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Dieser Winterurlaub war aber so nicht abgemacht

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  • Beitrags-Kategorie:Südamerika

Wo bin ich hier nur gelandet? Gerade noch in der Sahara gebrutzelt und schwups, sitze ich hier in Santiago mit Thermohose am Küchentisch.

Bei diesen unwirtlichen Bedingungen ist es mir aktuell nicht möglich, den mutmaßlich wunderschönen Süden Chiles in Angriff zu nehmen. Stattdessen werde ich demnächst zusehen, dass ich mich Richtung Norden aufmache. Dieses verdammte Land ist mehr als 4.000 Kilometer lang, da muss ich doch irgendwann zwangsläufig in heißere Gebiete vorstoßen.

Geeignete Reiseziele habe ich mir an meinem zweiten vollen Tag in Santiago rausgesucht und blieb somit weiterhin Stubenhockerin. Aber ich lernte auch neue Leute kennen, mit denen ich einen lustigen Abend hinterm Haus verbrachte (dick eingepackt). 

Meinen niederländischen Zimmergenossen Marc und den Hostelbesitzer Ivan kannte ich natürlich schon. Dazu stießen Buşra aus der Türkei und Angelie aus England. 

Marc hat mich gefotobombt, so eine Frechheit. Aber v.l.: Marc, Anne, Ivan, Angelie, Buşra

Jetzt aber. Am Sonntagnachmittag machte ich mich endlich auf den Weg ins Zentrum von Santiago. Dafür musste ich auch zum ersten Mal Metro fahren. 

Von Marc hatte ich bereits eine Metrocard bekommen, die musste ich am Schalter noch mit Geld aufladen. Das klappte mit meinem improvisierten Spanisch einwandfrei. 

Die Metrostation war recht schmucklos aber die Bahn an sich ein Wunderwerk der Technik. Die beschleunigte gefühlt in zwei Sekunden auf 200 km/h. Also mit so einer rasanten U-Bahn war ich noch nie gefahren.

Ausgestiegen bin ich am Museum der schönen Künste, dementsprechend hingen dort in der Metrostation auch ein paar Kunstwerke.

Als ich aus der Metrostation wieder ans Tageslicht kraxelte (Rolltreppen sind hier nicht so populär), bekam ich erst einmal einen Schreck, weil dort relativ viel Polizei rumstand. Wie ich aber später erfuhr, waren die dafür da, Straßenhändler zu vertreiben.

Ich lief um die Ecke zum Museo Nacional de Bellas Artes, wo der geführte Stadtrundgang beginnen sollte, dem ich mich anschließen wollte.

Ich hatte die Befürchtung, dass ich vielleicht die einzige Interessentin sein würde, weil hier gerade noch Nebensaison ist. Aber außer mir tauchten noch eine Italienerin, eine US-Amerikanerin und ein Paar aus den Niederlanden auf. Und natürlich unser Guide, dessen Namen ich leider nicht verstanden habe. Aber er war sehr nett und motiviert.

Zuerst liefen wir einmal um den Block und schauten uns zwei Wandgemälde an, die die Geschichte der Mapuche darstellen. Mapuche ist der Überbegriff für verschiedene indigene Gruppen in Chile und Argentinien.

Dann klapperten wir ein paar der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Santiago ab. Den zentralen Plaza de Armas mit seiner großen Kirche zum Beispiel. Da fand gerade eine Proklamation statt, als wir vorbeikamen. Wir sahen auch den Präsidentenpalast und den Inkatrail, auf dem die Inkas ihrerzeit nach Süden vordrangen.

Dabei gab uns unser Guide einen Crashkurs in chilenischer Geschichte: Mapuche, Inkas, Allende, Pinochet. Ich wiederhole das hier jetzt nicht im Einzelnen, sondern zeige euch einfach ein paar Bilder.

Unser letzter Stopp war etwas seltsam. Da verfrachtete uns unser Guide nämlich gesammelt in die Metro und wir fuhren zu einem kommunalen Gemeinschaftszentrum, wo gerade ein Flohmarkt und irgendeine musikalische Veranstaltung stattfanden.

Dort sollten wir uns ein Wandgemälde anschauen, das die verschiedenen Landschaften von Chile zeigt. Das war ganz nett, aber ob das jetzt so essenziell für die Stadtführung war, möchte ich bezweifeln.

Zurück im Hostel grillte Ivan für uns Hühnchen, Marc steuerte Ofenkartoffeln und Salat bei, der inzwischen angekommene Jonathan aus Deutschland rührte eine Guacamole an und eure Anne präsentierte eine bombastische Schokotorte (aus dem Supermarkt).

Am nächsten Morgen wäre eigentlich schon mein Check-out gekommen, aber darauf hatte ich gar keine Lust. Ich fühlte mich so wohl in dem Hostel und hätte keine bessere erste Station auf einem neuen Kontinent wählen können. 

Es fühlt sich hier mehr wie eine WG als ein Hostel an, weil gerade nur wenige Gäste da sind und sich daher alle kennen und weil Ivan so ein lockerer Gastgeber ist. Ich habe dementsprechend auch gar nicht offiziell bei ihm verlängert, sondern ihm quasi zugerufen, dass ich auf unbestimmte Zeit bleibe. Das war ihm alles recht.

Statt Santiago zu verlassen, hatte ich am Montag Zeit, mich mit Rani zu treffen. Den hatte ich damals in Japan kennengelernt und da er in Santiago lebt, fragte ich ihn, ob er Lust auf ein Treffen hat.

Rani holte mich im Hostel ab und dann fuhren wir mit dem Taxi zu dem Restaurant, in dem er arbeitet. Da es ein Fischrestaurant ist, machte ich mal eine Ausnahme von meiner Fischdiät und aß ein sehr leckeres Butter-Zitronen-Fischfilet mit Pommes. Und weil mein Bauch noch nicht voll genug war, gab es zum Nachtisch Pfannkuchen. 

Und ich probierte meinen ersten Pisco Sour, das ist hier ein ganz populärer Cocktail. Er wird aus Traubenschnaps und Limonensaft und Zucker gemixt und obendrauf ist etwas Baiser.

Am nächsten Morgen musste ich bereits um 5:45 Uhr unter meinem Deckenberg hervorkriechen. Um 6:15 Uhr stand ich auf der noch dunklen Straße vor dem Hostel und wartete auf meinen Van, der mich zu meiner Tagestour abholen sollte.

Der kam auch mit ein wenig Verspätung, ich quetschte mich auf den letzten freien Platz und dann ließen wir Santiago hinter uns. Es sollte in die Berge gehen und die sind in Chile nie weit weg.

Nach circa einer Stunde machten wir unsere erste Rast. Inzwischen war es hell geworden, aber an den Bergen verfing sich noch der Nebel.

Ich fröstelte ein wenig vor mich hin und wunderte mich doch ein wenig darüber, dass einige in unserer Gruppe sich im raststättenansässigen Skiverleih mit Skijacken, Schneehosen, Winterstiefeln und Stöcken ausstatteten. 

Und die Warnungen unseres Guides über Schneefelder und Minusgrade nahm ich auch nur unterbewusst wahr. Mehr Sorgen machte mir sein Kommentar über die mögliche Höhenkrankheit, die uns in den anvisierten 3.000 Metern Höhe ereilen könnte.

Als wir wieder in den Van stiegen, konzentrierte ich mich deshalb in erster Linie prophylaktisch darauf, nicht loszukotzen. Der Zustand der Straße half bei diesem Vorhaben nicht, die Landschaft war aber fantastisch.

Naja, und irgendwann wurde mir beim Blick aus dem Fenster dann auch klar, dass meine Übergangsjacke und ich hier in eine problematische Lage geraten waren. Dieser Anblick hier bot sich mir bei unserem nächsten Stopp.

Ich weiß ja auch nicht, wie das passieren konnte, dass ich diese Tour so ahnungslos angetreten hatte. Ich hatte in meinem Reiseführer nur gelesen, dass der Cajon del Maipo ein schönes Ziel für Tagesausflüge sei. Keine Rede von Schnee. Und dann habe ich eben die Tour gebucht ohne vorher weitere Studien zu betreiben.

Da stand ich also bei minus 8 Grad auf einem chilenischen Berg mit beiden Füßen im Schnee. Unter meiner Jacke trug ich zum Glück noch ein paar Schichten, sodass die Kälte schon auszuhalten war. Zumal wir uns jetzt zu unserer Wanderung in Bewegung setzten. Achso, höhenkrank war ich übrigens zum Glück nicht geworden.

Ziel war der Stausee Embalse El Yeso. Im Sommer können die Vans bis zum See fahren und laut unserem Tourguide wird da dann sogar gebadet. Aber wir mussten uns den See eben zu Fuß erarbeiten.

Nachdem wir den See bewundert hatten, ging es retour zum Van und weil ich unglaublicherweise eine der schnellsten der Gruppe war, hatte ich unter anderem noch Zeit dafür, dieses prachtvolle Fellknäuel zu verfolgen.

Bei inzwischen strahlendem Sonnenschein verließen wir die verschneiten Berge und machten als nächstes Halt an einem Wasserfall, der so viel Power hatte, dass er dich noch in 5o Metern Entfernung berieselte, wie man an der bespritzten Linse sieht.

ich habe ja schon einige sehr bergige Länder gesehen und ein wenig erinnerte mich die Landschaft an Neuseeland und Norwegen. Aber mit einem großen Unterschied: Überall wachsen hier Kakteen an den Hängen.

Fürs Mittagessen hielten wir an einem Restaurant in der Prärie. Dort wurde ein Buffet angeboten, aber 17 Euro war mir der Spaß nicht wert, sodass ich mich mit einer Cola nach draußen in die Sonne setzte.

So sehr schmerzte das fehlende Mittagessen gar nicht, denn kurz darauf stoppten wir an der Raststätte, wo sich die Tourteilnehmer am Morgen die Skiausrüstung ausgeliehen hatten. Und da gab es noch ein kostenloses Picknick für alle mit Käse, Salami, Crackern und Äpfeln. Damit stopfte ich mich dann einfach voll.

Der Neben vom Morgen hatte sich an der Raststätte am Nachmittag komplett verzogen

Noch ein letzter Halt lag zwischen uns und der Rückkehr nach Santiago. An der Straße in die Hauptstadt ist das sogenannte Schokoladenhaus zu finden. Es sind eigentlich mehrere Gebäude, die aussehen wie Hexenhäuschen. Und dort drin werden tatsächlich Schokolade und Eis und Pralinen verkauft.

Ich gönnte mir zwei Nusspralinen und einen Schokoriegel. Schmeckte alles sehr lecker. Nussig eben.

Eine Stunde später setzte mich der Van wieder vor dem Hostel ab. Dort erwartete mich noch ein letztes Tageshighlight. Marc kochte irgendeine ganz leckere Sahne-Shrimps-Pasta (die Shrimps sortierte ich aber aus) und Ivan machte ein Feuer in seiner Grillschale.

Gestern ließ ich es wieder ruhiger angehen. Die Ereignisse des Vortages hatten mir einmal mehr klargemacht, dass ich für Chile nicht professionell genug ausgerüstet bin.

Ivan empfiehl mir eine Mall mit vielen Outdoorgeschäften. Ich machte mich zu Fuß auf den rund einstündigen Weg bis dorthin. Ich habe ein paar Fotos vom Weg gemacht. Da ist jetzt nichts Spektakuläres dabei. Aber ich dachte, vielleicht interessiert es euch ja, wie hier ganz normale Nachbarschaften in Santiago aussehen.

In der Mall wurde ich bei Decathlon fündig und bin jetzt stolze Besitzerin der in der Einführung erwähnten Thermohose und ein langes Unterhemd habe ich mir auch noch gekauft. Bei Bedarf werde ich weiter aufstocken. Atacama-Wüste, ich rede von dir.

Und damit wären wir bei heute. Nachdem ich gegen Mittag meinen Popo von der Couch hochbekommen hatte, machte ich mich auf den Weg zum Cerro San Cristóbal, einem innerstädtischen Hügel mit schöner Aussicht auf die Stadt.

Zuerst kam ich an einem nicht sehr schönen innerstädtischen Park vorbei.

Als ich diesen recht langgezogenen Park hinter mir hatte, konnte ich in der Ferne schon mein heutiges Tagesziel sehen.

Zuerst musste ich aber noch durch ein ziemlich trubeliges Viertel. Ich kam an mehreren Universitätsgebäuden vorbei, dementsprechend jung war das Publikum, und alles wirkte etwas alternativ. 

Am Ende der Straße fand ich den Eingang zum Zoo auf der rechten und den zur Seilbahn auf der linken Seite. In den Zoo wollte ich nicht und den Weg auf den Hügel wollte ich mir lieber selbst erlaufen. 

Der Weg war nicht allzu steil, deswegen war das eine sehr angenehme Sache. 

Ich brauchte rund eine Stunde bis zum Gipfelplateau. Oben angekommen wurde die Sache zuerst sehr gastronomisch und dann sehr religiös. Mit anderen Worten: Ich lief zuerst an ganz vielen Cafés und Restaurants vorbei und als ich mich der Marienstatue auf dem Gipfel näherte, tönte das Ave Maria aus Lautsprechern und ich kam auch an einer Kapelle und einem Devotionalienladen vorbei.

Ich war sehr stolz auf mich, dass ich im Anschluss den kompletten Weg zum Hostel ohne Navi zurückfand. Ist einfach besser hier, wenn das Handy sicher in der Tasche verstaut ist. 

Hm, und jetzt ist es gleich Mitternacht und außerdem ist der letzte Abend meines Aufenthalts in Santiago gekommen. Morgen fahre ich weiter nach Valparaíso. Ich will eigentlich gar nicht, nur irgendwann muss ich ja mal vorankommen, dachte ich mir. 

Aber wenn es mir da nicht gefällt, kommen Ivan und Marc mich abholen, haben sie gesagt…

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Mama

    Also ich weiß nicht. Der chilenische Start haut mich ja jetzt noch nicht vom Hocker, deshalb ist es schön, dass du jetzt ein neues Reiseziel hast. Da muss noch was kommen. 😉 Und Sonne vielleicht?

    1. Anne

      Mama, also wirklich, diese Winterlandschaft sah doch schon cool aus 😀 War halt nur eben kalt. Dann hoffe ich mal, dass ich hier noch mehr abliefern kann, um dich zufrieden zu stellen 😀

  2. Opa Hans

    Na, bei dem Anblick Deiner Bilder muss ich nachher doch gleich mal nachsehen wo eigentlich mein Schneeschieber abgeblieben ist. Bei unseren derzeitigen Temperaturen allerdings nur eine reine Vorsichtsmaßnahme, aber dass mit der Erderwärmung kann sich ja noch hinziehen und ich möchte nicht auch solche Überraschung wie Du jetzt bei Deinem ersten Landausflug erleben.
    Ja Anne, nach Deinem Aufenthalt im Märchenland bei Alibaba und dem Familienurlaub in Spanien war das ja nun ein sehr krasser Übergang, aber ich hoffe am nächsten Ziel Deiner Reise wirst Du wieder mit Wärme empfangen.

    1. Anne

      Ich hoffe, du hast den Schneeschieber gefunden 😀 Ich friere hier leider weiterhin, aber bald geht es hoffentlich weiter nordwärts.

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