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Jetzt fühlt es sich nach Endspurt an

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Tja, Leute. Ich spüre es einfach, meine Reise geht in die letzte Phase. Nicht nur auf dem Papier sondern auch in meinem Herzen. Aber ich habe euch ja bereits verkündet, dass ich mit diesem Umstand inzwischen vollständig im Reinen bin. Deutschland, ich komme. Dem Anlass entsprechend findet ihr jetzt auch einen Countdown in der Seitenleiste.

Ich wusste nicht, wie ich die Überschrift ordentlich bebildern sollte. Ich hätte natürlich nachstellen können, wie ich außer Atem durch die Straßen von Mexiko-Stadt jogge. Das erschien mir aber etwas übers Ziel hinaus. 

Und deshalb bekommt ihr diesen schönen Spruch aus Oaxaca: „Como no tengo dinero, como mucho corazón – Ich habe zwar kein Geld, aber ein großes Herz.“ Ich dachte, das passt doch zu meiner aktuellen Situation. Zumindest der erste Teil.

Ok, starten wir in die Berichterstattung. Die hat alle Anzeichen eines Sommerlochs. Ich verließ nach vier Tagen das bunte Oaxaca und ließ mich von einem Minivan abholen. Da ich auf dem Beifahrersitz sitzen durfte und nicht in den Passagierraum gestopft wurde, hatte ich eine sehr angenehme, etwa vierstündige Fahrt nach Puerto Escondido an der Pazifikküste.

Dort schaffte ich einen Negativrekord: In meinen kompletten vier Tagen dort machte ich genau fünf Fotos. Meine Abenteuerlust war weiterhin verschollen, ich sags euch. Und deshalb verließ ich das Hostel nur zum Lebensmittelkauf.

Straße vorm Hostel

Ich liefere euch ja meistens ein Foto von der Straße vor dem Hostel. Ich weiß nicht, wie ihr das findet, aber ich mag diese Bilder. Denn sie geben oft einen guten Einblick, wie eine typische Straße im jeweiligen Ort aussieht, abseits der touristischen Highlights.

Zu meinem Hostel selbst hatte ich sehr gegensätzliche Gedanken. Den Hof mochte ich sehr gerne. Dort standen überall Mangobäume mit den süßesten und saftigsten Zwergmangos. Und da gerade Saison ist, konnte man sich einfach eine Frucht aufsammeln, wenn man Lust auf Mango hatte.

Meinen Schlafsaal mochte ich auch sehr gerne. Der war eigentlich ganz schlicht, aber es kam immer frische Luft rein und das Bett war total bequem, es gab viel Platz und jeder hatte einen eigenen Ventilator. Da habe ich mich pudelwohl gefühlt.

Was ich nicht mochte, war, dass die meisten Toiletten keine Toilettensitze hatten und dass die Küche meistens ziemlich unaufgeräumt war. Aber kein Wunder, ich war seit langem mal wieder in einem Hostel gelandet, das komplett von Volunteers geschmissen wird. Also von Reisenden, die für die Mitarbeit einen kostenlosen Schlafplatz bekommen.

Solche Hostels gibt es häufiger in Australien oder auch in Europa. In Südamerika und Asien habe ich nie ein Volunteer-Hostel gesehen. 

Genau wie das dann immer so ist, wirkte auch das Hostel in Puerto Escondido chaotisch bis anarchisch und ich fühlte mich, als wäre ich unfreiwillig Teil einer Hippie-Kommune geworden. Und keine „richtigen“ Erwachsenen in Sicht, die mal was managen. 

Und dann das abendliche Hundetheater. Eine der Reisenden hatte ihren Hund dabei und eine weitere Reisende hatte auch ihren Hund dabei, hat diesen aber einfach mal im Hostel zurückgelassen, als sie weitergereist ist. Um diesen Hund kümmerte sich jetzt ab und zu mal wer, wenn er Glück hatte. 

Und mit den fünf Nachbarshunden verstanden sich beide nicht. An zwei Abenden stürmten die Nachbarwauwaus das Hostel. Das war ein Spaß, sag ich euch.

Ein Schild über der Spüle, das ich sehr mochte: "Deine Mutter wohnt nicht hier, und wenn sie es doch tut, dann ist sie hier im Urlaub. Spül dein Geschirr!" - Geholfen hat es leider nur bedingt.

Wer mitgezählt hat, wird gemerkt haben, dass ich vier der fünf Fotos schon verschossen habe. Also dann hier noch das letzte. Ich war auf dem Rückweg vom Supermarkt noch bei einem Obsthändler. Ich bin die Reihe der Früchte abgelaufen und an einer Stelle roch es so unfassbar gut, dass ich jede Frucht abschnuppern musste um herauszufinden, wo der Duft herkam. Das hier ist der Verursacher.

Ich habe leider keine Ahnung, was das genau für eine Frucht ist und Google war mir keine richtige Hilfe. Also, ich würde sagen, es ist entweder eine mexikanische Persimone oder ein sogenannter Goldener Apfel, der aber eigentlich aus Vietnam kommt. Wie dem auch sei, der Duft war zwar betörend fruchtig und süß, aber geschmacklich wurden meine Erwartungen untertroffen.

Und nun können wir Puerto Escondido tatsächlich schon wieder verlassen. Nichts habe ich dort getan. Hätte ich auch gleich in Oaxaca bleiben können. 

Dorthin fuhr ich als nächstes zurück, um noch zwei Nächte in meinem alten Hostel zu schlafen. Dazu entschied ich mich, damit die Fahrt nach Mexiko-Stadt nicht zu lange würde.

Diesmal fuhr ich mit einem großen Bus und lief zu Fuß von der Bushaltestelle. Es waren zum Glück nur 1,5 Kilometer.

Das hatte ich euch im letzten Bericht nicht gezeigt: Straße vorm Hostel

Am Nachmittag unternahm ich natürlich auch wieder nichts. Aber am nächsten Tag, am nächsten Tag, da rappelte ich mich auf und schaute mir Oaxaca noch ein wenig an. Sonst hätte ich wirklich etwas verpasst. Diese ganzen schönen bunten Häuser. Und das sind nicht nur ein oder zwei Straßen sondern ganz weitflächig.

Beim letzten Eintrag hatte ich euch Quatsch erzählt. Da schrieb ich, mein Tortellini-Restaurant sei an der Kathedrale gewesen. Das stimmt aber nicht, das war eine normale Kirche.

Im Anschluss war ich noch im ganz ruhigen Barrio de Jalatlaco. Barrio heißt Stadtviertel. Dort gibt es Kopfsteinpflaster, winzige Cafés und wieder ganz viel Wandmalerei.

Nun konnte ich mich beruhigt von Oaxaca verabschieden. Am nächsten Morgen lief ich wieder zum Busbahnhof und ab ging’s in die Gigametropole Mexiko-Stadt. 10 Millionen Einwohner. 21 Millionen im Ballungsraum.

Ich will nicht lügen, aber ich glaube, ich fuhr zum allerersten Mal überhaupt mit der U-Bahn ins neue Hostel. Ich hatte ein wenig Panik, weil im Internet stand, dass Mexiko-Stadt eine der überfülltesten U-Bahnen der Welt hat und in der Rush Hour sollte man die Bahnen regelrecht meiden.

Wir waren noch ein ganz klein wenig vor der Rush Hour. Die Bahn, die auf der gegenüberliegenden Plattform hielt, war trotzdem schon richtig schön voll. Und ich dann mit meinem riesigen Rucksack.

Aber ich hatte großes Glück. In meine Richtung wollte so gut wie keiner und so war das Abteil fast leer. Ich musste auch nur 4 Stationen mitfahren, dann noch zehn Minuten laufen und schon stand ich vor meiner neuen Unterkunft.

Straße vorm Hostel

An der Rezeption wurde ich so herzlich begrüßt wie schon lange nicht mehr. Das Hostel ist noch ziemlich neu und alle Mitarbeiter geben sich wahnsinnig Mühe. Es gibt auch jeden Tag einige gemeinsame Aktivitäten, an denen ich mich aber aus Rücksicht auf meinen Geldbeutel fast nicht beteiligt habe.

Den Tag ließ ich jedenfalls auf der schicken Dachterrasse ausklingen.

Der nächste Tag ist wieder schnell erzählt. Ich lief nur zu einem großen Supermarkt, kochte mir ein wohlschmeckendes Mahl und verlängerte an der Rezeption gleich mal um zwei Tage, weil ich mich so wohl fühlte.

Am Sonntag schloss ich mich dann doch einer Hostelaktivität an. In einer großen Gruppe zogen wir los zu einem Markt. Auf dem Weg dorthin sprach mich Andrea aus der Schweiz an, die meine Marktfreundin wurde.

Zuerst machten wir einen Zwischenstopp an einem Saftstand. Dort standen wir bestimmt eine halbe Stunde, weil fast alle einen Saft wollten und die Mitarbeiter nicht hinterherkamen.

Am Eingang des Marktes angekommen, trennte sich die Gruppe und Andrea und ich zogen zu zweit los. Das war ein Riesending, kann ich euch sagen. Und alles gab es dort. Neben Antiquitäten auch ganz viele Klamotten, Schmuck, Obst und Gemüse, Heilsteine, ein paar Friseure, Essensstände und sogar eine Disco.

Eine neue Frucht konnte ich auch wieder meiner Sammlung hinzufügen. Diesmal weiß ich den Namen: Es war die schwarze Sapote.

An dem Stand waren die Leute sehr nett. Sie schnitten uns die Früchte auf und gaben uns Gabeln, damit wir sie gleich vertilgen konnten. Die Sapote sieht nicht nur aus wie Schokopudding, sie hat auch in etwa die gleiche Textur. Vom Geschmack war sie mild fruchtig.

Wir bekamen zum Abschied auch noch eine Litschi und eine halbe Mango geschenkt. 

In einer Sache hat Andrea komplett versagt. Sie sollte mich davon abhalten, etwas zu kaufen. Hier das Ergebnis ihrer „Bemühungen“.

Wir hielten einige Stunden durch, bis uns das Gedränge zu viel und die Füße zu müde wurden. Da liefen Andrea und ich zurück zum Hostel und sahen uns danach nie wieder. So ist das eben.

Gestern blieb ich wieder im Hostel, war aber sehr fleißig. Ich richtete mich mit meinem Laptop und Handy am Esstisch der Küche häuslich ein und dann recherchierte ich, bis die Tasten rauchten.

Mein Ziel war es, meine komplette Kanadareise schon im Voraus zu buchen. Normalerweise bin ich da ja eher spontan und buche nur einen oder zwei Tage im Voraus. 

Aber in Kanada ist die Auswahl der Hostels generell nicht groß und falls es an einem Ort überhaupt mehr als eines gibt, sind die meisten unerschwinglich. Außerdem wollte ich alle Busreisen und Unterkünfte gebucht haben, um einen besseren Überblick darüber zu bekommen, wieviel ich im täglichen Leben überhaupt noch ausgeben kann.

Solange es um die großen Städte ging, kam ich gut voran: von Toronto nach Ottawa, nach Montreal, nach Québec. Ab Québec trennten mich aber immer noch 1.000 Kilometer von meinem Ziel, Halifax. Keine großen Städte mehr in Sicht und damit kaum noch bezahlbare Unterkünfte und ein sehr löchriges Bus- und Bahnnetz.

Das bereitete mir wirklich Kopfzerbrechen. Natürlich gab es eine goldene Lösung für meine Bredouille und nach allerhand Kalkulationen kam ich zu dem Schluss, das ich mir das schon noch irgendwie leisten werden könne. Ich habe mir für die letzte Woche in Kanada einen Mietwagen gebucht. Es ist ja auch die vorletzte Woche meiner 17-monatigen Tour. Einfach nochmal klotzen, dachte ich mir.

Zwei Hostels muss ich jetzt noch buchen und dann nie wieder. Krass.

Heute habe ich mir Mexiko-Stadt ein wenig angeschaut. Das Hostel ist sehr zentral gelegen und ich war in zehn Minuten am gewaltigen Plaza de la Constitucíon, wo sich auch die Kathedrale und der Nationalpalast befinden.

Ich ließ mich durch die Straßen der Altstadt treiben und kam dabei noch an ein paar anderen interessanten Gebäuden vorbei, die ich euch nicht vorenthalten will.

Trotz der Größe der Stadt fand ich es sehr angenehm, durch die Straßen zu laufen. Die hohen Häuser spendeten Schatten und Fußwege und Fußgängerampeln gab es auch. Hier noch eine wilde Sammlung von Stadtansichten.

Nur einen Supermarkt habe ich auf meinem Spaziergang nicht entdeckt. Unzählige winzige Tiendas, in denen es Getränke, Chips und Kekse gibt: Ja. Aber ich brauchte ja etwas, das ich kochen kann. Also noch einen kleinen Abstecher auf dem Weg zum Hostel gemacht.

Und da sitze ich jetzt mal wieder am Esstisch in der Küche und schreibe diese Zeilen. Jetzt seid ihr zum ersten Mal seit langem wieder komplett auf dem gleichen Stand wie ich selbst. 

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