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Fasching unter Wasser

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  • Beitrags-Kategorie:Ozeanien

Ich muss mich sehr zusammenreißen, nicht gleich zum letzten Teil des heutigen Berichts zu springen. Aber das wäre doch ein bisschen unfair meinen anderen tollen Erlebnissen der letzten Tage gegenüber. 

Nach meiner Nacht in dem etwas seltsamen Hostel in Picton hatte ich noch ein paar Stunden Zeit, bis mein Bus nach Christchurch abfahren sollte. Picton liegt ja in einer Bucht des Queen Charlotte Fjords, den wir am Vortag mit der Fähre passiert hatten. Nun lief ich zu Fuß an der Bucht entlang bis Bobs Bay.

Von der kleinen Bucht führte ein steiler Weg durch den Wald zu einem Aussichtspunkt, von dem man die Fjordeinfahrt nach Picton besonders toll bewundern konnte.

Hier startet auch der sogenannte Snout Track – ein Wanderweg bis zum Zipfel einer Landzunge, die sich wie eine Krokodilsschnauze in den Queen Charlotte Fjord hineinzieht. Leider hatte ich keine Zeit mehr für diese längere Wanderung. Echt schade, denn sieht dieser Weg nicht verlockend aus?

Beginn des Snout Tracks

Aber meinen Bus nach Christchurch wollte ich auch nicht verpassen, also machte ich mich auf den Rückweg nach Picton und zu meinem Hostel, um meinen ganzen Kram abzuholen, den ich dort zum Glück nach dem Auschecken lagern konnte.

Blick auf Picton beim Abstieg

An der Bushaltestelle traf ich Rachel und Denise wieder, die ich ursprünglich im Hostel in Wellington getroffen hatte. Auch sie wollten nun nach Christchurch weiter. Die beiden haben übrigens auch ihre Jobs gekündigt, um eine Weltreise zu machen. Allerdings gehen sie etwas anders vor als ich und machen zwischendurch immer mal wieder Heimaturlaub in England.

Von Picton nach Christchurch sind es rund 340 Kilometer. Die Fahrt dauerte dennoch rund sechs Stunden – aufgrund einer längeren Pause in Kaikoura und weil es hier eben statt Autobahnen gewundene Passstraßen gibt. Also auch nicht immer, aber häufiger als von Freiburg nach Enkirch beispielsweise. 

Landschaftlich war die Fahrt fantastisch. Hach, mein Herz schlägt einfach für die Südinsel. Ich kenne kein Land, das landschaftlich so abwechslungsreich wie Neuseeland ist. Aber wenn ich einen Anblick nennen müsste, den ich mit Neuseeland verbinde, dann sind es die tussockbewachsenen, braunen Hügel und Berge, die man überall im Landesinneren der Südinsel findet. Damit ihr wisst, was ich meine, habe ich euch das Ganze mal aus dem Busfenster raus geknipst. 

 

Auf der Fahrt nach Christchurch

In Christchurch kamen wir mit etwas Verspätung um 20 Uhr an. Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig zu meinem Anschlussbus in den Stadtteil Addington. Ich hatte erst im Bus herausgefunden, dass mein Hostel gar nicht im Stadtzentrum ist. Da hatte ich wohl nicht ordentlich recherchiert. Beziehungsweise hatte ich 2020 nicht ordentlich recherchiert. Damals hatte ich das Hostel schon einmal gebucht, musste aber stornieren, weil es mir aufgrund des plötzlichen Coronalockdowns nicht mehr möglich war, die Südinsel zu besuchen.

Für mich war daher klar, dass ich eben diesmal in dem Hostel übernachten würde. Das Besondere: Es ist in einem alten Gefängnis untergebracht. Hier saßen seit dem 19. Jahrhundert und noch bis 1999 richtig schlimme Kerle. Die Unterkunft ist halb Museum, da man noch Originalzellen anschauen kann und an den Wänden hängen Infotafeln über die Geschichte des Gefängnisses.

In meinem Zimmer schlief auch ein älterer Engländer, der viele Jahre zur See gefahren ist. Ich hätte ihn gerne dazu ausgefragt, aber ich musste die Kommunikation minimal halten, weil er so einen seltsamen britischen Dialekt hatte, dass ich kaum imstande war, ein Wort zu verstehen. Schade.

Am nächsten Morgen habe ich lange geschlafen und Wäsche gewaschen. Das war dringend nötig. Und irgendwie war es dann auch schon Nachmittag, als ich mich auf den Weg in die Stadt machte. Ich hatte mich noch einmal mit Denise und Rachel verabredet, wir wollten in den Botanischen Garten gehen.

Auf dem Weg dorthin kam ich am Avon vorbei. Der Fluss ist eine der Hauptattraktionen in Christchurch, hier kann man nämlich Stocherkahn fahren, auf Englisch heißt das „punting“. 

 

"Punting" auf dem Avon

Die Tour durch den Botanischen Garten bei schönstem Wetter war sehr entspannt. Die Themen gingen Denise, Rachel und mir auch nicht aus – Reisende unter sich. 

Nach unserem Spaziergang war es Zeit, Abschied zu nehmen. Rachel und Denise wollten am nächsten Tag ihren Mietwagen abholen und zum Lake Tekapo ins Landesinnere fahren. Für mich hingegen sollte es Richtung Norden nach Kaikoura gehen. Aber solche spontanen Reisebekanntschaften sind einfach immer klasse.

Rachel, Denise und Anne (v.r.)

Und jetzt muss ich gestehen, dass ich gar nicht so viel sonst von Christchurch gesehen habe. Das was ich gesehen habe, kam mir aber sehr unbekannt vor. Ich war 2017 schon einmal da gewesen. Damals war ich sehr erschüttert, wie zerstört die Stadt noch sechs Jahre nach dem schweren Erdbeben 2011 war. Ganz viele leere Flächen, wo vor dem Beben Gebäude gestanden haben. Seitdem ist viel passiert, wie es aussieht. 

Ich habe am Flughafen in Christchurch mit einer Mitarbeiterin darüber gesprochen, die das bestätigte. Es sei aber nicht mehr das gleiche Christchurch wie früher einmal, meinte sie.

Parkanlage in der Innenstadt von Christchurch

Apropos Flughafen. Dahin machte ich mich am Freitagmorgen auf, um meinen Mietwagen abzuholen. Jippieh! Den Spaß hab ich mir einfach mal gegönnt. Südinsel ohne Mietwagen ist nicht erstrebenswert.

Fun Fact: Auf den Tag genau drei Jahre zuvor – am 3.3.2020 – stand ich in Freemantle am Mietwagenschalter um mir mein Auto für meinen Australientrip abzuholen. Mein letztes großes Abenteuer vor Corona. Das Datum war aber tatsächlich Zufall.

Mit dem Linksverkehr klappte es  – wie auch in Australien – gleich wieder recht gut und so brauste ich mit meinem Auto raus aus Christchurch und rein ins Abenteuer.

Bis nach Kaikoura lagen 180 Kilometer vor mir. Einen Zwischenstop machte ich an der Gore Bay, wo man mit den Cathedral Cliffs eine interessante Felsformation anschauen kann – von oben und vom Strand aus. Am Strand war es ganz diesig an dem Nachmittag.

Die Fahrt nach Kaikoura verlief zuerst durchs Landesinnere und ganz zum Schluss nur wenige Meter neben dem Wasser entlang. Der Verkehr wurde – wie sich das für Neuseeland gehört – immer dünner, je weiter ich mich von Christchurch wegbewegte. Hier ein paar Impressionen der Fahrt.

Mein Hostel in Kaikoura hatte einen gemütlichen, bunten Aufenthaltsraum. Im Winter werden da auch bunte Onesies – also Schlafanzugoveralls – zur Verfügung gestellt. So winterlich war es bei meiner Ankunft aber zum Glück (oder leider) nicht.

Nach meiner Ankunft hatte ich Zeit für einen Abendspaziergang. Ich war total von der Kulisse begeistert, von den Bergen die gleich am Wasser aufragen. Und auch hier lag an diesem Abend alles etwas im Nebel. Sieht doch toll aus, oder?  

Das Städtchen selbst ist nichts besonderes. Eine typische Touristenstadt mit vielen Bars und Restaurants und Touranbietern und Souvenirläden.

Ich hatte auch tierisch Hunger, als ich durch die Straßen zog, aber die ganzen Restaurants mit ihren 30-Euro-Burgern sagten mir nicht zu. Ganz am Ende der Straße wurde ich aber an einem indischen Imbissstand fündig, wo ich mir einen preislich okayen Roti Wrap kaufte. Zum Essen leistete mir eine ältere Dame aus Schottland Gesellschaft, die Butter Chicken bestellte. Ich dachte, das erwähne ich mal, nicht dass sich jemand das sonst fragen würde.

Am nächsten Morgen stand ich schon um 7 Uhr auf. Ich hatte nämlich Großes vor. Na gut, ich brauch es nicht spannend machen, das Titelfoto hat es ja schon verraten. Ick war bei die Delfine. Dafür ist Kaikoura nämlich berühmt: Delfine und Wale kann man hier das ganze Jahr über bewundern.

Ich schwankte beim Buchen doll zwischen einer Wal- oder einer Delfintour. Wale habe ich noch nie gesehen, aber im Endeffekt habe ich mich doch wieder für die Delfine entschieden. Ich finde die so faszinierend.

Als ich beim Touranbieter ankam, wurde ich aber erst einmal wieder weggeschickt. Eine Stunde Verspätung wegen rauer See. Also noch einmal ins Hostel und frühstücken. 

Als ich im Anschluss wieder beim Touranbieter ankam, durfte ich mich nach kurzer Wartezeit mit meiner Gruppe in die Taucheranzüge werfen. Jetzt wäre vielleicht der Moment, zu erwähnen, dass ich eine Delfinschwimmtour gebucht hatte, damit es hier nicht zu Verwirrungen kommt. 

Wir bekamen auch Schnorchel, Flossen und eine Haube, sahen einen Einführungsfilm und wurden darauf hingewiesen, dass die Skala für Wellengang auf Orange stehe. Wer seekrank werde, werde heute mit Sicherheit seekrank. 

Danach ging es mit dem Bus zum Boot und mit dem Boot aufs Wasser. Zuerst einmal gab es die schöne Küste zu betrachten.

Ich denke, wir waren so 20 Leute auf dem Boot. Begleitet wurden wir von zwei Tourguides. Während die eine letzte Tipps zum Schwimmen gab, war die andere damit beschäftigt, diverse Kotzeimer auszuleeren. Das Heck des Boots war quasi ein Lazarett. Wir waren ja vor dem Wellengang gewarnt worden. Da ich aber im Herzen Matrosin bin, wurde ich natürlich nicht seekrank.

Und dann hieß es Warten auf das Signal zum Absprung. Ich ging fest davon aus, dass wir keinen Delfinen begegnen würden und unverrichteter Dinge wieder umkehren müssten. Einfach, weil die Vorstellung, mit Delfinen schwimmen zu können, zu schön war, um wahr zu sein.

Und dann tauchten die ersten Finnen im Wasser hinter unserem Boot auf. Es musste alles ganz schnell gehen: Brille auf, Schnorchel in den Mund, Absprung. Und dann schwammen wir mit Delfinen. Vier Mal wiederholten wir an verschiedenen Stellen die Prozedur. Ohne Worte. Ich habe einen der Tauchgänge mit der GoPro gefilmt, damit ihr einen Eindruck bekommt.

Auf dem Video hört ihr auch meinen wunderbaren Gesang. Delfine lieben Geräusche. Mit Geräuschen oder Melodien kann man ihr Interesse wecken. Bei meiner ersten Delfintour in Picton 2017 wurden wir auch schon aufgefordert, zu singen. Damals war mir in der ganzen Aufregung nur „Ach wär ich nur ein einzig Mal, ein holder Prinz im Karneval“ eingefallen. Das war damals auf das Wohlwollen der Delfine gestoßen, die alten Jecken. Natürlich habe ich es diesmal mit der selben Nummer versucht.

Die Tauchgänge an sich waren immer nur wenige Minuten lang, um die Delfine nicht von ihren Alltagsaktivitäten abzulenken. Aber ich muss sagen, ein paar Minuten reichten auch aus. Auf dem offenen Meer schwimmen finde ich persönlich recht anstrengend, vor allem wenn man dabei noch singen und im Kreis schwimmen soll (das mögen Delfine mit ihrem Spieltrieb auch) und dann noch der Wellengang. 

Nachdem der Schwimmteil beendet und wir Schwimmer umgezogen waren, konnten wir die Delfine noch eine ganze Weile vom Boot aus beobachten. Und es wurden immer mehr. Zu den Schwarzdelfinen, mit denen wir geschwommen waren, gesellten sich auch noch Schulen des Gemeinen Delfins. 

Unsere Guides schätzten, dass es um die 400 bis 500 Delfine gewesen sein müssen. Ist das nicht Wahnsinn? Manche gaben richtig an und sprangen aus dem Wasser und machten Kunststücke. Die Delfine sind alle wild, möchte ich bitte dazusagen.

Die beeindruckendste Szene war aber eine, die ich leider nicht fotografisch festhalten konnte, weil es so schnell ging. Die Delfine waren alle eine ganze Weile neben oder vor unserem Boot mitgeschwommen, wir fuhren bei ganz gemütlichem Tempo. Wie auf ein Kommando stoppten auf einmal alle, drehten um und schossen in einem Affenzahn links, rechts und unter unserem Boot vorbei weiter ins offene Meer. 

Das müsst ihr euch mal bei hunderten Delfinen vorstellen. Unfassbar, wie schnell diese Tiere sich im Wasser fortbewegen können. Denen muss es irgendwann langweilig geworden sein, neben dem Boot herzuschleichen.

Für uns war damit das Ende unserer Tour eingeläutet und ich war überglücklich, dass diese Delfinbegegnungen jetzt zu meinen Erinnerungen gehören.

Eine weitere tierische Begegnung hatte der Tag aber noch in petto. Und das war so: Am Nachmittag machte ich einen Spaziergang um die kleine Halbinsel, die Kaikoura vorgelagert ist. Wieder wunderschöne Landschaft.

Auf der Halbinsel sind aber auch ganz viele Robben zu finden. Seebären, um genau zu sein, auf Englisch „fur seals“ genannt. Im Moment sind auch viele Robbenmamas mit ihren Babys anzutreffen.

Der Pfad entlang der Insel war manchmal nicht ganz eindeutig und so bog ich irgendwann falsch ab und landete auf einem Weg, der durch eine Wiese führte statt 100 Meter weiter unten am Wasser und in der Nähe der Robben entlang. Und während ich so vor mich hingucke, wie ich denn wieder zurück in Wassernähe gelange, sehe ich auf einmal etwas großes Braunes einen Meter neben mir im Gras liegen und sein Leben chillen.

Ich glaube, ich habe den Guten oder die Gute beim Nickerchen gestört, denn beim Klicken meines Fotoapparats öffnete die Schlafmütze die Augen und sah mich etwas vorwurfsvoll an, bilde ich mir ein. Da bin ich dann lieber schnell weiter. So eine Robbe kann beißen.

Und damit soll es das erst einmal gewesen sein. Ich wollte eigentlich noch vom heutigen Tag berichten, der auch sehr abenteuerlich war. Ein Video ist schon fertig geschnitten, aber das würde jetzt alles den Rahmen sprengen und ich will nicht, dass die Geschichte hier untergeht. Aber davon erzähle ich euch natürlich dann beim nächsten Mal.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Rebekka

    Wie cool – der Tauchgang – Hammer!!! So schöne Tiere!

    1. Anne

      Wenn ich so schnell schwimmen könnte… 😀 Ich war auch sehr glücklich.

  2. Marie mit der schlafenden Paula

    Schmucker….es heißt ein SCHMUCKER Prinz im Karneval!!!!! Ist das denn zu glauben!!
    Ansonsten klingt dein Abenteuer ja ganz nett.
    Kleiner Scherz 🙂 Tolle Fotos und das Video erst, große Klasse.

    1. Anne

      Nein, also das glaube ich wirklich nicht!!! „Holder“ geht doch viel besser von der Zunge. Ich weigere mich, das zu ändern!

  3. Mama

    Es ist echt Wahnsinn wie abwechslungsreich die Landschaft dieses Landes ist. Und ich danke deiner Schwester, dass sie dem Weihnachtsmann ins Ohr geflüstert hat, dass eine GoPro ein tolles Geschenk für dich wäre. So können wir alle an deinem Abenteuer mit den Delphinen teilhaben. Großartig!

    1. Anne

      Und inzwischen ist die GoPro schon wieder zweimal zum Einsatz gekommen 😀

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