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Seebären wie wir

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  • Beitrags-Kategorie:Südamerika

Ich bin wieder Landratte. Aber die Fahrt mit der Fähre hat mir ja so gut gefallen. So so gut. Dafür hat sich die ganze Warterei gelohnt. Hier eine Zeitleiste der Ereignisse.

Noch viermal schlafen: Mal wieder Chile

Ich hätte einfach mal früher meine Mails checken sollen. Dann hätte ich noch in El Chalten erfahren, dass meine Fähre Verspätung hat und hätte dort sehr gerne noch ein paar Tage verlängert. Nun erfuhr ich das Ganze in El Calafate, und zwar nachdem ich mein Busticket für Puerto Natales gekauft hatte. Sonst hätte ich in El Calafate sehr gerne noch ein paar Tage verlängert. Wenn’s mal nicht läuft… 

Und den frühen Bus hatte ich obendrauf auch noch gebucht, als ich noch davon ausgegangen war, abends in Puerto Natales auf die Fähre zu gehen. Zum Glück hatte ich mir diesmal in weiser Voraussicht das Hostel gebucht, das so ziemlich neben dem Busbahnhof von El Calafate liegt.

Das Hostel mochte ich. Ich verbrachte den Abend auf einem Sessel, von dem aus ich aus dem Fenster auf die westernartige Kulisse der Oberstadt schauen konnte

Für den chilenischen Zoll musste ich diesmal ein Onlineformular ausfüllen. Das war bei meinen beiden Einreisen via Flugzeug nicht nötig gewesen. Der Grenzübertritt auf argentinischer Seite ging recht zügig. Auf der chilenischen standen wir eine Weile. Ich weiß gar nicht warum, weil man, wenn man es zum Schalter geschafft hatte, dort auch sehr schnell abgefertigt wurde. 

Für das große Gepäck interessierte sich wieder niemand. Nur mein kleiner Rucksack musste durch den Scanner.

Irgendwann hinter der Grenze hielt der Bus auf einmal am Straßenrand an. Ich hatte gerade ein wenig gedöst und wusste nicht, was los ist. Mein Sitznachbar hatte zum Glück Adleraugen: Da waren Pumas in der Ferne zu sehen. Ist das nicht fantastisch? Und ich möchte jetzt niemanden hier sagen hören, dass die Pumas ja super weit entfernt sind und das nicht richtig zählt.

Am Nachmittag klingelte ich an der Tür meines neuen Hostels in Puerto Natales. Mein drittes inzwischen. Noch nie auf meiner Reise war ich so lange und oft an einem Ort wie in Puerto Natales. Es war wirklich Zeit für einen Szenenwechsel. 

Das Corner Hostel war sehr gemütlich. In meinem Schlafsaal hustete nur alles. Und als ich in der Küche saß und Radieschen zu meinem belegten Brot aß, kam mindestens fünf Mal die Mutter des Hostelbesitzers (die dort wohl für Ordnung sorgt) vorbei und teilte mir mit, dass Radieschen doch viel zu scharf seien. Und das man die irgendwie kochen müsste oder so.

Keine Ahnung, sie sprach nur Spanisch. Und den Blätterstrunk der Radieschen fischte sie vor meinen Augen kopfschüttelnd auch wieder aus dem Kompost. Damit wollte sie wohl auch irgendwas kochen. 

Ich lief an dem Nachmittag noch zum Fährbüro am Hafen, um herauszufinden, ob es Neuigkeiten in Sachen Abfahrt gab. Nein, alles beim Alten. Abfahrt am 2.3. statt am 27.2.

Noch dreimal schlafen: Schiff? Hier ist kein Schiff!

Am nächsten Morgen musste ich schon wieder auschecken. So spontan hatte ich in Puerto Natales kein gutes Hostel für vier Nächte gefunden. Und statt in eine Absteige zu gehen, zog ich lieber um. 

Nach einem sehr leckeren Pfannkuchenfrühstück, für das ich zum ersten Mal in Puerto Natales in ein Restaurant ging, zog ich zwei Straßen weiter in mein altes, geliebtes Hostel Yaganhouse um.  Mein alter Schlafsaal war nicht verfügbar, aber ich will nicht meckern. Stattdessen bekam ich einen Zweibett-Schlafsaal mit eigenem Bad. Meine chilenische Zimmernachbarin war auch sehr nett.

Am Nachmittag lief ich wieder zum Hafen, um mir die Ursache unserer Verspätung anzugucken. Die Sache ist die: Die Navimag-Fähre fährt einmal die Woche von Puerto Natales. Normalerweise immer Samstag. Anfang des Monats war es aber so stürmisch, dass der Fahrplan durcheinander geriet und sich die Abfahrten auf dienstags verschoben. 

An unserem Abfahrdienstag brauchte aber wohl ein Kreuzfahrtschiff das einzige Pier für große Schiffe im Hafen. Hörte sich für mich alles logisch an, bis auf die Tatsache, dass von dem Kreuzfahrtschiff an diesem Dienstagnachmittag nichts zu sehen war. Stattdessen machte ich nochmal einen Spaziergang am Wasser. 

Noch zweimal schlafen: Der Tag, an dem außer Diana nichts passierte

Als ich am nächsten Tag erneut zum Hafen lief, sah ich sie dann, die SH Diana. Ein Luxuskreuzfahrtschiff. Warum wir dann am Tag vorher nicht ablegen konnten, erschließt sich mir immer noch nicht. Vielleicht war das Kreuzfahrtschiff auch verspätet.

Zurück im Hostel lernte ich noch Lucy aus Seattle kennen, meine neue Zimmernachbarin.  

Noch einmal schlafen: Die Letzte Hoffnung

Meine (hoffentlich) letzte Nacht auf dem puerto natalischen Festland konnte ich leider nicht im ausgebuchten Yaganhouse verbringen. Ich packte meinen Kram und lief zwei Häuser weiter, wo Hostel Nummer 4 mit dem tollen Namen „Last Hope Hostel“ (Hostel Letzte Hoffnung) auf mich wartete. 

Erstmal machte keiner auf, als ich klingelte. Nach zehn Minuten sammelte mich aber der Besitzer Diego von den Treppenstufen vor der Tür auf. Ich war interessanterweise zu diesem Zeitpunkt der einzige Gast im Hostel, weil die komplette Gästeschaft am Morgen ausgecheckt hatte. 

Die Zimmer füllten sich aber sehr schnell wieder. Das bekam ich mit, weil ich den ganzen Rest des Tages mit Hostelhund Almendra faul auf dem Sofa lag und alle Neuankömmlinge an mir vorbeikamen.

Im Aufenthaltsraum des Last Hope Hostels

Tag X: It's Showtime!

Natürlich stand mal wieder ein Check-out an. Aber eigentlich räumte ich nur meinen Kram aus dem Zimmer, machte ein paar letzte Besorgungen und nahm dann wieder Teile des Sofas in Beschlag. Diego war da ganz entspannt.

Leider etwas zu entspannt. Denn als ich mich abends endlich auf den Weg zum Hafen machen wollte, stellte ich mich Entsetzen fest, dass die Tür zum Gepäckraum verschlossen und Diego nicht auffindbar war. Um 20 Uhr begann der Check-in für die Fähre und spätestens als die Uhr mir 19:45 Uhr anzeigte, stieg leichte Panik in mir auf. 

Anrufe blieben erfolglos und auch die Schlüssel, die ich an der Rezeption fand, passten nicht in die Tür. Diego tauchte dann zum Glück um 19:50 Uhr auf, er war im Kino gewesen. Und er meinte, das sei doch alles kein Problem, wenn ich nicht pünktlich um 20 Uhr am Schalter stehe. Wir seien schließlich in Chile. 

Ich verzichtete dann darauf, ihm zu erklären, dass der/die Durchschnittsdeutsche spätestens um 19:30 Uhr an so einem Fährschalter auftauchen muss, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Blutdruck in die Höhe schießt. Außer meine Mama. Die ist da eher chilenisch.

Natürlich war ich eine der ersten am Schalter und hatte nach dem Orgakram noch Zeit, um einen ersten Blick auf das Schiff zu werfen.

Unsere Fähre hieß Esperanza. Das heißt lustigerweise auch „Hoffnung“  – so wie mein Hostel. Sie fährt erst seit der Saison 2021/2022 und ist mit 150 Metern Länge und 23 Metern Breite ziemlich übersichtlich. Primär ist sie eine RoRo-Fähre, befördert also Autos und Lkw zwischen Puerto Natales im Süden von Patagonien und Puerto Montt am nördlichen Ende. 

Hier könnt ihr unsere Route sehen: von Puerto Natales auf der rechten Seite (in echt Süden) nach Puerto Montt links (Norden).

Ab 21 Uhr wurden wir in Gruppen mit Minibussen auf die Fähre gebracht. Und dann konnten wir auch schon unsere Zimmer beziehen. Ich war ja wirklich davon ausgegangen, dass es eine Handvoll Passagierkabinen gibt, aber da war ich völlig daneben. 

Die Esperanza kann nämlich sage und schreibe 244 Passagiere unterbringen. Sie war allerdings auf dieser Fahrt nur halb ausgelastet. Dementsprechend waren wir auch nur vier Leute in unserem Achtbettzimmer. Das fand ich sehr nett, dass die Verantwortlichen die meisten Achtbettzimmer nur halb füllten, anstatt immer acht Menschen in einen Raum zu stopfen und dafür manche Zimmer leer stehen zu lassen.

Mit mir im Zimmer waren Christine aus Österreich und Adele und Lucy aus Frankreich. Wir waren alle im selben Alter und die anderen waren ganz nett. Aber ich kann einfach nicht 24 Stunden mit anderen Leuten aufeinanderhocken und machte daher meistens mein eigenes Ding.

Dazu gehörte unter anderem, dass ich meine Fährfahrt ein wenig filmisch begleitete. Ich habe da mal etwas Längliches zusammengezimmert. Vielleicht interessiert es ja jemanden.

Am Ankunftsabend machten wir noch einen kleinen, ersten Rundgang übers Schiff und gingen dann alle recht bald ins Bett. Am Morgen würden wir gegen 6 oder 7 Uhr ablegen.

Tag 1: So kommen wir nicht weiter

Ich hatte gehofft, dass meine innere Uhr mich pünktlich zur Abfahrt wecken würde, damit ich das Manöver beobachten kann. Aber mein Handy übernahm stattdessen um kurz vor 8 Uhr das Aufwecken. Die anderen waren schon zum Frühstück gegangen.

Ich fand ja, dass sich die Kabine erstaunlich bewegungslos anfühlte, dafür dass wir doch gerade durch die Fjorde Patagoniens navigierten. Als ich unsere fensterlose Kabine verließ und auf dem Weg zum Frühstück einen Abstecher über den Außenbereich von Deck 6 machte, wurde mir alles klar: Wir waren noch überhaupt gar nicht losgefahren.

Ein vertrauter Anblick: Puerto Natales am Morgen

Im Speisesaal erschien auf den Monitoren der Hinweis, dass die neue geplante Abfahrtszeit 10:30 Uhr sei. Der Grund für die Verspätung: Wind. Das Frühstück war übrigens simpel aber total in Ordnung: Brötchen, Toast, Schinken, Käse, Honig, Marmelade, Müsli, Joghurt und dann immer noch ein kleines Extra, sowas wie Rührei oder gebratene Wurst.

Kurz vor der geplanten Abfahrtszeit suchte ich mir einen guten Beobachtungsposten. Von dem aus konnte ich sehen, wie kleine Boote zu den Festmacherleinen fuhren, um sie zu lösen. Am Pier stellten sich ebenfalls Hafenmitarbeiter dafür bereit.

Und dann die schockierende Wende: Auf einmal fuhren die Boote alle wieder davon und die Mitarbeiter am Pier machten auch die Biege. Augenscheinlich war das Ablegemanöver abgebrochen worden. 

Wie wir kurz darauf erfuhren, lag das immer noch am Wind, der Hafen war geschlossen und die neue Abfahrtszeit noch vollkommen unklar.

Ich war ja nur froh, dass sie uns nicht wieder von Bord schickten. Das wertete ich als gutes Zeichen. Und eine Sicherheitsunterweisung mit anschließender Rettungswestentestung bekamen wir auch. Noch ein gutes Zeichen. Nach dem Mittagessen folgte ein kleiner Vortrag mit den bevorstehenden Highlights der Reise.

Routenvortrag im Speisesaal

Ansonsten war Müßiggang angesagt. Irgendwann am Abend bekamen wir die Mitteilung, dass wir nun wohl um Mitternacht in See stechen würden. Ich legte mich also nach dem Abendessen erst einmal ins Bett, um ein paar Videos zu schauen. Später wollte ich dann für die Abfahrt noch einmal raus.

Gegen 22 Uhr begann mein Bett jedoch verdächtig an zu ruckeln. Das wird doch nicht, das kann doch nicht… Schnell schnappte ich mir meine Kamera und eilte zu meinem Beobachtungsposten. Tatsächlich. Die Boote waren wieder da, die ersten Leinen waren los und nach kurzer Zeit setzten wir uns in Bewegung.

Wackliger wurde die Fähre trotzdem nicht. Zurück in unserer fensterlosen Kabine hätte man meinen können, wir lägen immer noch im Hafen.

Den großen Teil der Nacht bewegte sich das Schiff übrigens tatsächlich nicht. Nur zwei Stunden von Puerto Montt entfernt befindet sich nämlich die mit rund 50 Metern Breite engste Stelle der Passage. Und die kann nur bei Tageslicht durchfahren werden. 

Also fuhren wir praktisch nur aus dem Hafen von Puerto Montt aus und lagen dann vermutlich auf Reede. Aber ich verschlief diese ganze Angelegenheit natürlich.

Tag 2: Chaos auf der Brücke

Erfreut stellte ich am nächsten Morgen bei meinem obligatorischen Check vor dem Frühstück fest, dass wir in Bewegung waren.

Blick auf den Bug der Fähre

Das Wetter war leider nicht so toll, es war nun wirklich ziemlich stürmisch. Deswegen trieb ich mich nach dem Frühstück nicht allzu lange draußen rum und bin mir auch nicht sicher, ob ich die engste Stelle nicht vielleicht verpasst habe, aber ein paar der Inseln und Berge kamen uns schon recht nahe. Hier ein paar Eindrücke vom Morgen.

Das Frühstück versetzte mich in Aufregung. Dort konnte ich nämlich auf den Monitoren lesen, dass man sich für einen Brückenrundgang um 11 Uhr anmelden könne. Ich sprintete gleich mal zur Rezeption und trug meinen Namen auf der Liste ein.

Nach dem Frühstück musste ich eine Mail an mein nächstes Hostel schreiben, dass ich zwei Tage später als geplant ankommen würde. Wir hatten nun nach Auskunft einer Gästebetreuerin nämlich 36 Stunden Verspätung. 

Auf dem Schiff gab es kein WLAN, aber man konnte für Mails den Computer an der Rezeption benutzen.

Und dann der Brückenrundgang. Ich hatte mich ja tierisch gefreut, aber es war ein kleiner Reinfall. 30 Leute konnten sich auf der Liste eintragen, aber am Ende strömten eher 50 Leute auf die Brücke. 

Unsere Gästebetreuerin Mitzi bat mehrmals die Leute, die nicht auf der Liste standen, wieder zurückzugehen, es gebe die Tour jeden Tag. Aber keiner rührte sich. Das führte dazu, dass die Brücke völlig überfüllt war und Mitzi und der Dritte Offizier, der gerade Wache hatte, etwas mürrisch waren. 

Mitzi erklärte dann kaum etwas und der Dritte Offizier gab nur Privatauskünfte an Leute, die sich um ihn scharrten. Da war ich wirklich enttäuscht. 

 

An dem Tag wurden übrigens auch Yoga und Tanzen angeboten, da machte ich aber bei beidem nicht mit. 

Zum Mittagessen aß ich leckeren Maisbrei. Abends gab es mein Lieblingsessen der ganzen Reise: Würzige Kartoffelspalten mit Truthahn. Also verhungern an Bord war definitiv keine Option.

Ab und zu lief ich auch ein wenig draußen rum, aber es blieb weiterhin stürmisch. Unter anderem passierten wir sogar eine Passage, die ihrem Namen alle Ehre machte: Windfabrik. 

Mich zog es an diesem Abend recht früh ins kuschelige Bett, wo ich wieder ein paar Videos schaute.

Tag 3: Walalarm

Ich wurde nicht von meinem Handy sondern von einer Lautsprecherdurchsage geweckt. Die Stimme teilte mir mit, dass wir nun eine Stunde vor Puerto Eden ankerten, um Fracht und Passagiere an Land zu bringen.

Puerto Eden ist ein unfassbar isoliertes, winziges Hafenörtchen. Es gibt keine Autos und keine Straßen. Die knapp 200 Einwohner können nur übers Wasser erreicht werden und die Navimag Fähre ist so ziemlich das einzige Schiff, das Puerto Eden wenigstens einmal die Woche ansteuert. 

Weil Puerto Eden alle Aufmerksamkeit der Passagiere auf sich zog, musste ich zum ersten Mal beim Frühstück nicht Schlange stehen. Der Monitor im Speisesaal sagte mir, dass an diesem Tag die Brückentour um 14 Uhr stattfinden würde. Nach dem Erlebnis vom Vortag wollte ich sehr gerne noch einmal bei der Tour mitmachen. Aber ich bin ja anständig und wartete noch bis zum Mittagessen damit, mich auf die Liste einzutragen.

Um 12 Uhr waren tatsächlich noch drei Plätze frei, also fügte ich meinen Namen hinzu.

Zum Mittagessen gab es an diesem Tag übrigens eine ganz interessante Kombination aus Kürbispüree und Fisch in Vanillesoße.

Und jetzt müssen wir noch einmal kurz zurückspringen, damit ich euch mitteilen kann, dass wir am Vormittag an einem Schiffswrack vorbeikamen und an einer Marienstatue, an der der Erste Offizier das Schiffshorn ertönen ließ. 

Und nun wieder vorwärts in der Zeit – wie unprofessionell. Als ich diesmal zum Treffpunkt für den Brückenrundgang kam, waren deutlich weniger Leute versammelt. Wir hatten außerdem eine andere, gut gelaunte Gästebetreuerin, die uns diesmal außen herum auf Deck 8 führte. Wie ihr seht, war der Tag schön sonnig.

Wir bekamen diesmal eine deutlich längere Einführung und dann konnten wir uns wieder umschauen und Fragen stellen. Ich hätte mir gerne jeden einzelnen Knopf erklären lassen, aber das hätte vielleicht den Rahmen gesprengt. Ich fühlte mich aber zurückerinnert an meine ersten Besuche in unseren Sendestudios beim Radio. Da ist ja auch erstmal alles voller unbekannter Knöpfe.

Am Nachmittag fuhren wir durch den Golf de Penas hinaus auf die offene See. Das Wasser war hier deutlich ruhiger als normalerweise, erfuhren wir. Und so rollte das Schiff zwar zum ersten Mal, aber auch nicht übertrieben doll.

Nun begannen auch die Walalarme. Wir bekamen immer über Lautsprecherdurchsage mitgeteilt, wenn ein Wal gesichtet wurde. Dann liefen alle hinaus und starrten aufs Wasser. Ich sah häufiger mal ein paar Rückenflossen, die auf mich eher einen delfinischen Eindruck machten. Aber im Endeffekt sind Delfine ja auch Wale.

Fototechnisch keine Glanzleistung

Ich habe das schöne Wetter und die Walalarme auch dazu genutzt, ums Schiff zu spazieren. Und in der Cafeteria war ich, um mir die Sonne aufs Gesicht scheinen zu lassen. Die Cafeteria war auf Deck 6 gleich neben unserem Schlafsaal und war neben dem Speisesaal der zweite Aufenthaltsraum für Passagiere. 

Zum Abendessen gab es diesmal sowas ähnliches wie Kasseler mit Bohnen. Da gab es wieder nix zu meckern. Und dann ging ich wie immer nicht allzu spät ins Bett, wunderte mich aber, dass bei allen meinen Zimmernachbarinnen schon die Vorhänge vor den Betten zugezogen waren. Sie waren alle von latenter Seekrankheit befallen worden, erfuhr ich am nächsten Tag. Immer diese Landratten.

Tag 4: Ein Klassiker der SChifffahrt

Am Morgen waren wir wieder in den Fjorden. Der Tag war leider größtenteils regnerisch und stürmisch, sodass ich zwischen Frühstück und Mittagessen in der Cafeteria saß und Sudoku spielte. 

Eine Überraschung gab es auch noch. Denn ich erfuhr durch Zufall, dass wir am nächsten Tag doch nicht um 6 Uhr abends in Puerto Montt ankommen würden sondern um 6 Uhr morgens. Die Gästebetreuerin, die wir ursprünglich nach dem Ankunftstermin gefragt hatten, hatte offenbar die Worte für morgens und abends verwechselt. 

Ich schrieb also gleich mal meinem Hostel, dass ich nun doch mit nur einem Tag Verspätung ankommen würde.

Am Nachmittag war ich Teilnehmerin des großen Bingo Events im Speisesaal. Wenn ich meinen Reportagen über Kreuzfahrtschiffe trauen kann, dann ist Bingo ein ganz großes Ding auf Kreuzfahrten. Nun waren wir zwar nicht auf einer Kreuzfahrt, aber das heißt ja nicht, dass wir nicht auch unseren Spaß haben können.

Es gab insgesamt vier Runden und ich war nach 30 Sekunden raus. Da passt man mal einen Moment nicht auf und schon sind vier Zahlen an einem vorbeigerattert. Ich hatte ja keine Ahnung, dass das so ein rasantes Spiel ist.

Zum Glück konnten wir in Runde 3 unsere Spieltafeln auf 0 setzen. Und wisst ihr, wer da Bingo rufen und sich unter tosendem Applaus ihr Geschenk abholen konnte? 

Es gab einen Pin, den ich mir gleich angepinnt habe und ein Schlauchtuch mit dem Navimagschriftzug. Da war ich fast ein Teil der Crew. 

Gegen Nachmittag wurde das Wetter besser, sodass ich mal einen kurzen Ausflug zum von mir bislang vernachlässigten Außenbereich von Deck 7 machte, wo die Besatzung untergebracht ist.

Ein paar Walalarme gab es auch wieder. Diesmal sah ich keine Finnen, dafür einige Fontänen, aber leider nicht den dazugehörigen Wal. 

Wieder Walalarm

Nach dem Abschlussabendessen mit wunderbar zarten Rinderbäckchen versammelte sich der Großteil der Passagiere in der Cafeteria. Wir hatten einen Musiker unter uns: Paul aus den USA, der seine eigene Countrymusik schreibt und uns ein kleines Gratiskonzert bot. Das war wirklich sehr stimmungsvoll. Eines der Lieder handelte davon, wie toll die Seilbahn in La Paz ist. Damit rannte er ja bei mir offene Türen ein.

Abschlusskonzert in der Cafeteria

Tag 5: Schlepperballett

Der letzte Tag an Bord begann eine Stunde früher als gewöhnlich. Um kurz vor 7 stellte ich mein Gepäck vorm Speisesaal ab und schaute mir den Hafen von Puerto Montt, dem wir uns gerade näherten, in der Morgendämmerung an, bevor es zum Frühstück ging.

Der Speisesaal war noch fast menschenleer und das Buffet noch gar nicht fertig, weil ich wirklich sehr früh dran war. Als es dann losging, war ich zur Abwechslung mal eine der ersten an den Brötchen. Das war perfekt, weil ich so im Anschluss noch richtig viel Zeit für das Anlegemanöver hatte.

Verwaiste Essensausgabe im Speisesaal

Als Erstes konnte ich von einem meiner Beobachtungsposten sehen, wie unser Gepäck mit einem kleinen Kran hinunter auf eins der Cargodecks verfrachtet wurde.

Dann fielen mir zwei kleine Boote auf, die sich verdächtig nah zu unserer Fähre positionierten. Das konnten ja nur unsere Schlepper sein. Die behielt ich im Auge, damit ich die Schlepperei ja nicht verpasste, so wie bei der Abfahrt, wo ich die Boote nicht finden konnte.

Und dann brachten sich die Schlepper in Stellung und drückten unser Schiff langsam aber stetig weiter hinein in den Hafen. Dann kam ein weiteres Boot um zwei Leinen zu befestigen. Mit Seilwinden wurden die abwechselnd stramm gezogen, bis wir am Pier anlegten. Alles sehr faszinierend.

Nicht sehr glücklich über das Manöver müssen die Seelöwen gewesen sein, die gemütlich auf den Bojen für die Schiffsleinen relaxten und nun abdampfen mussten. Ich hätte ja gerne mal gesehen, wie die da überhaupt raufkommen.

Dann kam ein trauriger Moment. Wir mussten an Land gehen. Dazu hatte ich überhaupt keine Lust. Ich hätte noch Ewigkeiten auf dem Schiff wohnen können. Ich glaube, ich muss doch noch Nautik studieren. 

Es ging wieder in den Minibus, der uns zum Busbahnhof von Puerto Montt brachte, wo ich zum Glück gleich einen Bus zu meinem nächsten Ziel, das fünf Stunden nördlich gelegene Pucón, fand. Dort bin ich inzwischen, meine letzte Station in Chile. Dieses Fass mache ich nun natürlich nicht weiter auf. Ich verabschiede mich für heute mit einem dreifachen: Ahoi, Matrosen, Ahoi!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Opa Hans

    Hast Dich sehr große mühe gegeben, uns Landratten über Deine interessante Fährpassage ins Bild zu setzen, Danke.
    Nach den vorangegangenen Strapazen ist Dir dieser Luxus auch mal zu gönnen.
    Das Du daran gefallen finden könntest glaube ich. Aber schau’n mer erstmal, wie Du den weiteren Verlauf Deiner Reise gestalten wirst und ein Ausklang schon in Sichtweite ist.
    Bis dahin aber noch viel Spaß und immer …. Vorsicht ist die Mutter der Porzellan Kiste.

    1. Anne

      Opa, wir dürfen noch nicht über Ausklang reden, ich bin noch nicht bereit 😀

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