You are currently viewing Ein mächtig gewaltiger Szenenwechsel

Ein mächtig gewaltiger Szenenwechsel

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Südamerika

Starten wir erst einmal mit einem kleinen Szenenwechsel: Ich packte am Morgen meines fünften Tages in Huaraz meine Rucksäcke, parkte kurz auf der Dachterrasse des Hostels zwischen und machte mich am Mittag auf den Weg zu meiner neuen Unterkunft.

Die konnte ich gut zu Fuß erreichen, sie war ganz in der Nähe der Kirche, die ich euch am Ende des letzten Berichts gezeigt hatte.

Die Straße war einfach zu finden, nur das Haus nicht. Ein Schild gab es nicht. Mein Handy streikte leider, die Sonne knallte aufs Display und eine funktionierende SIM-Karte hatte ich auch nicht. Kurz gesagt, ich war etwas genervt und musste mir für ein Vermögen meine deutsche SIM-Karte freischalten, um meinen Vermieter kontaktieren zu können.

Julio antwortete zum Glück sofort und kam wenig später in seinem Auto angebraust, um mich hereinzulassen. Zusammen machten wir mein Bett und kamen dabei nett ins Plaudern. Julio kann nämlich tatsächlich recht gut Englisch.

Die Unterkunft war perfekt. Es war quasi ein Ferienhaus mit vier Privatzimmern. Es gab außerdem einen schönen Wohnbereich, eine Küche und eine Terrasse mit Garten. Ich fühlte mich pudelwohl.

Die Casa Tribu – so hieß meine Unterkunft – hatten mir übrigens vor Ewigkeiten meine Toro Toro-Franzosen in Bolivien empfohlen. Unterkunftsempfehlungen notiere ich mir immer vorbildlich.

Nach einer erholsamen Nacht stand am nächsten Morgen wieder eine Wanderung an. Ein Sammeltaxi holte mich gegen 8 Uhr vor der Casa ab, das hatte Julio mir organsiert.

Wir sammelten noch ein englisches Paar und einen griechischen Schweizer ein und fuhren zum Startpunkt der Wanderung zur Laguna Churup.

Der liegt nur eine halbe Stunde von Huaraz entfernt. Deshalb ist die Wanderung sehr beliebt.

Am Eingang wurde ich von einem Hund begrüßt, den ich schon von Fotos her kannte. Die hatte mir Claire bei unserem Abendessen gezeigt. Sie hatte die Wanderung gemacht und war ganz begeistert von dem Hund mit seinen Dumbo-Ohren gewesen.

Die lokalen Hunde waren aber alle faul und begleiteten uns Wanderer nicht in die Berge. Für uns ging es nun zuerst einmal viele Treppenstufen steil hinaus. Anders als bei der Laguna 69 war die Lage hier also von Anfang an ernst.

Nach den ganzen Stufen kam ich an einem kleinen Häuschen an, wo ich meine Eintrittsgebühr für den Nationalpark entrichten musste und dann war der Weg einen kurzen Moment lang recht flach. 

Bis ich an einer Eisenkette ankam und der Weg endete. Mein erster Gedanke war ja, dass die Kette eine Absperrung war. Dann fiel mir ganz dunkel wieder ein, dass Julio irgendwas von Ketten erzählt hatte, an denen man sich hochziehen müsse. Das hatte ich ja schon wieder verdrängt gehabt.

Diese Kette war leider nur der Anfang. Auf den Fotos über diesem Abschnitt hier habt ihr ja den Wasserfall gesehen. Und neben diesem müssen sich Wanderer, die die Laguna Churup erreichen wollen, an diversen weiteren Ketten immer schön nach oben ziehen.

Das war nun nicht unmachbar, aber auch nicht komplett einfach, weil die Steine nass und ziemlich rutschig waren. Ich mag keine technischen Wanderungen.

Oben angekommen, musste ich mich noch ein wenig weiter über glitschige Felsen quälen. Ein entgegenkommender, deutscher Wanderer ermutigte mich, dass es gleich geschafft sei und er hatte Recht. Ich präsentiere die Laguna Churup.

Das ist doch ein nettes Plätzchen fürs Pausenbrot, würdet ihr nicht sagen? Ich ließ es mir auf einem der Felsen schmecken und strengte mich danach noch einmal an, um den Aussichtspunkt über dem See zu erreichen.

Zum Glück führte vom Aussichtspunkt auch ein Weg hinunter ins Tal, sodass mir die Ketten auf dem Rückweg erspart blieben. Ein Spaziergang war der steile Pfad allerdings auch nicht. 

Beginn des Pfads am Aussichtspunkt

Ein Einheimischer lief vor mir. Ich weiß nicht genau, was er veranstaltete, aber er stellte sich manchmal in Richtung Tal auf und begann zu schreien. Meine Vermutung ist ja, dass er versuchte, Regen heraufzubeschwören. Es ist nämlich gerade Regenzeit in Peru, aber es regnet kaum.

Zurück am Aussichtspunkt mussten der griechische Schweizer und ich noch ziemlich lange auf die beiden anderen waren. Die Engländerin hatte sich nämlich eine ziemlich üble Ausgabe der Höhenkrankheit eingefangen und kam kaum den Berg runter.

Ich gönnte mir während der Wartezeit unter anderem eine Portion Choclo con Queso, die ich an einer kleinen Hütte kaufte, und teilte mir meine mitgebrachten Bananen mit den ortsansässigen Hunden.

Zurück im Hostel zog ich nach einer wunderbar heißen Dusche noch einmal mit Kian aus Deutschland los, der auch in der Casa Tribu nächtigte. Beziehungsweise wurde unser Aufbruch etwas herausgezögert, weil Kian sich aus seinem Zimmer ausgesperrt hatte und Julio erst vorbeikommen musste, um in den Raum einzubrechen. Danach liefen wir in die Stadt und kamen in einem netten Restaurant unter. 

Die Tour für den nächsten Tag hatte mir auch wieder Julio organisiert. Diesmal holte mich ein großer Bus ab. Es sollte zum Gletscher Pastoruri gehen. Der Tourguide sprach leider nur Spanisch und ratterte seine Ausführungen in einem Affenzahn runter. Die Australierin auf dem Sitz neben mir und ich reimten uns den Inhalt mehr schlecht als recht zusammen.

So kann ich euch leider nur mitteilen, dass wir als Erstes an einem See hielten, aus dem „agua con gas“ – Wasser mit Kohlensäure – sprudelte. Mehr weiß ich nicht.

Danach sahen wir eine ganz seltene Pflanze, die Puya Raimondii. Sie wächst nur in der Höhe in Peru, Bolivien und Chile. Ich sah sie nun tatsächlich zum ersten Mal. Sie steht im Guiness Buch der Rekorde, weil sie den mit bis zu acht Metern längsten Blütenstand aller Pflanzen hat (der „Stamm“ in der Mitte).

Die Puya Raimondii kann über 100 Jahre alt werden, blüht aber nur einmal in ihrem Leben. Diesen Moment haben wir leider verpasst.

Der dritte Stopp war an der kleinen Brücke, an der der Busfahrer uns alle rauswarf, weil er es sonst nicht drübergeschafft hätte.

Dann kamen wir am Gletscherparkplatz an. Der Weg war diesmal für Profiwanderer wie mich lächerlich. Der war ja richtig ausgebaut und besonders steil war es auch nicht und so war ich schon nach einer halben Stunde am Gletscher, der heute eher ein Mahnmal für den Klimawandel ist, weil er sich in den vergangenen Jahren so stark zurückgezogen hat.

Nach etwas Rumgucken ging es auch schon wieder zurück. Wir hielten noch an einem Restaurant, wo ich allerdings nichts bestellte, weil ich Essen dabei hatte. Mein mitgebrachter Apfel stellte sich als äußerst mehlig heraus. Ich schenkte ihn einem Schwein, das vor dem Restaurant herumwühlte und den Apfel sichtlich lecker fand.

Meinen letzten Tag in Huaraz widmete ich meinen weiteren Reiseplanungen. Und ich wollte es nochmal ausnutzen, dass ich ein Privatzimmer hatte. Also verließ ich das Hostel nur fürs Mittagessen und ein paar Besorgungen.

Ich sparte mir am nächsten Morgen das Taxi und kämpfte mich durch die vollgestopften Marktstraßen von Huaraz zum Busbahnhof. 

Wie auch auf der Hinfahrt saß ich im oberen Stock ganz vorne und konnte  vorzüglich das Verkehrschaos  von Huaraz betrachten, die Serpentinen hinunter ans Meer und schließlich die Wüste, die Lima umschließt.

In mein altes Hostel in Lima wollte ich nicht zurück. Da war ich ja mit dem Schlafsaal so unzufrieden gewesen. Stattdessen ließ ich mich vom Taxifahrer nach Barranco bringen, den zweiten touristischen Stadtteil von Lima.

Das Hostel, das ich gebucht hatte, hatte mich von außen so beeindruckt, als ich bei meinem ersten Aufenthalt in Lima daran vorbeigekommen war. Und auch von innen war es wirklich imposant, konnte ich nun sehen.

Der Schlafsaal hatte ganz hohe Decken, einen großen Ventilator und Trippelstockbetten. Da diese mit Hilfe einer Treppe und nicht mit einer Leiter zu erreichen waren, entschied ich mich im fast leeren Zimmer für eines der Betten ganz oben. Für den maximalen Überblick.

Mein Bett war ganz oben links

Meine einzige Mitbewohnerin reiste am nächsten Morgen ab und ich hatte den ganzen Schlafsaal für die nächsten 24 Stunden für mich alleine. Das ist immer wie ein Sechser im Lotto.

Meinen letzten Tag in Barranco verbrachte ich wieder recht unspektakulär mit Planungen und Besorgungen. (Nach wochenlanger Suche habe ich endlich ein Geschäft gefunden, das Waschlappen verkauft. In Huaraz wollte mir eine Verkäuferin stattdessen einen Wischlappen andrehen.)

Ich habe an dem Tag so gut wie keine Fotos in Barranco gemacht

Der Shuttleservice zum Flughafen am nächsten Tag war ganz edel mit schwarzer Limousine, Klimaanlage (!) und Fahrer in weißem Hemd. 

Der Prozess am Flughafen vom Check-in bis zum Gate ging super schnell. Der Ausreisebeamte vor dem Sicherheitsbereich machte mich um 12:30 Uhr ganz ungläubig darauf aufmerksam, dass mein Flug doch erst um 16:30 Uhr gehe.

Dafür, dass Lima eine Millionenhauptstadt ist, wirkte der Flughafen fast provinziell. Ich gönnte mir zum Abschluss Tacos bei TGI Fridays und kaufte mir von meinen letzten Pesos Kinder Schokobons im Duty Free.

Dann folgte der erste Teil meines Flugs: knapp vier Stunden von Lima nach Santiago. Der Aufenthalt in Santiago war nervig. Ich musste durch die Immigration und mein Gepäck abholen. Weil es später Abend war, hatte im Anschluss die Gepäckabgabe nicht mehr auf, sodass ich nicht in den Sicherheitsbereich konnte und mich in der Schalterhalle zum Schlafen auf den Boden legen musste.

Hundemüde verschlief ich große Teile des zweiten Flugs von Santiago nach Punta Arenas im Süden von Chile. Dort kamen wir gegen halb acht am Morgen an. Ich saß noch ein wenig in der Schalterhalle rum, im Hostel hätte ich noch nicht einchecken können.

Tote Hose am Flughafen in Punta Arenas

Das Internet hatte behauptet, dass es vom Flughafen einen Bus in die Stadt gibt. Der Informationsschalterbeamte winkte ab: nur Taxis.

Als ich aus der Halle trat, merkte ich erst einmal, was ich mir da wettertechnisch angetan hatte. Hier in Südpatagonien ist gerade Hochsommer. Fühlt sich aber eher an wie später Oktober an der Nordsee. Besonders der Wind ist böse.

Was ich aus dem Taxifenster sah, war so anders als die Landschaft, an die ich mich in den vergangenen Monaten in Bolivien und Peru gewöhnt hatte. Keine Andenberge, keine Lamas, keine Frauen in bunter Tracht. Alles flach, das Meer zum Greifen nah. Und war da etwa ein Auto, das an einem Zebrastreifen hielt?

Im Hostel angekommen, durfte ich zum Glück gleich mein Bett beziehen und schlief bis zum Abend durch. Das Tolle am Sommer in Patagonien ist, dass gerade erst um kurz vor 22 Uhr die Sonne untergeht. So mag ich das.

Das Tolle an meinem Hostel ist, dass es gleich um die Ecke einen großen Supermarkt gibt. Das wird ja immer besser.

Ich lief also am Abend schnell nochmal los, um mir Zutaten zum Kochen zu kaufen. Die Zeit der Restaurantbesuche ist hier im teuren Chile erst einmal wieder vorbei.

Erster Eindruck von Punta Arenas auf dem Weg zum Supermarkt

Heute habe ich bis 10 Uhr geschlafen und bin nur aufgestanden, weil ich der Hostelbetreiberin am Vortag versprochen hatte, dass ich um 10 Uhr zum Frühstück erscheinen würde.

Danach wollte ich mich eigentlich noch einmal gemütlich mit meinem Buch ins Bett legen. Da meinte die Frühstücksfrau doch tatsächlich zu mir, dass ich das Zimmer räumen müsse, weil dort jetzt geputzt würde. Das ist mir ja noch nie passiert. Normalerweise putzen alle immer um mich rum.

Nun gut, habe ich mir meine Bettdecke geschnappt und mich im Aufenthaltsraum niedergelassen.

Irgendwann wurde ich produktiv und machte einen Stadtspaziergang durch Punta Arenas. Ich war sehr begeistert.

Normalerweise versuche ich ja, nicht so viel zu fliegen. Aber wenn man im Bus von A nach B fährt, ändert sich die Szenerie nicht so drastisch. Wenn man im Flieger nun aber 4.600 Kilometer von Lima nach Punta Arenas fliegt, dann ändert sich die Szenerie enorm.

Als ich so durch die Straßen lief – in meinem Thermoshirt wohlgemerkt – musste ich die ganze Zeit ans Baltikum denken. Das Baltikum mit einem Hauch von Skandinavien und Ostdeutschland. Vielleicht sogar eine Prise Neuseeland. Hier mal eine ausführlichere Bildergalerie. Ihr müsst euch ja auch erst einmal an die neue Kulisse herantasten.

Natürlich war ich auch am Wasser. Ein Kreuzfahrtschiff sah ich am Kreuzfahrtterminal, ein weiteres lag auf Reede. Zum Schwimmen natürlich alles viel zu kalt. Trotzdem schön. 

Eine Tour habe ich mir noch organisiert. Die werde ich morgen machen. Insgesamt werde ich aber mit den Touren hier sparsam umgehen müssen. Die sind fast unbezahlbar. Das war in Peru und Bolivien schon angenehmer.

Ok, lasst uns den heutigen Beitrag mit einem kleinen Perufazit beenden. Erstens kann ich es nicht glauben, dass anderthalb Monate bereits vorbei sind. Zweitens hat Peru mit Cusco und Arequipa mindestens zwei richtig schicke Städte. Drittens habe ich dort tolle Ausflüge und Wanderungen gemacht. Ich sage nur Colca Canyon, Rafting, Laguna 69, Laguna Churup, Rainbow Mountain, Sandboarding, Delfin- und Pinguinsichtungen, Quadfahren, Titikakasee. Viertens will ich ein Alpaka. Und fünftens der Inka Trail und Machu Picchu. Bestes Erlebnis überhaupt.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Opa Hans

    Danke, ich wurde bisher immer voll informiert und und es war immer spannend.

  2. Opa Hans

    Also ehrlich, mir würde es reichen wenn das was Du auf den Touren gesehen hast in einem Diavortrag geboten würde. Das liegt aber sicher auch an dem unterschiedlichen Alter zwischen uns Beiden. 🤣
    Aber Du bist ja ausgezogen das zu erkunden, was Dir Dein Schulatlas nicht darstellen konnte.
    So wünsche ich Dir auch weiterhin viele tolle Erlebnisse und Eindrücke und wie immer, pass schön auf Dich auf und übernimm Dich nicht.

    1. Anne

      Ich hoffe, mein Blog ist fast so gut wie ein Diavortrag 😀 Ansonsten kann ich dir auch gerne noch einmal die 40.000 Fotos zeigen, die es nicht auf den Blog geschafft haben 🙂

Schreibe einen Kommentar