mit ihrem Schwanz unaufhörlich hin- und herzuzucken und beim dritten Mal Getretenwerden zwackte sie den Hund in den Bauch.

Unser Guide war sich nicht sicher, was das für eine Schlange war. So oft bekommt man die im Park wohl nicht zu Gesicht. Im Endeffekt machten wir alle abseits des Weges einen großen Bogen um sie und überlebten.

Später trafen wir einen anderen Guide, der nach einem Blick auf unsere Fotos meinte, dass die Schlange in der Tat giftig sei.

Kurz nach dieser Aufregung stießen wir endlich auf die ersten Farne. Die waren der Grund für unsere Wanderung. Die Farne wachsen nur einen Zentimeter im Jahr, also einen Meter in 100 Jahren. Und die größten der Farne sind dreizehn Meter hoch und damit unfassbar alt. 

Im Gegensatz zu herkömmlichen Bäumen haben die Farne nur ganz, ganz kurze Wurzeln, die ihren Namen nicht verdient haben. Sie sind deshalb auf eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 60 Prozent angewiesen, weil sie aus Nebel und Luft ihr Wasser ziehen. 

Sie können sich allerdings mit Hilfe von anderen Pflanzen auch Wasserreservoirs am Boden anlegen. Die sehen aus wie bemooste Wadenwickel und sind ganz weich, wenn man draufdrückt.

An zwei, drei Stellen kamen wir aus dem Wald hervor und standen auf wunderbaren Aussichtsplateaus. Vor uns brach der Boden steil ab und über allem lag Nebel. Wie steil es immer hinunter ging, kommt auf den Fotos leider nicht rüber.

Mit beginnender Dämmerung kamen wir wieder am Auto an. Javier setzte uns alle vor der Tür der Agentur ab. Das kam mir ganz gelegen, weil ich ja noch meine Wäsche abholen musste und die Wäscherei ist nur eine Minute von der Agentur entfernt.

Ich musste wieder ewig warten, bis die Wäschereifrau erschien. Zum Glück waren die Sachen schon fertig. 

Inzwischen war es dunkel geworden und ich stand vor einem Dilemma. Sollte ich versuchen, den Berg zum Hostel im Dunkeln zu erklimmen, auf die Gefahr hin, von Hunden zerfleischt zu werden? Oder sollte ich mir ein Motorradtaxi nehmen, auf die Gefahr hin, in der Steilwand auf die Nase zu fallen?

Ich entschied mich fürs Laufen, wurde nach drei Metern von einem Hund angeknurrt, drehte um und nahm mir ein Motorradtaxi, das es tatsächlich irgendwie den Berg hoch schaffte. Puh. 

Und heute? Da gönne ich mir eine Auszeit. Beziehungsweise bin ich mit meinen Langzeitreiserecherchen immer noch ziemlich hintendran. Morgen mache ich noch einmal eine kleine Wanderung und dann geht es (hoffentlich) mit dem Nachtbus nach Sucre.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Opa Hans

    Puh, da sind ja diesmal recht gruselige Erlebnisse dabei und meine abschließenden Bemerkungen immer schön aufzupassen nicht ganz unbegründet. Erstaunlich auch, wie sich in dem wechselnden Umfeld zwischen karger Bebauung und äußerem Eindruck plötzlich ein schon fast prunkvolles Inneres Deines Hostels auftut. Aber Weltanschauung kommt ja von Welt anschauen und da wünsche ich Dir weiterhin
    „Gute Reise“

    1. Anne

      Ja, Südamerika ist eben ein anderes Pflaster. Aber bislang ist ja alles gut gegangen und gerade bin ich auch in einer ganz sicheren Stadt. Also macht euch keine Sorgen 🙂

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